„Wir kündigen“ genügt nicht

Arbeitsrecht

Für Aufruhr sorgte ein Urteil aus Leipzig: eine Kündigung war allein wegen der Formulierung unwirksam. Der Text muss erkennen lassen, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. (AG Leipzig, 7. März 2013, Az.: 2 Ca 3972/12). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt zur Formulierung von Kündigungen nunmehr klar, dass es ausreicht, wenn der Endtermin errechenbar wird (BAG, 20. Juni 2013, Az.: 6 AZR 805/11).

Arbeitsgericht Leipzig: Der Bauleiter
Ein 60-jähriger Bauleiter klagte gegen zwei identische Kündigungen unter anderem mit Verweis auf den unklaren Text: Er wisse nicht, zu welchem Termin seine Kündigung gelten sollte. Der Wortlaut: „Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich aus betriebsbedingten Gründen, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist“. Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Die „Kündigungen“ seien unwirksam, weil der Text zu unklar war.

BAG: Die Industriekauffrau
Die langjährig Beschäftigte wehrte sich gegen eine „ordentliche“ Kündigung des Insolvenzverwalters „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ mit allgemeinem Hinweis auf kürzere Kündigungsfristen in der Insolvenz. Die Kündigungsschutzklage wurde nun höchstinstanzlich zu-rückgewiesen: Die Kündigung der Industriekauffrau ist wirksam.

Was unterscheidet die Kündigungen?
Die Kündigungen des Bauleiters waren unwirksam, da kein Endtermin und kein konkreter Wille des kündigenden Arbeitgebers erkennbar waren:

• Weder aus dem Wortlaut, noch aus den Begleitumständen war ein Beendigungszeitpunkt für den Bauleiter ersichtlich. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, darüber zu rätseln, zu welchem Kündigungstermin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt habe. Aus dem Kündigungs-schreiben selbst muss sich ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll.
• Dem Text „Wir kündigen hiermit ordentlich“ fehlte also genau diese – zwingend benötigte – Information zum beabsichtigten Endtermin oder der anzuwendenden Frist. Im Fall der Industriekauffrau beinhaltete die Kündigung eine „zum“-Angabe („zum nächstmöglichen Zeitpunkt“) und damit die – erforderliche – Information über den vom Arbeitgeber gewünschten Endtermin.
• Dies sei auch ausreichend, denn mit den weiteren Angaben könne der Endtermin errechnet werden. Dem Text war zu entnehmen, dass § 113 der Insolvenzordnung (InsO) zu einer Kündigungsfrist von 3 Monate führte.
• Kann also der Arbeitnehmer erkennen, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll, genügt im Kündigungstext der Hinweis auf die maßgeblichen Kündigungsfristen.

Hinweise für die Praxis
Noch fehlt die ausführliche Begründung des BAG-Urteils. Es bleibt noch unklar, ob die Angabe „zum nächstmöglichen Datum“ für sich allein ausreicht oder schon der Hinweis auf die anwendbare Kündigungsfrist (ohne ein „zum“) für die Bestimmbarkeit genügt.

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Sonja Riedemann

LL.M. (LSE) Rechtsanwältin/Fachanwältin für Arbeitsrecht
Osborne Clarke

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