Rund um die Uhr

Leadership

Bei Pixomondo hat das vernetzte Arbeiten eine große Bedeutung. Mit Hilfe einer besonderen IT-Infrastruktur arbeiten die Mitarbeiter gemeinsam an digitalen Effekten in Filmen – und das über Ländergrenzen hinweg. Deutschland-Chef Christian Vogt im Gespräch.

Herr Vogt, wird in Zukunft das vernetzte Arbeiten gang und gäbe?

Das vernetzte Arbeiten wird zur Normalität. Dagegen werden wir uns nicht wehren können. Aber es wird hauptsächlich projekt- und firmenintern passieren. Denn ich bin der Überzeugung, dass beispielsweise die Kommunikation mit einem Kunden in jedem Fall die persönliche Komponente braucht. Gerade wenn Sie bei uns im Kreativbereich mit jemandem eng zusammen an einem Projekt arbeiten, dann ist es unabdingbar, dass Sie sich auch persönlich treffen. Wenn ich den Gesichtsausdruck oder die Körperhaltung meines Gegenübers sehe, kann ich eher erkennen, ob er in dieselbe Richtung denkt wie ich.

Ist das nicht auch über Video-Chats möglich?

Ja, klar. Es gibt verschiedene Tools, die wir benutzen. Video-Konferenzen gehören dazu. Aber auch ein Programm wie cineSync. Mit dessen Hilfe kann bei zwei Mitarbeitern an verschiedenen Standorten gleichzeitig derselbe Film ablaufen und beide haben die Möglichkeit in die Bilder reinzumalen und Kommentare abzugeben, so dass der jeweils andere das in Echtzeit sieht. Aber trotzdem muss man sich bei einem Projekt – sagen wir mal von sechs Monaten – auf jeden Fall am Anfang persönlich kennenlernen.

Geht es dabei um Vertrauen?

Ja. Neben dem Preis und der Sicherheit, dass man das Projekt rechtzeitig schafft, trifft der Kunde seine Entscheidung für eine Kreativfirma wie unsere aufgrund des persönlichen Kontakts. Da geht es zum einen um die Frage: Traut der Kunde uns kreativ zu, dass wir das Ziel erreichen, wie er sich das vorstellt? Und zum anderen spielt Sympathie eine wichtige Rolle. Wenn ich Ihr kreativer Ansprechpartner bin und Sie sind ein Regisseur und es geht darum, die nächsten anderthalb Jahre eng an einem Projekt zusammenzuarbeiten, dann nützt es mir nichts, der kreativste und billigste Anbieter zu sein, wenn Sie mich nicht ausstehen können.

Was zeichnet die Leute aus, die bei Pixomondo arbeiten? Was bringen Sie mit?

Sie haben ein großes Interesse am Storytelling und an Filmen. Wer hier bei uns arbeitet, muss eine Begeisterung für die Sache mitbringen und daran glauben. Und ganz wichtig ist, zuhören zu können. Was möchte der Regisseur? Wohin soll die Reise gehen? Was möchte er ausdrücken? Und natürlich muss man dem Kunden auch beratend zur Seite stehen. Bei aller Liebe zum Detail darf man nicht den Blick für das große Ganze verlieren.

Was brauchen die Mitarbeiter ansonsten für Fähigkeiten, um vernetzt zu arbeiten? Geht das auch als IT-Eigenbrötler?

Nur weil wir am Computer sitzen, heißt das nicht, dass wir Eigenbrötler sind. Obgleich es die sicherlich auch gibt. Bei uns arbeitet ein Mitarbeiter niemals alleine an einem Projekt. Er oder sie muss also ein kommunikativer Mensch sein, der gerne mit anderen zusammenarbeitet. Es ist immer eine Teamarbeit. Eine klassische Filmeinstellung beispielsweise geht, bis sie fertig ist, mindestens durch 15 Hände. Und jeder macht einen einzelnen Arbeitsschritt. Diese Menschen müssen zusammenarbeiten, damit am Schluss ein gutes Produkt rauskommt.

Sie haben weltweit Standorte und keine wirkliche Zentrale. Welche Vorteile hat diese dezentrale Struktur?

Das ist ganz einfach: Dort, wo der Kunde sitzt, sind auch die persönlichen Ansprechpartner. Wenn beispielsweise ein Werbejob in Hamburg reinkommt und er ist zu groß für den Standort, dann muss intern vernetzt gearbeitet werden, um die Produktionssicherheit zu gewährleisten. Die freien Kapazitäten anderer Standorte können sofort genutzt werden. Hamburg würde aber für dieses Projekt der Hauptstandort sein. Zudem können wir durch unsere weltweite Aufstellung rund um die Uhr arbeiten, wenn es für ein Projekt notwendig ist. So können wir einen schnellen Projektfortschritt gewährleisten.

Aber die Ressourcen könnten Sie ja auch nutzen, wenn alle an einem Standort konzentriert wären.

Dann hätten Sie jedoch das Problem, dass Sie in der Regel nur einen lokalen Markt bedienen können. Denn der persönliche Kontakt ist wichtig, nicht nur zu einem einzelnen Kundenberater, sondern auch zu den Kreativen. Er will einen genauen Eindruck von der Arbeit bekommen, nur so kann er Vertrauen aufbauen.

Ihre Standorte sind auf drei Kontinenten verteilt. Wird jedes Projekt bei Ihnen länderübergreifend bearbeitet?

Nein, manche werden auch nur lokal bearbeitet. Das kommt auf die Größe, den Umfang, die Länge und die Art des Projektes an. Denn wenn mehrere Standorte an einem Projekt arbeiten müssen, weil ein Standort es zum Beispiel aufgrund der Kürze der Zeit nicht schafft, bringt das zusätzliche Kosten mit sich. Denn sie müssen Daten verschieben, jeden Abend eine Datenübergabe machen und den Mitarbeiter vor Ort auf den aktuellen Stand bringen.

Für den Film Hugo Cabret, der für die visuellen Effekte einen Oscar gewonnen hat, haben Sie aber länderübergreifend gearbeitet.

Das mussten wir. Ganz am Ende war es sehr eng. Bis zum letzten Moment gab es noch Änderungen. Einmal bekam Regisseur Martin Scorsese von uns sogar die Bearbeitungen an einer Filmeinstellung acht Stunden nachdem er seine Änderungen gemacht hatte wieder in der neuen Version zurück. Wir hatten allerdings faktisch 20 Stunden daran gearbeitet.

Pixomondo hat für sich selbst eine IT-Infrastruktur entwickelt mit dem Namen „ITworx 24/7“. Sie macht einen standardisierten Workflow und eine globale Zusammenarbeit möglich. Wie funktioniert das?

Wir haben versucht durch unsere IT-Pipeline alles Technische und die Gefahr für menschliche Fehler zu minimieren, um möglichst viel Raum für die kreative Arbeit zu lassen. Es gibt eine Datenbank, auf die alle zugreifen, die in Echtzeit aktualisiert wird. Und wenn zum Beispiel ein sogenannter Artist an seinen Arbeitsplatz kommt, dann macht er morgens seine Datenbank auf und sieht, welche Änderungen er an diesem Tag an den Filmeinstellungen, auf die er gebucht ist, abarbeiten muss. Er sieht, wo es Feedback vom Regisseur gab. Oder wo Änderungen in Bezug auf die Kameraeinstellung vorgenommen wurden. Der Artist loggt sich mit Hilfe der Datenbank ein und die erkennt, wer er ist, an welchem Rechner er sitzt und was er für die Arbeit benötigt. Dann öffnet sich automatisch das Programm mit der richtigen Datei und mit der richtigen Versionsnummer. Der Artist arbeitet dann beispielsweise an einer Filmeinstellung, für die ein Mitarbeiter in China das 3D-Modell erstellt hat. Und während der Mitarbeiter in Deutschland geschlafen hat, wurde von dem Artist in China vielleicht wieder ein neues Modell entworfen. Oder ein anderer Mitarbeiter hat eine Kamera animiert. Die Software lädt sich dann immer die neuesten Referenzen rein. So kann der Mitarbeiter sichergehen, dass er an der aktuellsten Version arbeitet ohne jemanden fragen zu müssen.

Und tauschen sich die Mitarbeiter ständig aus, die an einem Projekt arbeiten, aber sich an verschiedenen Standorten befinden?

Ja, klar. Das müssen sie.

Läuft das auch über Video-Chats?

Genau. Oder über die Datenbank. Die beinhaltet auch eine Art Live-Chat beziehungsweise Blog. Damit können Sie zum Beispiel zu einem Arbeitsschritt eine Nachricht an den schreiben, der sie braucht. Sie müssen sich nicht überlegen, wie der Betreffende genau heißt oder wie seine E-Mail-Adresse ist. Sie arbeiten stattdessen in der Datenbank an der Einstellung und können in einem Kommentar-Feld Ihre Bemerkung dazu schreiben.

Ist in Ihrer Branche eine so dezentrale Struktur die Normalität?

Nein. Wir sind das einzige Visual-Effects-Unternehmen, das in einem solchen weltweiten Netzwerk arbeitet. Die anderen haben in der Regel einen großen Standort – mit vielleicht 1.000 Mitarbeitern – und zusätzlich zwei, drei kleinere Niederlassungen, die aber eher lokal und getrennt voneinander arbeiten. Bei uns sind die Standorte nicht größer als 70 Mitarbeiter. Das ist für uns die Obergrenze. Denn darüber hinaus brauchen sie dann plötzlich mehr Leute in den Querschnittsfunktionen wie HR oder den Finanzen. Dann ist es auch egal, ob Sie 75 oder 120 Mitarbeiter haben. Wir wollen aber den Overhead möglichst klein halten. Und wenn ein Standort einen Auftrag bekommen sollte, für den mehr Mitarbeiter notwendig sind, muss zwangsläufig im Netzwerk gearbeitet werden.

Würden Sie sagen, dass die jüngere Generation offener ist für das vernetzte Arbeiten über Ländergrenzen hinweg?

Das würde ich schon sagen. Und es ist ein besonderer Reiz für sie. Einige Mitarbeiter haben zum Beispiel hier in Frankfurt angefangen und leben jetzt in Los Angeles. Die wollten gerne im Ausland arbeiten. Und weil ich daran interessiert bin, Talente zu halten, haben wir ihnen die Möglichkeit dazu gegeben.

 

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