Urlaubsansprüche sind nicht quotierbar

Arbeitsrecht

Reduziert ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer seine Arbeitszeit, darf der Arbeitgeber entstandene Urlaubsansprüche nicht entsprechend der reduzierten Arbeitszeit kürzen, wie der Europäische kürzlich Gerichtshof urteilte.

Die Parteien streiten über die Höhe des aufgrund Mutterschutzes und Elternzeit durch die Klägerin noch nicht genommenen Urlaubs. Nach Ablauf der Elternzeit wechselte die Klägerin von einer Voll- in eine Teilzeitbeschäftigung. Die Beklagte passte die während der Vollzeitbeschäftigung erworbenen Urlaubsansprüche entsprechend an. Die Klägerin wendete sich an das Arbeitsgericht Nienburg, welches dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorlegte, ob eine solche Quotierung mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Der EuGH hat entschieden, dass eine solche Quotierung nicht mit Unionsrecht vereinbar ist.

Der EuGH begründet seine Entscheidung damit, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Europäischen Union sei. Eine Quotierung des Jahresurlaubs sei zwar bei einer Teilzeitbeschäftigung zulässig. Hingegen könne dieser Grundsatz nicht auf einen Anspruch auf Jahresurlaub angewandt werden, der in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworben wurde.

Bewertung
Kann der Arbeitnehmer aus von ihm nicht beeinflussbaren Umständen den Urlaub nicht nehmen, erlischt der Urlaubsanspruch entgegen § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht nach dem ersten Quartal des Folgejahres. Nach dem BUrlG hat jeder Arbeitnehmer bei einer 5-Tage-Woche Anspruch auf mindestens 20 Tage Urlaub im Jahr. Wird eine Teilzeitbeschäftigung nicht an allen Tagen in der Woche ausgeübt, darf der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch anteilig kürzen. Demgegenüber regelt das BUrlG nicht, welche Auswirkungen eine Änderung der Arbeitszeit auf nicht genommenen Urlaub hat. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verringerte sich der Resturlaub bei einer Reduzierung der Wochenarbeitstage in entsprechendem Umfang. Diese Rechtsprechung kann nach der Entscheidung des EuGH so pauschal keinen Bestand mehr haben.

Arbeitgeber sind nach der Entscheidung des EuGH gut beraten, umfangreichere Urlaubsansprüche ihrer Mitarbeiter nach Möglichkeit vorausschauend, insbesondere noch am Ende der Vollzeitphase, zu gewähren. Die vorliegende Entscheidung betrifft lediglich den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen pro Jahr auf Basis einer 5-Tage-Woche. Urlaub, den Arbeitgeber über das gesetzliche Mindestmaß hinaus auf freiwilliger Basis gewähren, kann weiterhin anteilig gekürzt werden, sofern hierzu eine ausdrückliche Regelung besteht.

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Markulf Behrendt

Rechtsanwalt
Allen & Overy

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