Wie Manager 45plus die Sinnkrise meistern

Personalmanagement

Ab Mitte 40 ziehen viele Manager Bilanz zu ihrer Karriere – ein Anlass zum Ausloten von Wünschen und Nachjustieren von Zielen. Welche Fragen schaffen Klarheit?

Viele Manager kommen nach meiner Erfahrung ab Mitte 40 an den Punkt ihrer Karriere, an dem sie sich einige Sinnfragen stellen: Muss ich weiter in der Pflicht bleiben oder wie komme ich endlich in die Kür? Bin ich meinen Idealen und Werten noch treu oder quäle ich mich weitere Jahre im Hamsterrad der Routine? Was ist Karriere wirklich für mich? Was will ich noch mehr? Bin ich hier noch der Richtige? Solche Sinnkrisen bieten auch Chancen, noch einen Entwicklungsschritt zu machen.

Die Barriere im Kopf – und ihre Ursachen

Manager in großen mittelständischen Unternehmen und Konzernen sind innerhalb von zehn bis zwanzig Jahren die Karriereleiter hinaufgeklettert. Viele von ihnen haben noch nie den Arbeitgeber gewechselt. Das Unternehmen ist ein fester Bestandteil ihrer Identität, ihres Alltags, ihres Lebens. Der Erfolg im Unternehmen gab ihnen den Sinn für ihr Tun und Handeln. Und plötzlich, auf den letzten Runden ihrer beruflichen Laufbahn, stellt sich etwas in den Weg, an dem es kein Vorbeikommen gibt: Eine Barriere im Kopf.

Die Anlässe dafür sind vielfältig.

  1. Der endliche Zeitrahmen
    Der Vertriebsleiter merkt: „Bis nach ganz oben komme ich nicht mehr. Die Kinder sind aus dem Haus, eigentlich bin ich frei. Aber wenn es bis zur Rente so weiter geht, passiert in der Routine eigentlich nichts Neues mehr“. Ein Zwiespalt kommt auf: „Ist mein Anspruch noch erfüllbar? Habe ich auf das richtige Pferd gesetzt?“. Mit dem Zweifel schwindet der gewohnte Elan.
  2. Junge Konkurrenz
    Eine jüngere Führungskraft erhält Vorzug auf den nächsthöheren Posten. Dabei hatte der 49-jährige Abteilungsleiter damit gerechnet, diese Position in Zukunft zu besetzen. Plötzlich fehlt ihm die Perspektive im Unternehmen. Der „Best-Ager“ zweifelt und fragt sich, ob er hier noch wertgeschätzt wird.
  3. Privat stimmt’s nicht
    Es gibt auch private Gründe für die berufliche Sinnkrise. Der Auszug der Kinder. Die ersten Enkel. Nur noch weiter weg reisen, ist das die Erfüllung? Manche Dinge, die bisher wichtig waren, verlieren ihre gewohnte Bedeutung.
  4. Die Energie lässt nach
    Konnte der „Director of Business Developement“ mit 40 Jahren noch vier Termine am Tag wahrnehmen und abends mit einem Kunden essen gehen, ist er mit 50 nach zwei Terminen erschöpft. „Jetzt noch ins Restaurant? Dann aber morgen Vormittag keine Termine“, denkt er sich gereizt

Viele Manager ziehen mit 50 Bilanz

Die Anlässe sind also sowohl im Unternehmensumfeld als auch privat zu finden. Woher sie auch kommen: Sie beeinflussen das Selbstvertrauen. Angst vor Kontrollverlust macht sich breit. Das wiederum kann zu Depressionen, Schlafstörungen und anderen psychosomatischen Symptomen führen. Warum Manager um die 50 in die Sinnkrise geraten, hat vor allem auch damit zu tun, dass viele in diesem Alter oft eine erste wichtige Bilanz in ihrem Leben ziehen. Sie erinnern sich an Ihre Vorhaben und bemessen dies an dem Erreichten und an der Zeit, die jetzt noch bleibt. Dieser Dreisprung führt viele in eine Krise, für die sie oft keine Ansprechpartner haben.

Hands on: Wie kommen Chefs aus der Sinnkrise heraus?

Die Antwort lautet: Einen Plan aus der Abwärtsspirale entwickeln. Wer der inneren Resignation entkommen will, sollte sein Wertesystem auf den Prüfstand stellen und sich als erstes ein paar grundsätzliche Fragen beantworten:

  1. Was ist mir jetzt wichtig?
    Die Antwort fällt je nach Führungspersönlichkeit unterschiedlich aus. Dem einen ist Anerkennung besonders wichtig. Dem anderen Status, Materielles, Beziehungen oder Einflussnahme. Wer seine Grundwerte kennt, kann sein neues Handeln stärker daran ausrichten.
  2. Wo liegen meine Kernkompetenzen?
    Auf das persönliche Können und die eigene Exzellenz setzen ist wichtiger, als sich über die Funktion und Position im Unternehmen oder das Unternehmen selbst zu definieren. So machen sich Manager auch geistig unabhängiger von bisherigen Funktionen und damit freier für den nächsten Schritt.
  3. Wann habe ich das letzte Mal in meine persönliche und berufliche Entwicklung investiert?
    Anstatt nur ins Hobby und die Bildung der Kinder zu investieren, sollten Best-Ager auch an sich denken und in die persönliche Entwicklung investieren: Neue Kontakte knüpfen, andere Perspektiven finden, alte Gewohnheiten prüfen, Zeit für sich selbst reservieren.
  4. Worauf warte ich eigentlich?
    Manager sind gewohnt, schnell zu handeln – nur wenn es um sie selbst geht, scheinen sie diese Prämisse nicht zu kennen. Allerdings: Mit 48 plus sollten sie nicht warten, bis der Leidensdruck noch größer wird, sondern das Heft selber in die Hand nehmen. Von Unternehmensseite wird keine Hilfe kommen.

Der Weg zur Meisterschaft

Chefs sehen viel klarer, wenn sie sich diese Fragen beantworten – und können gleich mit der Umsetzung der gewonnen Erkenntnisse zur Kurskorrektur beginnen.

Hierzu ein paar Beispiele:

  • Der Vertriebsleiter beschließt, sich als Consultant selbständig zu machen und nur noch mit Kunden zu arbeiten, auf die er Lust hat. Dabei geht es ihm vor allem um Netzwerkpflege und um die direktere und bessere Anerkennung seiner fundierten Kompetenzen im Kundenkreis.
  • Ein anderer Leiter in derselben Situation besinnt sich auf seine Stärken und stellt fest: „Eigentlich bin ich genau in dem gut, was ich tue. Lieber bleibe ich ein perfekter Zweiter, als angestrengt ein schlechter Erster zu sein.“ Er nimmt die Arbeit wieder motiviert auf, wissend, dass er in dieser Position der Beste ist. Danach richtet er auch seine „Spielregeln“ aus.
  • Der Abteilungsleiter, der durch eine jüngere Führungskraft ausgestochen wurde, sieht keine Perspektive mehr im Unternehmen. Sein innerer Antrieb besteht aus Einflussnahme, das Gehalt ist ihm nicht so wichtig. Gemeinsam mit einer spezialisierten Managementberatung sucht er sich eine neue Position mit passenderen Aufgaben – auch wenn er dort Gehalt einbüßt.

Fazit: Selbsterkennung führt zu Selbstbestimmung

Manager in der Sinnkrise sollten sich auf sich selbst konzentrieren. Sie sollten zu ihren Leidenschaften zurückkehren und sich darauf fokussieren, was ihnen im Karriere-Endspurt wichtig ist und Spaß macht. Dafür müssen sie ihre Kräfte, Fähigkeiten und Erfahrungen bündeln und Abschied nehmen von imaginären Chancen, die sie sich bislang ausgelotet hatten. Denn: Nur wer erkennt, was er wirklich will, kann sich auch daran ausrichten und den eigenen Kurs dann selbst bestimmen. Besonders der Austausch mit Seinesgleichen ist für erfahrene Führungskräfte eine Form der Reflexion, die bei diesen Fragen besonders gut angenommen wird.

Autor:
Gustav Klötzl ist Gründer und Geschäftsführer der 3P-Beratungsgruppe aus Nürnberg. Er unterstützt seit Jahren obere Führungskräfte und Entscheider bei Führungs- und Veränderungsfragen. Mit seinem Programm „Meisterschaft“ zielt er vor allem auf die erfahrenen Führungskräfte, die scheinbar schon alles wissen, nur mit sich selbst oft fahrlässig umgehen. Mehr Infos auf: www.3p-beratung.de

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Gustav Kloetzel / (c) E. Ch. Duemmler

Gustav Klötzl

Geschäftsführer 3P-Beratungsgruppe
Gustav Klötzl ist Gründer und Geschäftsführer der 3P-Beratungsgruppe in Nürnberg. Seit 30 Jahren unterstützt er Entscheider und Top-Führungskräfte bei Veränderungs- und Entwicklungsfragen – und hilft erfahrenen Managern, ihr Profil zu schärfen und oberen Führungsteams dabei, den weiteren Sprung zu einer erfolgreichen Loyalitätsgemeinschaft zu machen. www.3p-beratung.de

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