Persönliches Coaching: nicht nur was für Führungskräfte

Personalmanagement

8 von 10 Arbeitnehmern wünschen sich individuelles Coaching, doch ihre Chefs ziehen nicht mit. Verspielen die Arbeitgeber damit Entwicklungspotenzial?

Beschäftigte stehen dem Thema Weiterbildung sehr motiviert gegenüber. Das zeigt die Studie „Wert der Weiterbildung“ von der Haufe Akademie. 78 Prozent der befragten Arbeitnehmer haben Freude daran, immer wieder Neues zu lernen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Dabei sind die klassischen Formate wie Seminare und Tagungen auf der Beliebtheitsskala ganz weit oben angesiedelt – kurz darauf folgt brennendes Interesse für persönliches Coaching.

Obwohl sich dieses 79 Prozent der Befragten wünschen, bekommen nur 21 Prozent von ihrem Arbeitgeber die Chance, an diesem individuellen Entwicklungsformat teilzunehmen. Dies wirft Fragen auf! Zunächst: Welche Vorteile bietet persönliches Coaching für Unternehmen? Und: Was hält Arbeitgeber aktuell noch davon ab, es ihren Mitarbeitern zu ermöglichen?

Die Wahl des „Richtigen“

Es gibt eine große Zahl an Weiterbildungsthemen und Formaten. Welches die „richtige“ Wahl für Mitarbeiter und Unternehmen ist, ist oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Wichtig ist es, das oberste Ziel – Business Output – wieder in den Fokus zu nehmen. Um diesen zu generieren ist vor allem eines wichtig: der Lerntransfer. Doch wie können Mitarbeiter Gelerntes aus Seminaren am Besten in den Arbeitsalltag mitnehmen und umsetzen? Indem formelle Lernformate mit neuen Formaten wie beispielsweise Webinaren, E-Learnings, Lernvideos, Lerngruppen – und eben auch Coachings – zu einem Blended Learning kombiniert werden. All diese Formate unterstützen die Mitarbeiter dabei, Gelerntes nicht zu vergessen, sondern im Berufsalltag zu wiederholen und anzuwenden. Dem persönlichen Coaching kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, denn der Coach unterstützt bei der Umsetzung im Alltag. Letztendlich geht es nicht darum, das Bekannte durch Neues zu ersetzen, sondern Synergien zu schaffen.

Coaching ist persönlich … und effektiv

Coaching ist sehr nah an der persönlichen Lebenswirklichkeit der Coachees dran und somit funktioniert der Transfer in den Beruf oft intensiver und unmittelbarer, als das bei anderen Formaten der Fall ist. Außerdem liegt der Fokus auf den Stärken und Schwächen des Einzelnen, weshalb Coaching konkrete Orientierung für die eigene Karriere bietet. Persönliches Coaching kann für jeden Teilnehmer zum persönlichen Entwicklungsmotor und sogar zum Katalysator werden – unabhängig von Lebenssituation, beruflicher Position oder Branche.

Mit dieser Form des Lernens können also die unterschiedlichsten Ziele verfolgt werden. Von Führungs-, Verhaltens- oder Kommunikations-Themen hin zu Orientierungs-Themen: sei es der Wiedereinstieg in den Beruf, die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit oder der Auf- und Ausbau der Führungsqualitäten. Im Coaching wird die sehr persönliche Entwicklungskurve eines jeden Coachees tiefgreifend gefördert und geprägt.

Doch warum rückt bei den Arbeitnehmern gerade jetzt das persönliche Coaching vermehrt in den Vordergrund? Fakt ist: Unser Alltag ist schnelllebiger, vergänglicher und auch komplexer geworden und wir müssen immer schneller mit tiefgreifenden Veränderungen in vielen Bereichen zurechtkommen. Umso wichtiger ist es, den Überblick und die Orientierung nicht zu verlieren. Den Arbeitnehmern sind diese Herausforderung bewusst und sie setzen auf individuelles Coaching, um ihre persönliche Erfolgsstrategie dafür zu entwickeln. Gleichzeitig wissen sie, dass im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung auch Soft Skills immer bedeutender werden. Coachings sind ein sehr wirkungsvolles Format, um diese zu trainieren. Dies zeigt, dass ihnen in Zeiten des Wandels eine immer größere Bedeutung zukommt. Denn Lernen heißt nicht mehr „nur“ reine Wissensvermittlung in Seminaren, sondern ergänzendes Training für mehr Transfer sowie Persönlichkeits- und Potenzialentwicklung. Dafür wünschen sich Mitarbeiter einen persönlichen Coach als Motivator und Entwicklungserleichterer.

Aber ist das nicht nur was für Führungskräfte?

Doch weshalb werden nur in jedem fünften Unternehmen Coachings angeboten? Noch immer ist die Annahme weit verbreitet, dass sie nur für die oberste Führungsriege bestimmt und angemessen seien. Dem ist nicht so! Coaching ist ein effektives Format für Mitarbeiter in jeder Position und Hierarchiestufe. So kann es schon auf der Ebene von Auszubildenden Sinn machen, beispielsweise um sie bei der Organisation ihrer Aufgaben oder im Umgang mit den Kollegen zu unterstützen. Oder auch für junge Führungskräfte im Übergang vom Teammitglied zum Teamleiter.

Und was ist mit den Kosten?

Eine ebenfalls weit verbreitete Annahme ist, dass Coachings einen unbezahlbaren Kostenfaktor für Unternehmen darstellen. Natürlich spielt diese Frage für Unternehmen eine große Rolle. Letztendlich sollte es aber doch vielmehr um das Kosten-Nutzen-Verhältnisses gehen! Wer das nicht berücksichtigt, fährt mit angezogener Handbremse und vergeudet wichtiges Potenzial. Persönliches Coaching hilft, die Bremse zu lösen, da der Lerneffekt und der konkrete Business-Nutzen besonders gut funktionieren und somit langfristige Erfolge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bereithält.

Klar ist: Unser Arbeitsalltag wird immer mehrdeutiger, komplexer und auch flüchtiger. Coaching ist sicherlich nicht das Wundermittel schlechthin, es bietet jedoch entscheidende Vorteile: der Lerntransfer lässt sich signifikant steigern und es hilft, die Orientierung nicht zu verlieren sowie individuelle Stärken und entscheidende Soft Skills explizit zu fördern. Somit ist auch der Business-Nutzen für Unternehmen sehr hoch. Insgesamt stellen wir erfreulicherweise fest, dass Unternehmer beim Thema Weiterentwicklung immer stärker auf den konkreten Business-Output schauen und ihre Invests stärker an deren Wirksamkeit ausrichten – und das ist gut so! Somit wird auch für HR das Thema Coaching an Bedeutung gewinnen. Wer dann auch noch die hohe Motivation der Mitarbeiter dieses Format miteinbezieht, hat echtes Entwicklungspotenzial!

Studie „Wert der Weiterbildung“

Für die repräsentative Studie „Wert der Weiterbildung“ befragte das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Haufe Akademie bundesweit 1.018 Angestellte. Die Umfrage wurde im August 2018 als Online-Befragung durchgeführt. Die aktuelle Studie stellt eine Weiterentwicklung der ersten Umfrage „Wert der Weiterbildung“ aus dem Jahr 2013 dar.

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(c) privat

Dr. Jörg Schmidt

Dr. Jörg Schmidt ist Geschäftsführer der Haufe Akademie und verantwortet die Leistungsbereiche „Kompetenz für Fach- und Führungskräfte“ und „Veranstaltungsmanagement“. Seine langjährige Erfahrung in Leitungs- und Führungsfunktionen in Unternehmen der beruflichen Weiterbildung bringt er in die kontinuierliche Weiterentwicklung des Qualifizierungsangebotes im Bereich „Kompetenzen für Fach- und Führungskräfte“ ein, ebenso die intensive Zusammenarbeit mit den Programmbereichsleitern und Produktmanagern sowie den rund 1.200 Referenten, Trainern und Coaches der Haufe Akademie. Ein weiterer Aufgabenbereich von Dr. Schmidt ist die Steuerung und Optimierung der Aufbauorganisation sowie der Geschäftsprozesse.

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