Daniel Goleman und Cary Cherniss spüren in ihrem Buch Emotionale Intelligenz @Work auf 284 Seiten die entscheidende Rolle der emotionalen Intelligenz (EI) für die Leistung am Arbeitsplatz auf. Während es in Golemans erstem Buch EQ. Emotional Intelligence. Why it can matter more than IQ nur eine starke Vermutung war, heißt es heute: „Jetzt, Jahrzehnte später, sind die Daten überzeugend: Diese EI-Stärken sind von großer Bedeutung für den persönlichen Erfolg und für die Effektivität von Organisationen aller Art, von Kirchen und Schulen über gemeinnützige Organisationen und Behörden bis hin zu Unternehmen und Konzernen jeder Größe.“
Goleman wurde mit dem Buch EQ. Emotional Intelligence bekannt und trug so maßgeblich zur Popularisierung des Konzepts der EI bei. Der US-amerikanische Psychologe und Wissenschaftsjournalist war zudem Herausgeber der Zeitschrift Psychology Today und Redakteur für Psychologie und Neurowissenschaften bei der New York Times. Cherniss ist emeritierter Professor für Angewandte Psychologie an der Rutgers University.
Gemeinsam gründeten sie das Konsortium zur Erforschung emotionaler Intelligenz in Organisationen, nur wenige Jahre
nachdem 1990 der erste wissenschaftliche Artikel zum Thema erschienen war.
Zufriedenheit und Leistung
Das Buch ist in vier Teile mit fünfzehn Kapiteln gegliedert. Während sich der erste Teil mit dem Weg zu optimaler Leistung durch EI beschäftigt, beleuchtet der zweite Teil die Tiefe der emotionalen Intelligenz. Im dritten Teil geht es um EI am Arbeitsplatz und im vierten Teil werfen die Autoren einen Blick in die Zukunft der EI.
Das erste Kapitel beginnt mit der Suche nach unserem optimalen Selbst: Wann fühlen wir uns am wohlsten und produktivsten? Wie fühlt sich ein Flow-Zustand an? Dieser hängt laut den Autoren nicht nur von unseren Fähigkeiten, sondern auch von unserem inneren Zustand ab: „Die grundlegende Fähigkeit der emotionalen Intelligenz besteht darin, sich unserer eigenen Emotionen bewusst zu werden und zu erkennen, wie sie unser Denken, unsere Wahrnehmungen, unsere Erinnerungen und unsere Handlungsimpulse beeinflussen“, heißt es im vierten Kapitel.
Diese Fähigkeit erfordert ein gesundes Selbstmanagement, das im nächsten Kapitel thematisiert wird – mit praktischen Achtsamkeits- und Atemübungen zum direkten Ausprobieren. Goleman vergleicht und reflektiert im Verlauf des Buchs immer wieder seine damaligen Erkenntnisse mit dem heutigen Stand der Forschung. Die Übergänge zwischen den Kapiteln sind fließend und logisch. An manchen Stellen zieht sich die Lektüre allerdings in die Länge. So schweift man stellenweise etwas ab.
Emotional intelligente Führung
Das zehnte Kapitel dürfte für HR von besonderer Relevanz sein: Es geht um emotional intelligentes Führen. Die Aussagen von Cherniss und Goleman werden immer wieder mit Studien, Analysen und Praxisbeispielen aus Unternehmen untermauert.
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Ein Beispiel handelt von BL Companies, ein mittelgroßes Architektur- und Ingenieurbüro, das durch ein Leadership-Programm
mit einem EI-Ansatz für Einstellung und Leistungsbeurteilung, Eigenschaften wie Beziehungsaufbau, Teamarbeit und Einfühlungsvermögen bei seinen Führungskräften deutlich verbessern konnte: „Diese Veränderungen haben wiederum zu Verbesserungen von Unternehmenskennzahlen wie Vielfalt, Engagement und Mitarbeiterbindung, Wohlbefinden der Mitarbeiter, Customer Lifetime Value und schließlich Gesamtleistung und Wachstum des Unternehmens geführt.“
Auch vor persönlichen Anekdoten schrecken Goleman und Cherniss nicht zurück. Im letzten Teil des Buchs werfen die Autoren einen Blick auf eine Arbeitswelt, in der EI synergetisch mit Kreativität, Intelligenz und Sinn eingesetzt wird. Darüber hinaus wird
erläutert, wie EI dabei helfen kann, Dynamiken und Machtverhältnisse innerhalb eines sozialen, politischen oder wirtschaftlichen Systems zu erkennen, zu verstehen und zu durchbrechen. Wer der EI in seinem Team oder Unternehmen bisher wenig Bedeutung beigemessen hat, wird das nach der Lektüre hinterfragen – und mit den richtigen Werkzeugen für
den Wandel hin zu einer emotional intelligenteren Organisation gewappnet sein.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Performance. Das Heft können Sie hier bestellen.