Rettungsanker für die Vereinbarkeit

Personalmanagement

Wer Vater oder Mutter ist, kennt das: Ausgerechnet an dem Tag, an dem man einen wichtigen beruflichen Termin hat, wird das Kind krank. Auch der Partner ist auf der Arbeit unabkömmlich und kann nicht zuhause bleiben. Doch irgendeiner muss halt. In manchen Städten gibt es für solche Fälle zumindest die Möglichkeit eine Kindernotfallbetreuung in Anspruch zu nehmen – so wie die „Notfallmamas“. Angela Schmidt hat die Agentur gegründet, mit der sie berufstätigen Eltern hilft, die kurzfristig eine Betreuung für ihr Kind suchen. Im Interview erzählt sie, wie sie auf die Idee gekommen ist und warum zunehmend Unternehmen ihre Kunden sind.

Frau Schmidt, Sie haben mit den „Notfallmamas“ eine Art Kindernotfall-Betreuung gegründet. Warum braucht es heutzutage solch ein Angebot? Hat nicht jeder ein Netzwerk aus Freunden und Familie, auf das man im Notfall zurückgreifen kann?
Ein Netzwerk haben sicherlich viele. Auch andere Betreuungsmöglichkeiten wie Tagespflege sind möglich. Das alles greift aber in der Regel nur bei gesunden Kindern. Bei kranken Kindern wird es schwieriger – mit Ausnahme vielleicht, wenn Oma und Opa vor Ort sind. Ich bin da das beste Beispiel. Mein Mann ist Berater, ist immer unterwegs und nur am Wochenende da. Meine Mutter lebt nicht hier in Hamburg, sondern am Bodensee. Das heißt, wenn meine Tochter krank ist, bleibt mir nichts anderes übrig als sie zuhause zu betreuen. Freundinnen mit Kindern fallen als Hilfe auch aus. Die wollen natürlich nicht, dass das eigene Kind krank wird und sie dann am nächsten Tag selbst zuhause bleiben müssen.

Würden Sie sagen, Ihr Angebot passt in das moderne Zeitalter und wäre vor 15 Jahren nicht möglich gewesen?
Das glaube ich nicht. Ich höre von vielen, die sagen: „Das Angebot hätte ich vor 20 Jahren auch gebrauchen können.“

Warum dann gerade jetzt? Warum gab es das früher nicht?
In München gibt es einen Anbieter schon seit 23 Jahren. Aber in der Tat ist der Bedarf heute größer, weil die Frauen heutzutage besser ausgebildet sind und sich weniger mit der Rolle der Hausfrau zufrieden geben, wie das vielleicht früher noch stärker der Fall gewesen ist. Männer und Frauen teilen sich die Kinderbetreuung mehr als vor zehn, zwanzig Jahren. Und plötzlich gibt es Auseinandersetzungen, wer zuhause bleibt oder zwei Stunden mit dem Kind im Wartezimmer des Kinderarztes sitzen muss. Früher war – zumindest im Westen Deutschlands – klar: Das macht die Frau.

Aber bestätigt der Name Ihrer Agentur nicht das Klischee, dass nur Frauen sich um die Kinder kümmern?
Der Name „Notfallmamas“ bezieht sich auf die Betreuer. Das sind hauptsächlich Frauen.

Man hätte auch „Notfalleltern“ als Namen wählen können.
Ja, aber „Notfallmamas“ klingt schöner.

Was haben Sie eigentlich vor der Gründung beruflich gemacht und wie sind Sie auf die Idee für die „Notfallmamas“ gekommen?
Ich war jahrelang Geschäftsführungssekretärin und Office-Managerin, unter anderem auch in Startups. Ich war immer wieder in der Situation, dass ich niemanden hatte, der für mich mal einspringen konnte, wenn meine Tochter krank wurde. Das war auch der ausschlaggebende Grund, die „Notfallmamas“ zu gründen.

Sind mehr Unternehmen oder mehr Eltern Ihre Kunden?
Im Moment überwiegen noch die Eltern, weil ich die als erstes angesprochen habe. In diesem Jahr sind wir aber umgeschwenkt auf die Firmenkundenansprache. Denn zum einen ist der Preis von 25 Euro in der Stunde für manche Eltern natürlich sehr viel. Zum anderen haben die Unternehmen auch ein Interesse daran, dass die Eltern nicht jedes Mal ausfallen, wenn das Kind krank ist. Gerade in Erkältungszeiten, wenn viele Mitarbeiter krankheitsbedingt nicht zur Arbeit kommen können, kann das sehr wichtig werden.
Aber es ist nicht so, dass, wenn der Arbeitgeber diesen Service anbietet, die Eltern diesen unbedingt annehmen müssen. Es entscheiden immer noch die Eltern, ob sie das dem Kind zutrauen wollen. Klar ist jedoch auch, dass es immer mal wieder berufliche Termine gibt, die von ganz besonderer Bedeutung sind, und da kann unser Service helfen.

Sie glauben nicht, dass allein die Existenz des Angebots durch den Arbeitgeber Druck auf die Eltern ausübt, den anzunehmen?
Nein, diese Erfahrung machen wir nicht. Das Angebot der Arbeitgeber basiert immer auf Freiwilligkeit.

Ist ein Arbeitgeber, der Ihren Service anbietet, in Ihren Augen ein familienfreundliches Unternehmen?
Ja, aber zur Familienfreundlichkeit gehört natürlich noch viel mehr. Ein einzelnes Angebot reicht da nicht, das muss in der Firmenkultur verankert werden. Familienfreundlichkeit muss man leben und die Führungskräfte müssen mitziehen. Sie dürfen nicht meckern, wenn ein Vater oder eine Mutter früher gehen muss, um das Kind abzuholen. Flexibilität ist ganz wichtig.

Sie haben in Startups gearbeitet. Würden Sie sagen, in Startups gibt es weniger Verständnis für Mitarbeiter mit Kindern?
Früher vielleicht. Heute nicht mehr. Das hat sich geändert, weil gerade die Startups oft hochqualifizierte, erfahrene Mitarbeiter brauchen und die haben nun mal häufig Kinder.

In welchen Städten gibt es die „Notfallmamas“ schon? Und wie sehen die weiteren Pläne aus?
Uns gibt es in Hamburg, Schleswig-Holstein und Berlin. In Frankfurt haben wir gerade angefangen. Und im kommenden Jahr wollen wir außerdem Büros in Düsseldorf, Stuttgart, Leipzig und München eröffnen.

Sie sind ja richtig auf Expansionskurs.
(lacht) Ja, ich dachte, wenn, dann will ich es richtig machen.

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