Schlummernde Juwelen finden

Recruiting

Christian Schultze-Wolters ist Senior Manager Solution Sales bei IBM Deutschland, Ursula Gebauer die Direktorin Human Resources bei KYOCERA Document Solutions Deutschland und Christian Haack ist Vertriebsleiter bei der Pilot Computerhandels GmbH. Sie erklären, worauf es beim Recruiting von Vertrieblern in der IT-Branche ankommt.

Ist das Recruiting von Vertriebsmitarbeitern zuletzt schwieriger geworden? Warum?
Schultze-Wolters: Ja, es ist wesentlich schwieriger geworden. In einigen Bereichen wirkt der Markt wie leer gefegt. Abhängig von den jeweiligen Skills, vom Industrie-Know-How oder von benötigten Produktkenntnissen ist es teilweise enorm schwierig, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Das ist allerdings aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktlage in Deutschland auch nicht sonderlich überraschend. Je spezieller und tiefer das gesuchte Fachwissen ist, desto anspruchsvoller wird es, diese Stelle zu besetzen.

Gebauer: Das Recruiting von geeigneten Vertriebsmitarbeitern, die unsere fachlichen Anforderungen erfüllen und zu unserer Unternehmenskultur passen, ist tatsächlich schwieriger geworden. Einer der Gründe ist sicherlich die unklare Wirtschaftslage: So erleben wir oft, dass die Wechselwilligkeit nicht sehr hoch ist, da ein Arbeitgeberwechsel immer auch mit einer neuen Probezeit und gegebenenfalls einem Wohnungswechsel oder einer anderen Gehaltssystematik einhergeht. Hier versuchen wir neue Mitarbeiter natürlich bestmöglich zu unterstützen. Die schwierige Recruiting-Situation betrifft im Vertrieb alle Funktionen und Ebenen: Vertriebsleiter genauso wie Gebietsverkaufsleiter und Trainees im Vertrieb.

Haack: Der Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen zehn Jahren massiv verändert. Heute haben wir einen regelrechten Mangel an Fach- und Führungskräften. Qualifizierte Arbeitskräfte, die sich umorientieren möchten, stellen sich heute immer häufiger die Frage, welchem Arbeitgeber sie ihre Leistungen zur Verfügung stellen wollen. War es früher selbstverständlich, dass wir im Bewerberinterview Bittsteller erlebt haben, sehe ich die Dinge heute oft umgekehrt. Kandidaten stellen das gesamte Arbeitsumfeld in Frage: Welcher Umgangston herrscht im Unternehmen, welche Arbeitszeitmodelle werden mir geboten, wie sind meine Aufstiegschancen und wie werde ich für meine Arbeitsergebnisse Wertschätzung erfahren?

 

Welche Recruiting-Instrumente und -Strategien haben sich aus Ihrer Sicht bewährt?
Schultze-Wolters: Aus meiner Sicht ist der Einsatz von Personalagenturen, die gezielt im Markt agieren, ein entsprechendes Netzwerk haben und damit über die nötigen Kontakte verfügen, sehr zielführend. Außerdem lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie früh ich meine potenziell neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen möchte. Deshalb können Kooperationen mit Fachhochschulen und Universitäten ein wesentliches Element einer Recruiting-Strategie sein. Darüber hinaus sind es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im eigenen Haus, die über Freunde und Bekannte immer wieder neue Ideen entwickeln.

Gebauer: Bei Führungskräften hat sich die Zusammenarbeit mit Headhuntern und natürlich die Direktansprache entsprechender Talente bewährt. Im Vertrieb – insbesondere im Außendienst – profitieren wir vor allem von den Netzwerken und den Empfehlungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Haack: Neben den klassischen Wegen über die Arbeitsagentur oder über Personaldienstleister gehen wir immer häufiger den Weg der Empfehlungen. Damit ein Empfehlungsmanagement funktioniert, ist es unabdingbar, dass möglichst alle Mitarbeitende fühlen, dass sie wichtig sind und gebraucht werden. Und dass sie jederzeit ehrlich ihre Meinung äußern dürfen. Nur dann empfehlen sie ihren Arbeitgeber weiter. Ein zweiter wichtiger Punkt ist es aus meiner Sicht, auch jungen Menschen eine Chance auf einen Ausbildungsplatz zu geben, die nur einen mittelmäßigen oder auch gering qualifizierten Schulabschluss erreicht haben. Hier schlummern gerade aus vertrieblicher Sicht häufig regelrechte Juwelen.

 

Wie wollen Sie Ihr Recruiting in Zukunft weiterentwickeln, damit Sie auch bei der anspruchsvollen „Generation Y“ punkten können?
Schultze-Wolters: Es gilt, einen attraktiven, innovativen und anspruchsvollen Arbeitsplatz zu bieten, mit dem man sich von anderen Unternehmen nachhaltig unterscheidet. Mobility, Social Media und die Nutzung und Integration der aktuellen Plattformen spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Gebauer: Wir sind in unserem Marktsegment als ein sehr zuverlässiger Arbeitgeber mit einer besonderen Philosophie bekannt, die uns von Wettbewerbern unterscheidet: So bieten wir eine gezielte Personalentwicklung, eine ausgewogene Work-Life-Balance mit flexiblen Arbeitszeiten und der Möglichkeit, vom Home-Office aus zu agieren, sowie eine Reihe überdurchschnittlicher Unternehmensleistungen. Diese Positionierung möchten wir gezielt durch interne wie externe Kommunikationsmaßnahmen weiter ausbauen.

Haack: In der „Generation Y“ gibt es viele unserer Wunschkandidaten: Sie haben früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen oder Entscheidungen mitzutragen. Sie sind es gewohnt, dass man nicht über ihren Kopf entscheidet und wollen um Rat gefragt werden. Diese Eigenschaften empfinden wir als Arbeitgeber als entscheidende Faktoren, um von den Mitarbeitern zu lernen. Bei uns lernt auch der Vertriebsleiter oder der Geschäftsführer von einem Auszubildenden, und es ist uns überhaupt nicht unangenehm, das öffentlich kund zu tun. Wenn es uns gelingt, dass wir uns gegenseitig bereichern, dann entstehen Synergien und damit Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen.

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Kathrin Justen

Kathrin Justen ist Verantwortliche für People and Culture bei der Digitalberatung Digital Dna und arbeitet nebenberuflich als freie Journalistin.

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