Warum Kunst im Büro Ihren Mitarbeitern gut tut

Employer Branding

Unternehmen entdecken in Kunst das Potential, die Kreativität und Kommunikation ihrer Mitarbeiter zu fördern – und darauf kommt es in Zukunft an.

Kunst ist hip und der Kunstmarkt boomt. Mittlerweile erkennen aber auch Unternehmensführer jenseits von Prestigedenken und materieller Wertschöpfung den ideellen Nutzen von Kunst. Manager sehen sich inzwischen gar selbst gern als Künstler. Ihr kreatives Denken und Handeln kann in der Tat zum Gewinn für das Unternehmen werden.

Zwei Aspekte stehen dabei im Vordergrund: Kunst kann Kommunikation und Kunst ist Ausdruck von Kreativität. Kunst – Kommunikation – Kreativität. Diese drei Ks werden künftig notwendige Faktoren und Voraussetzung für Innovationen sein.

Doch: Warum wird Kunst überhaupt gemacht? Was treibt einen Künstler an, sich täglich ans Werk zu setzen, oft ohne Auftrag, und so lange mit sich selbst zu ringen, bis die ersten Striche gesetzt sind und das Bild vollendet ist?

Künstler tun etwas, für das es zunächst keine Nachfrage und keinen Markt gibt. Ihre Motivation entspringt einem tiefen inneren Antrieb und dem Glauben an sich selbst. Sie verfügen über eine eigene Sprache und Ausdrucksweise und sind überzeugt von der Relevanz ihres Tuns, trotz nagender Selbstzweifel. Und gerade diese Zweifel erfüllen eine wichtige Funktion: die der Selbstkorrektur.

Auch empfinden Künstler ihr Tun nicht unbedingt als Arbeit im klassischen Sinne, wenngleich das, was sie machen, Arbeit ist. Vielmehr handelt es sich, wie der Künstler Wassily Kandinsky es einmal formulierte, um eine „innere Notwendigkeit“. Dennoch erschaffen sie dabei ein Werk, ein Produkt, das nach Fertigstellung auch zum Verkauf angeboten wird. Um das Kunstwerk in den Kreislauf der Wertschöpfungskette zu setzen, müssen Markt und Käufer gefunden werden. Darin sind Kunst und Wirtschaft vergleichbar: Eine Erfindung, eine Neuheit braucht stets einen Absatzmarkt.

Von Künstlern lernen

Künstler sind autonom, sich selbst verpflichtet und agieren eigenverantwortlich. Sie bestimmen ihre Arbeitszeit und haben keinen Nine-to-Five-Job. Sie folgen inneren Impulsen, die die Kreativität anstoßen. Die Selbstbestimmtheit ihrer Arbeitsweise und -zeit wirkt sich produktiv aus und lässt jene Angestellten sehnsüchtig werden, die ihre Zeitkarte stechen und von Präsentismus geplagt werden.

Viele Firmen halten ihre Türen aus diesem Grund auch mittlerweile rund um die Uhr geöffnet, um dem Wunsch nach individuellem Arbeitsrhythmus zu begegnen. Auch haben Künstler keinen Chef. Alles, was sie machen, ob gut oder schlecht, müssen sie mit sich selbst ausmachen und verantworten. Scheitern und wieder aufstehen gehört unabdingbar zur Entwicklung ihres Werkes. Daher sind Künstler ausgesprochen resilient. Von dieser Widerstandsfähigkeit können Führungskräfte lernen.

Digitalisierung, demografischer Wandel und zunehmende Team-Diversität bestimmen die moderne Arbeitswelt und die Suche nach neuen Modellen und Arbeitsformen. Flache Hierarchien, Selbstbestimmtheit und Autonomie
sind zu wesentlichen Faktoren des neuen Zusammenarbeitens geworden.

Der Chef wird zunehmend „abgeschafft“ zugunsten selbstständig arbeitender Mitarbeiter und einer demokratischen, vom Team mehrheitlich entschiedenen und getragenen Meinung. Die Mitarbeiter sind zunehmend motiviert, wenn sie mitentscheiden dürfen und nicht für sie oder über sie hinweg entschieden wird. Der Vorteil flacher Hierarchien und ausgeprägter Selbstverantwortung ist auch durch Studien belegt: Unternehmen mit flachen Hierarchien sind über 60 Prozent innovativer gegenüber solchen, deren Modus Operandi ein stark hierarchischer ist.

Doch wie können Mitarbeiter lernen, selbstbestimmt zu arbeiten und dabei gleichzeitig erfolgreich im Team zu kommunizieren? Wie können die dafür dringend notwendigen Voraussetzungen wie Offenheit, Toleranz, Respekt und gegenseitige Wertschätzung erlernt werden? Wie können Mitarbeiter in einem weiteren Schritt selbst kreativ werden, um das Unternehmen innovativ und damit im Wettbewerb erfolgreicher zu machen?

Von Kunst lernen – Mit Kunst zur besseren Kommunikation

Gemeinsame Kunstbetrachtungen könnten ein Weg sein. Unternehmen sollten Kunstwerke nicht als überflüssigen Luxus oder nur als ein Nice-to-have begreifen, sondern als Medium für Inspiration, Emotion, Diskussion, Interpretation, Kommunikation und Kreativität. Kunstwerke sind einzigartig, genau wie Individuen, denen man das erste Mal begegnet. Moderne Kunst zu betrachten bedeutet – analog zur ersten Begegnung –, sich auf Neues, Ungewohntes, zunächst Fremdes einzulassen, innere Blockaden und Hürden zu überwinden und sich zu öffnen. Gute Kunst ist ein offenes Angebot zur vielseitigen Interpretation.

Für das Teambuilding von Mitarbeitern unterschiedlicher Generationen ist gemeinsame Kunstbetrachtung eine gute Möglichkeit zur Verbesserung der Kommunikation. Denn Kunst wirkt generationenübergreifend und ist international. Sie kennt keine Grenzen – abgesehen von physischen Bild- und Raumgrenzen.

Am besten funktioniert Kunstbetrachtung in einer kleinen Gruppe, weil die unterschiedlichen Äußerungen der anderen die eigenen Überlegungen und Sichtweisen zum Werk inspirieren können und die Betrachter animiert werden, ebenfalls ihre Gedanken zu äußern. Damit erweitert sich der eigene Blickwinkel. Man ergänzt sich.

Machen Sie das Experiment: Betrachten Sie ein Bild mit einer Gruppe in einem Museum und geben Sie zunächst nichts vor. Lassen Sie alle Sichtweisen und Gedanken zu. Hören Sie, wie unterschiedlich die Ansichten und Meinungen sind. Der eine sieht dies, die andere das. Das alte Kinderspiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ kommt hier zu neuer Geltung.

In der gemeinsamen Kunstbetrachtung ist es sinnlos, den anderen zu bekämpfen oder sein Urteil, seine Ansichten und Sichtweisen auf das Kunstwerk zu negieren oder abzuurteilen. Im Gegenteil. Erst in der Meinungsäußerung eines jeden einzelnen erschließt sich das Werk in seiner Tiefe. Am Ende können die Stimmen dieses Chors durch Daten und weitere Informationen zum Werk ergänzt werden. Sie werden feststellen, dass auch introvertierte Mitarbeiter und vermeintliche Kunstbanausen sich öffnen und aktiv teilnehmen.

Kunstbetrachtung wird so zum Experimentierfeld, unterschiedliche kulturelle Sichtweisen und divergierende persönliche Ansichten kennenzulernen. Mitarbeiter lernen auf diese Weise, Meinungen anderer zu tolerieren und wertzuschätzen. Teammitglieder können sich in dieser Sphäre der Offenheit und des gegenseitigen Respekts untereinander näher kennenlernen.

Auf diesen Wandel müssen sich Unternehmen einstellen. Doch wie lässt sich Kreativität erzeugen? Hierfür gibt es bereits zahlreiche Techniken. Kunst ist eine davon, gilt sie doch als Urform und genuiner Ausdruck von Kreativität.

Kreativmotor der Zukunft

Im Januar 2016 veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum in Davos die Studie „The Future of Jobs“, in der zehn Fähigkeiten genannt werden, die notwendig sind, um zukünftig erfolgreich bestehen zu können. Stand 2015 die Kreativität noch auf Platz zehn, wird sie der Studie zufolge im Jahr 2020 auf Platz drei stehen. In wenigen Jahren wird Kreativität also einen hohen Stellenwert in der Wirtschaft einnehmen. Kreativität und Innovationen werden die Merkmale sein, durch die sich Unternehmen im Wettbewerb unterscheiden.

Auf diesen Wandel müssen sich Unternehmen einstellen. Doch wie lässt sich Kreativität erzeugen? Hierfür gibt es bereits zahlreiche Techniken. Kunst ist eine davon, gilt sie doch als Urform und genuiner Ausdruck von Kreativität.

Auch die emotionale Intelligenz und das kritische Denken werden zunehmend wichtig – Skills, über die Künstler verfügen und die Grundlage ihrer Kreativität sind. Wer kreativ ist, ist auch selbstbewusster und kann überzeugender Unsicherheiten meistern. Wer sich auf Kunst einlässt, kann sich auch emotionaler auf Menschen einlassen und die Fähigkeit zur Empathie steigern.

Wer Kunst betrachtet, lässt sich ein auf ein Werk als Ergebnis eines künstlerisch-kreativen Prozesses. Wer angesichts eines Kunstwerks Fragen stellt, kann lernen, kritisch zu denken und zu beobachten. Kunstbetrachtung dient als Anregung, kreative Prozesse nachzuvollziehen und zu interpretieren, sowie Kreativität zu trainieren. Kunst ist derart vielfältig, dass jeder einen Zugang finden und über diesen Zugang lernen kann. Sie kann zum Kreativmotor für Unternehmen werden.

Neues Denken dank Kunst

Oft werden Kreativität, Ideenreichtum und Fantasie der Künstler bestaunt. Und viele fragen: Wie kommen Künstler auf ihre Ideen? Die Antwort liegt nicht nur in der Begabung. Vielmehr handelt es sich auch um Beharrlichkeit, um ein „Dranbleiben“ an dem, was „in die Welt soll“. Kunst ist der Ausdruck des Andersdenkens und zeigt den Mut, Neues auszuprobieren, auf den Kopf zu stellen oder umzudrehen. Wer sich mit ihr beschäftigt, kann lernen, anders zu denken. Viele Künstler sind Visionäre und Erfinder, Vordenker und Avantgardisten. Zeitgenössische Kunst ist unserem Zeitgeist am nächsten. Sie ist vielseitig, rätselhaft, spannend und bietet im besten Fall viele Möglichkeiten, sie in ihrer Komplexität wie auch in ihrer Einfachheit wahrzunehmen und zu interpretieren. Sie sensibilisiert die Wahrnehmung – auch auf Details – und setzt Gedanken frei. Und nicht zuletzt fördert Kunst auch die Persönlichkeitsentwicklung.

Die Wirtschaft öffnet sich allmählich dem ideellen Wert und den genuinen Kompetenzen von Kunst. Interventionen von Künstlern in Unternehmen, Kunstbetrachtung zur Teamentwicklung und Weiterbildung in Kunst – allesamt neue Aspekte der Annäherung zwischen Wirtschaft und Kunst. Die Wirtschaft beginnt, von Kunst und Künstlern zu lernen, künstlerische Sichtweisen zuzulassen und neue Betrachtungswinkel zu erproben. Doch braucht Kunstbetrachtung auch Zeit und Muße. Im Zeitalter der Digitalisierung kann Kunst in ihrer Originalität eine sinnvolle, komplementäre Ergänzung zur virtuellen Welt sein.

 

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(c) Klaus Polkowski

Ulrike Lehmann

Kuratorin und Coach
Ulrike Lehmann arbeitet als Kuratorin und ist heute Coach für Teambildung und Leadership Management mit Kunst. Sie ist Autorin des kürzlich erschienenen Buches „Wirtschaft trifft Kunst. Warum Kunst Unternehmen gut tut“.

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