Herr Hermwille, Herr Kühl, was war der Auslöser für den Podcast und wie kam es zur Zusammenarbeit?
Andreas Hermwille: Ich habe an einem von Stefans Forschungskolloquien teilgenommen und erwähnt, dass ich beim Campusradio der Universität Bielefeld mitarbeite. Mein Fokus lag dort auf der Wissenschaftskommunikation: bildhaft und spannend beschreiben, was in der Forschung geschieht. Deswegen war ich sofort dabei, als Stefan Kühl die Idee hatte, gemeinsam einen Podcast über Organisationssoziologie zu machen. Wir haben einen ähnlichen Anspruch an die Materie: sachlich richtig zu bleiben, aber gleichzeitig auch interessant bis lustig zu sein für Menschen, denen Soziologie fremd ist.
Worum drehte sich Ihre erste Folge?
Stefan Kühl: Wir haben mit einer Begriffsdefinition angefangen: Was ist eigentlich Organisation? Und uns weiter mit den Fragen beschäftigt: Was unterscheidet Organisation von Familie oder einer Gruppe von Freunden? Warum erscheinen uns Organisationslogiken oft so wahnsinnig?
Was ging schon einmal gehörig schief?
Hermwille: Unsere vierte Staffel sollte sich erst um die Schriftensammlung von Niklas Luhmann drehen. Wir waren bereits in der ersten Aufnahme, als wir festgestellt haben: Dieses Thema passt nicht zu unserer Dynamik. Wir funktionieren als Podcast mit einer klaren Rollenverteilung: Ich bringe als Journalist die Fragen mit und bin stellvertretend fürs Publikum naiv bis begriffsstutzig. Stefan Kühl erklärt als Experte die Sachverhalte und illustriert sie mit Beispielen. Diese Rollenverteilung lässt sich aber nicht aufrechterhalten, wenn wir uns mit gleichem Kenntnisstand begegnen und offen über Textaussagen diskutieren.
Mit wem würden Sie am liebsten einmal in Ihrem Podcast sprechen?
Hermwille: Wir sind eine stabile Konstellation im Podcast und haben keine Gäste. Aber sollte Niklas Luhmann zum Leben erwachen und eine halbe Stunde Zeit für mich erübrigen können, würde Stefan Kühl vermutlich akzeptieren, dass er für diese eine Folge nicht der Experte ist – oder?
Kühl: Aber nur dann! (lacht)
Im November erschien das Buch Der ganz formale Wahnsinn. Ist dies auch aus einer Essenz des Podcasts entstanden?
Kühl: Das Buch ist eine Sammlung meiner Kolumnen, verbunden mit einer Einordnung, wie man diese einsetzen und lesen kann. Insgesamt sind es Einwürfe zum Management-Diskurs, die dadurch, dass sie als Fremdbeschreibung aus soziologischer Perspektive erfolgen, oft provozierend oder irritierend im Diskurs wirken. Podcast und Buch sind lose gekoppelt – das Buch ist von mir, der Podcast von uns beiden.
Wie kommen Sie auf neue Themen für Ihren Podcast?
Hermwille: Wir orientieren uns in der Regel an Veröffentlichungen von Stefan Kühl oder anderen Soziologinnen und Soziologen. Wenn ich ein Buch oder einen wissenschaftlichen Text als Grundlage habe, wird es leichter, spannende Fragen zu stellen – weil ich dann weiß, mit welchen Antworten ich rechnen kann.
Welche Podcasts hören Sie selbst gern und warum?
Hermwille: Als ein Mensch mit radiojournalistischem Hintergrund freue ich mich über gute Tonqualität und gut recherchierte Fakten. Meine Lieblingspodcasts beschäftigen sich alle mit Geschichte, zum Beispiel Dan Carlin’s Hardcore History. Ich wünschte mir, ähnlich mitreißend erzählen zu können.
Der Podcast zum Reinhören
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Sichtbarkeit. Das Heft können Sie hier bestellen.