People Playbook Restrukturierung – Die HRM-Kolumne zum strategischen Personalmanagement in Zeiten des Umbruchs.
Maschinenbau Müller GmbH & Co. KG, ein traditionsreiches mittelständisches Unternehmen mit 1.200 Mitarbeitern in Deutschland und 6.700 Mitarbeitern weltweit, gerät durch steigende Rohstoffpreise, schwankende Auftragslage und zunehmenden internationalen Wettbewerb in wirtschaftliche Turbulenzen. Eine Restrukturierung ist notwendig: Abteilungen sollen verschlankt, Kosten spürbar gesenkt und Geschäftsprozesse effizienter gestaltet werden. Das Management kündigt Sparmaßnahmen an: Fixgehälter sollen eingefroren, Bonuszahlungen in allen Bereichen pauschal gestrichen und in Deutschland Stellen abgebaut werden. Doch mit den Sparmaßnahmen wächst die Verunsicherung. Hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Forschung und Entwicklung kündigen, Führungskräfte ziehen sich zurück, die verbleibenden Teams arbeiten zunehmend ineffizient. Die erhoffte Leistungssteigerung bleibt aus.
Der Fall Maschinenbau Müller zeigt exemplarisch, woran viele scheitern: Sie managen die Kosten, nicht die Performance. Wie viele Unternehmen in der Krise hat sich Müller auf die reine Kostenreduktion fokussiert – und dabei übersehen, dass Performance Management in Transformationsphasen nicht nur Kosten senken, sondern vor allem motivieren, binden und ausrichten muss. In unserer heutigen Kolumne zeigen wir auf, wie Personalverantwortliche Performance Management in Restrukturierungsphasen strategisch einsetzen können, um den Spagat zwischen kurzfristigem Sparzwang und langfristiger Zukunftsfähigkeit zu meistern.
Was HR jetzt tun muss: sieben strategische Hebel des Performance Management
Restrukturierung ist kein Sparprogramm, sondern ein Stresstest für Führung und Kultur. Wer Leistung sichern und Talente halten will, braucht mehr als Kostendisziplin – er braucht ein strategisches Performance Management.
- Leistungssicherung statt Kahlschlag
Personalkosten sind ein zentraler Hebel zur kurzfristigen Ergebnisverbesserung. Doch gerade in der Krise entscheidet die Qualität der verbleibenden Talente über den Erfolg des Turnarounds. Studien zeigen, dass Leistungsträger in unsicheren Zeiten besonders abwanderungsgefährdet sind – vor allem, wenn sie sich nicht wertgeschätzt und eingebunden fühlen. Ziel muss es daher sein, Einsparpotenziale zu nutzen, ohne Motivation und Innovationskraft zu gefährden.
- Klartext reden – Orientierung geben
Ein häufiges Versäumnis ist die unklare Kommunikation von Zielen und Erwartungen. Bei Umstrukturierungen brauchen die Beschäftigten mehr Orientierung, nicht weniger. Statt diffuser Sparparolen wollen sie Transparenz: Warum wird was verändert? Was bedeutet das für Ziele, Erwartungen und Vergütung? Nur wer versteht, bleibt engagiert.
- Ziele differenzieren, nicht nivellieren
Nicht jede Einheit leistet das Gleiche – also sollten auch nicht alle undifferenziert behandelt werden. Operative Teams optimieren Kosten, Innovationsbereiche liefern Zukunftsbeiträge. HR muss diese Unterschiede im Vergütungssystem abbilden und gezielt honorieren. Ein „Gießkannenprinzip“ bei Zielen, Boni oder Kürzungen untergräbt die Motivation. Entscheidend ist daher ein Zielsystem, das flexibel auf Veränderungen reagiert – und zwar nicht nur einmal im Jahr, sondern auch unterjährig. Doch hier hapert es noch: Nur 58 % der Unternehmen können ihre Ziele unterjährig anpassen, zeigt der aktuelle Global Performance Management Survey von Mercer unter 446 Unternehmen weltweit. Heißt im Umkehrschluss: Fast die Hälfte der Unternehmen läuft mit starren Zielvorgaben durch ein dynamisches Marktumfeld – und wundert sich über sinkende Motivation.
- Schlüsselpersonen erkennen und halten
In der Krise gilt: Weniger Ressourcen bedeuten mehr Belastung für die Falschen – oder mehr Verantwortung für die Richtigen. HR sollte gemeinsam mit den Führungskräften gezielt Schlüsselrollen identifizieren – nicht nur auf Basis der bisherigen Leistung, sondern auch mit Blick auf zukünftige Anforderungen. Für diesen Personenkreis sind gezielte Retention-Maßnahmen erforderlich: Entwicklungsperspektiven, Flexibilität oder monetäre Anreize wie Bleibeprämien oder Aktienoptionen – je nach individueller Lebenssituation und Unternehmenskultur.
- Feedback als Führungsinstrument etablieren
Gerade in Krisenzeiten braucht es Nähe, Wertschätzung und Orientierung. Regelmäßige Performance-Dialoge sind kein Luxus, sondern essenziell – vorausgesetzt, sie verbinden klare Leistungserwartungen mit Coaching und Perspektiven. Deshalb, falls noch nicht geschehen: Weg vom jährlichen Mitarbeitergespräch, hin zu regelmäßigen Check-ins, damit Führungskräfte und ihre Teammitglieder regelmäßig miteinander reden.
Lesen Sie auch die weiteren Teile der Kolumne:
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Deutsche Wirtschaft im Umbruch: Warum es jetzt auf HR ankommt
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Zukunftsfeste Restrukturierung: Kosten senken, ohne die Zukunft zu verspielen
- Variable Vergütung als Steuerungsinstrument nutzen
Statt Boni pauschal zu streichen, sollten sie gezielt eingesetzt werden – etwa für echte Beiträge zu Effizienz, Innovation oder Krisenbewältigung. Wer aktiv zum Turnaround beiträgt, soll dies auch im Portemonnaie spüren.
- Führungskräfte befähigen – Kultur gestalten
Restrukturierung gelingt nicht allein mit Excel. Es braucht Führungskräfte, die kommunizieren, motivieren und Talente erkennen. HR muss sie dazu befähigen – mit Trainings, Tools und klaren Verantwortlichkeiten.
Fazit: In Menschen investieren – auch (und gerade) in der Krise
Performance Management in der Restrukturierung ist kein Controlling-Instrument, sondern ein strategischer Hebel zur Zukunftssicherung. Wer ihn klug nutzt, kann mehr erreichen als bloße Effizienz: Er sichert die Leistungsfähigkeit, bindet Talente und gestaltet den Wandel – nicht nur operativ, sondern auch kulturell.
Der Fall Maschinenbau Müller lehrt: Wer nur spart, verliert. Wer dagegen auf Leistung UND Menschen setzt, kann aus der Krise einen Neuanfang machen.