Arbeits­schutz­standard in Zeiten von Corona

Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsministerium hat Mitte April den „Sars-Cov-2-Arbeitsschutzstandard“ veröffentlicht. Das Ziel: Arbeitgebern in Zeiten der Corona-Pandemie Regeln für die Organisation der Betriebsabläufe an die Hand zu geben. Dass der Arbeitgeber tätig werden muss, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen, ergibt sich bereits aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Welche Maßnahmen er in Zeiten von Corona im Einzelnen wie umsetzt, darüber entscheidet er selbst.

Was regelt der neue Arbeitsschutzstandard?

Der Sars-Cov-2-Arbeitsschutzstandard listet eine ganze Reihe von Ansatzpunkten auf, an denen Gesundheitsschutzmaßnahmen für die Dauer der Corona-Pandemie ansetzen sollen. Dazu gehören die Arbeitsplatzgestaltung ebenso wie Infektionsschutzmaßnahmen und Handlungsanweisungen für den Umgang mit Verdachtsfällen im Unternehmen.

Der Mindestabstand zwischen Personen von 1,5 Metern, wie er derzeit auch im öffentlichen Raum gilt, soll auch im Betrieb eingehalten werden; wo dies nicht möglich ist – etwa bei Fertigungsketten, die ein Arbeiten Hand-in-Hand erfordern – müssen geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden. Für Bürotätigkeiten soll im Grundsatz gelten, dass sie ins Homeoffice verlegt werden. Ist dies nicht praktikabel, muss der Arbeitgeber die Raumkonzepte entsprechend ändern, also zum Beispiel Großraumbüros mit weniger Mitarbeitern besetzen und die Mitarbeiter auf freie Räume verteilen. Auch in Kantinen muss der Arbeitgeber für Mindestabstände sorgen; Warteschlangen an der Essensausgabe oder der Geschirrrückgabe muss er möglichst verhindern, etwa, indem er die Pausenzeiten staffelt. Seife und Desinfektionsmittel sind in ausreichenden Mengen zur Verfügung zu stellen, ebenso Mund-Nase-Schutz-Masken, wo Mitarbeiter in direkten Kontakt mit anderen kommen. Dienstreisen und Besprechungen sollten so weit wie möglich reduziert werden; Video- und Telefonkonferenzen ist der Vorzug zu geben.

Was muss der Arbeitgeber von diesen Maßnahmen umsetzen?

Bei der Umsetzung der Maßnahmen setzt das Ministerium grundsätzlich hohes Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmer: Sie sollen selbst beurteilen, wie hoch das Ansteckungsrisiko in ihrem Betrieb beziehungsweise in einzelnen Abteilungen ist und welche Schutzkonzepte jeweils sinnvoll und notwendig sind. Danach gibt es also keine konkreten Muss-Vorschriften.

Die richtigen Maßnahmen auszuwählen und umzusetzen, kann Arbeitgeber trotzdem vor Herausforderungen stellen. Sofern bauliche Veränderungen notwendig werden – in den Büroräumen oder den Fabrikhallen – müssen sich Unternehmer in der Regel mit dem Eigentümer abstimmen, da typischerweise Räumlichkeiten angemietet sind. Auch wenn Vermieter aktuell großes Verständnis zeigen, muss ein gewisser zeitlicher Puffer bei der Planung zur Aufnahme des „neuen“ Geschäftsbetriebs einkalkuliert werden. Wo sich Vermieter als weniger kulant erweisen, muss an einem Alternativkonzept gearbeitet werden. Im Alltag tauchen weitere Probleme auf: Sowohl Desinfektionsmittel und Spender als auch Schutzkleidung gehören bis auf weiteres zur Standardausstattung. Unverändert bestehen aber Lieferengpässe, die es bei der Planung zu berücksichtigen gilt. Schließlich bedarf es zwingend einer ausgefeilten schriftlichen Pandemieplanung. Das Dokument muss in Abstimmung etwa mit Betriebsräten oder Fachkräften für Arbeitssicherheit zeitnah fertiggestellt sein sowie in den Grundzügen betriebsintern kommuniziert und vollumfänglich umgesetzt werden.

Was passiert, wenn Arbeitgeber den neuen Standard missachten?

Die Veröffentlichung des Sars-Cov-2-Arbeitsschutzstandard und die berechtigte Sensibilität in der Bevölkerung werden zu mehr Kontrollen der Arbeitssicherheit führen. Hierauf müssen sich Unternehmen vorbereiten, denn auf fehlende Kenntnis des Risikos Corona wird man nicht verweisen können. Die zuständigen Arbeitsschutzbehörden – in vielen Bundesländern die Gewerbeaufsichtsämter –,die Berufsgenossenschaften oder die Unfallkassen werden sich genau anschauen, inwieweit den Anforderungen des Sars-Cov-2-Arbeitsschutzstandard genüge getan ist.

Stellen die Arbeitsschutzbehörden Mängel fest, können sie Auflagen erlassen. Betriebe, die wiederholt gegen Auflagen verstoßen, riskieren im schlimmsten Fall die Betriebsschließung. Allein vor dem Hintergrund dieses Risikos sollten sich Unternehmen den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard als Blaupause für den eigenen Pandemieplan nehmen, um zumindest die absoluten Mindeststandards, wie Abstandsflächen und Zurverfügungstellung von Schutzkleidung/-mitteln, zeitnah zu erfüllen.

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(c) SKW Schwarz Rechtsanwälte

Alexander Möller

Alexander Möller ist seit 2011 als Rechtsanwalt zugelassen und ist als Counsel im Bereich Arbeitsrecht bei SKW Schwarz in Frankfurt tätig. Er berät deutsche und internationale Unternehmen in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.

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