Zum Arbeitsrecht in den Niederlanden

Arbeitsrecht

Ein deutsches Unternehmen, das einen Arbeitnehmer hat, der im Ausland arbeitet, hat schon schnell mit dem ausländischen Recht zu tun. Das gilt bereits innerhalb Europas. Teil eins unserer Serie über Arbeitsrecht in den Niederlanden.

Falls im Arbeitsvertrag keine Rechtswahl vereinbart wird, ist oft das Recht des Staates anwendbar, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Sogar falls eine Rechtswahl für deutsches Recht vereinbart wird, könnte noch ausländisches Recht Anwendung finden: Die Rechtswahl darf nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer den Schutz derjenigen Bedingungen entzogen wird, von denen nach dem „normalerweise“ anwendbaren ausländische Recht keine Abweichung erlaubt ist. Da das Arbeitsrecht in der Regel zwingendrechtlicher Art ist, findet das ausländische Recht schon schnell Anwendung. Dies könnte zum „Rosinenpicken“ des Arbeitnehmers führen: Der Arbeitnehmer sucht sich aus sowohl dem deutschen als aus dem „eigenen“ Recht diejenigen Bedingungen aus, welche günstig für ihn sind.

Tip 1: in Arbeitsverträgen mit Auslandberührung immer auf die Rechtswahl achten.

In diesem Beitrag, sowie in weiteren künftigen Beiträgen, werden Ihnen einige Besonderheiten des niederländischen Arbeitsrechts erläutert.

Befristung:
Sowohl ein befristeter Arbeitsvertrag als auch ein unbefristeter Vertrag ist gestattet. Nachdem es mehr als drei aufeinanderfolgende befristete Verträge gegeben hat oder die Gesamtdauer der Beschäftigung mehr als 24 Monate beträgt, wandeln sich befristete Verträge automatisch in Verträge auf unbestimmte Zeit. Eine weitere Befristung ist danach erst wieder möglich, wenn zwischen dem letzten befristeten Vertrag und dem neuen Vertrag sechs Monate oder mehr liegen.

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrages schriftlich mitteilen ob, und wenn ja, zu welchen Konditionen der Arbeitsvertrag fortgesetzt wird. Unterbleibt die Mitteilung, wird eine Vertragsstrafe von einem Monatsgehalt fällig. Es ist in den Niederlanden üblich, mit einem auf sechs Monate oder ein Jahr befristeten Vertrag zu beginnen und, falls sich der Arbeitnehmer bewährt, anschließend einen Vertrag auf unbestimmte Zeit zu vereinbaren.

Probezeit:
Die Probezeit muss schriftlich vereinbart werden. Die Probezeit beträgt ein Monat in befristeten Arbeitsverträgen ab sechs Monaten bis zu zwei Jahren und zwei Monate in befristeten Arbeitsverträgen ab zwei Jahren, sowie in unbefristeten Arbeitsverträgen. In befristeten Verträgen von bis zu sechs Monaten darf keine Probezeit vereinbart werden. Eine Verlängerung der Probezeit ist nicht möglich, auch nicht im Falle einer Krankheit des Arbeitnehmers. In der Probezeit ist jede Vertragspartei berechtigt, den Arbeitsvertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen.

Wettbewerbsklausel:
Eine nachvertragliche Wettbewerbsklausel im unbefristeten Arbeitsvertrag mit einem Volljährigen ist gestattet und schriftlich zu vereinbaren. Der Arbeitgeber ist nicht gesetzlich verpflichtet, dem von der Klausel betroffenen Arbeitnehmer eine Entschädigung zu zahlen. Der Arbeitnehmer kann aber bei Gericht eine derartige Entschädigung einklagen. Weiter kann er die Freistellung von den Verpflichtungen aus der Wettbewerbsklausel, beziehungsweise die Einschränkung der Klausel, einklagen.

In befristeten Verträgen darf ein Wettbewerbsverbot nur dann aufgenommen werden, wenn schwerwiegende Interessen des Arbeitgebers ein Wettbewerbsverbot rechtfertigen. Diese Rechtfertigung für das Wettbewerbsverbot muss im Arbeitsvertrag konkret dargelegt werden. Entsprechendes gilt für eine Kundenschutzklausel. Die Rechtsprechung stellt ziemlich strenge Anforderungen an die Rechtfertigungsgründe.

Tip 2: Wettbewerbsklausel sorgfältig redigieren.

gesetzlicher Minimumlohn:
Es gibt in den Niederlanden einen gesetzlichen Minimumlohn von derzeit 1.537,20 Euro brutto pro Monat für Arbeitnehmer ab dem Alter von 23 Jahren, die Vollzeit arbeiten. Für Arbeitnehmer im Alter bis zu 22 Jahren ist der gesetzliche Minimumlohn ein Bruchteil des obigen Betrages. Der gesetzliche Minimumlohn ist jedem Arbeitnehmer, der in den Niederlanden arbeitet, zu zahlen, auch falls ausländisches Recht auf den Arbeitsvertrag Anwendung findet.

Urlaubstage und Urlaubsgeld:
Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt vier Wochen jährlich. Er wird errechnet, indem die Anzahl der Arbeitstage pro Woche mit vier multipliziert wird. Bei einer Fünftagewoche müssen also mindestens 20 Tage Urlaub gewährt werden. Im Ein- und Austrittsjahr beträgt der anteilige Urlaub ein zwölftel des Jahresurlaubs pro Beschäftigungsmonat.

Üblich ist die tarif- oder einzelvertragliche Vereinbarung einer längeren Urlaubsdauer, öfters 25 Tage jährlich. Die finanzielle Abgeltung der gesetzlich vorgeschriebenen Urlaubstage ist nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich. Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Anspruch auf acht Prozent Urlaubsgeld bezogen auf ihr Gehalt. Gesetzlich ist dieser Anspruch bis auf ein Gehalt von etwa 55.000 Euro brutto gedeckelt, in der Praxis wird diese Deckelung nicht berücksichtigt.

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall:
Gesetzlich ist der Arbeitgeber zur Weiterzahlung von 70 Prozent des Gehalts, bis zum Maximaljahresgehalt von etwa 54.000 Euro brutto, während der ersten 104 Wochen der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet. Praktisch wird dies vielfach so gehandhabt, dass zwischen den Vertragsparteien vereinbart wird, dass während der ersten 52 Wochen 90 Prozent oder 100 Prozent des Fixgehalts zuzüglich Urlaubsgeld gezahlt wird. Der Arbeitgeber kann hierfür eine Privatversicherung abschließen.

Tip 3: eine Lohnfortzahlungsversicherung ist wegen der langen Lohnfortzahlungspflicht empfehlenswert.

Im Falle einer längeren Arbeitsunfähigkeit als 104 Wochen erhält der Arbeitnehmer ab der 104. Woche eine Sozialversicherungsrente. Der Arbeitgeber hat keine Pflicht, diese Rente zu ergänzen. Gleichwohl wird solch eine Ergänzung vielfach vereinbart. Es gibt auch Privatversicherungen für den Arbeitgeber für diese Ergänzung.

Autor:
Sip van Dijk LL.M. ist seit 1984 Advocaat (NL-Rechtsanwalt) und seit 1989 Partner in der Kanzlei Advocaten Van Dijk & Van Arnhem, Apeldoorn, Niederlande. Er beschäftigt sich schwerpunktmässig mit der Beratung deutschsprachiger Unternehmen in Bezug auf die Niederlande auf den Rechtsgebieten Arbeitsrecht und Vertragsrecht.

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Sip van Dijk

Partner
Advocaten Van Dijk & Van Arnhem

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