Neue Regeln zur Leiharbeit

Arbeitsrecht

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat ihren Entwurf zur Regulierung der Leiharbeit vorgelegt. Im Januar 2017 soll das entsprechende Gesetz in Kraft treten. Der Referentenentwurf geht dabei weiter, als im Koalitionsvertrag vereinbart. Ein Überblick.

Zahlreiche Unternehmen setzen zur Bewältigung ihres Arbeitsanfalls Fremdpersonal im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung oder auf Grundlage von Dienst- und Werkverträgen ein. Diese rechtlich zulässigen und praktisch mitunter notwendigen Verfahren sind in den letzten Jahren immer stärker in die Kritik geraten. Durch den nunmehr veröffentlichten Referentenentwurf möchte die Bundesarbeitsministerin knapp zwei Jahre nach Abschluss des Koalitionsvertrags mit einer strengeren Regulierung des Fremdpersonaleinsatzes das vierte große arbeitsrechtliche Vorhaben nach der Rente mit 63, dem Mindestlohn und dem Tarifeinheitsgesetz angehen. Der Entwurf geht dabei teilweise über die im Koalitionsvertrag getroffenen Regelungen hinaus und erscheint in vielen Details noch unausgereift.

Die Weichenstellungen für den Gesetzentwurf finden sich im Koalitionsvertrag. Die Große Koalition einigte sich auf die Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung durch die Einführung einer Höchstdauer von 18 Monaten Leiharbeitnehmereinsatz, der Entgeltgleichheit zwischen Leiharbeitnehmern und der Stammbelegschaft nach spätestens neun Monaten und des Verbots, Leiharbeitnehmer als sogenannte Streikbrecher einzusetzen. Zudem wurden im Koalitionsvertrag etwa die Normierung der Abgrenzungskriterien zwischen Leiharbeit und Dienst- beziehungsweise Werkverträgen und die Rechtsfolgen im Falle einer als Werkvertrag getarnten Arbeitnehmerüberlassung trotz Vorliegens einer Überlassungserlaubnis beschlossen. Der derzeitige Referentenentwurf setzt dies nun um.

Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten

Mittelpunkt des Referentenentwurfs ist die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten, wobei als Anknüpfungspunkt der Regelung der überlassene Arbeitnehmer und nicht der jeweilige Arbeitsplatz vorgesehen ist. Auch nach dem jetzigen Entwurf soll es somit weiterhin möglich sein, nach 18 Monaten den Arbeitsplatz durch einen anderen Leiharbeitnehmer zu besetzen. Darüber hinaus sieht der Entwurf ebenfalls vor, dass auf Grundlage eines Tarifvertrags eine längere Höchstüberlassungsdauer als 18 Monate vereinbart werden kann.

Abgrenzungskriterien Leiharbeit – Dienst- beziehungsweise Werkvertrag

Der Referentenentwurf enthält außerdem Abgrenzungskriterien zwischen Leiharbeit und Dienst- und Werkverträgen entsprechend der bisherigen Rechtsprechung. Diese sollen in einem neuen § 611a BGB kodifiziert werden. Danach erbringt Arbeitsleistungen, „wer Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt“. Wann dies der Fall ist, soll im Zweifel auf Grundlage der tatsächlichen Durchführung des Vertrags und in einer Gesamtbetrachtung anhand eines nicht abschließenden Kriterienkatalogs ermittelt werden. Ob sich der vom Bundesarbeitsministerium erklärte Wunsch nach Rechtssicherheit und Transparenz damit allerdings erreichen lässt, darf bezweifelt werden. Das gilt vor allem deshalb, weil der Kriterienkatalog dem Rechtsanwender auch in schwierigen Abgrenzungsfragen nicht entscheidend weiterhilft und mit Blick auf den Einsatz von selbstständig tätigen Dienstleistern eher neue Abgrenzungsprobleme aufzuwerfen als zu lösen scheint.

Unzulässigkeit der sogenannten Fallschirmlösung

Entgegen einer zum Teil auch von Instanzgerichten vertretenden Auffassung kann dem BAG zufolge nach derzeitiger Rechtslage auch bei einer verdeckt praktizierten Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem etwa durch einen Werkvertrag verdeckt überlassenen Leiharbeitnehmer nicht angenommen werden. Dies soll sich zukünftig ändern. In diesen Fällen soll nun der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Arbeitnehmer unwirksam sein, soweit der Arbeitnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungsdauer erklärt, am Arbeitsvertrag festhalten zu wollen. Tut er dies nicht, wird nach dem Entwurf für diese sogenannte Fallschirmlösung ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Arbeitnehmer fingiert.

Sollte der Entwurf mit dieser Regelung als Gesetz verabschiedet werden, dürfte dies jedenfalls mit Blick auf die Vertragspraxis in einigen Branchen zu deutlichem Änderungsbedarf führen, wollen Entleiher auch zukünftig das Risiko von der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Leiharbeitnehmer vermeiden.

Anmerkung der Redaktion: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf dem Arbeitgebertag am 24. November versichert, dass die Regelungen nicht über den Koalitionsvertrag hinausgehen werden. Inwieweit das Bestand hat, bleibt abzuwarten.

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Schulz Sebastian, Foto: Privat

Sebastian Schulz

Rechtsanwalt und Senior Associate
Allen & Overy

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