Um Experten zu binden, braucht es gleichwertige Alternativen zur Führungskarriere. Wie das bei Otto funktioniert, erklärt Personaldirektorin Sabine Josch.
Im Job vorankommen – für viele ist das gleichbedeutend mit Karrieremachen im klassischen Sinn: Sich vom einfachen Mitarbeiter hocharbeiten, mal ein Team leiten, dann vielleicht eine Abteilung und, wenn es richtig gut läuft, eines Tages sogar Direktor oder Vorstand sein. Die typische Karriereleiter. Doch manche wollen diesen Weg nicht gehen, sie wollen nicht disziplinarisch führen, sondern fachliche Verantwortung übernehmen und Wissen gezielt verbreiten.
Und genau hier wird es spannend: Hat man solche Mitarbeiter mit einem sehr hohen Wissensstand schon im Unternehmen, gilt es sie zu halten. Wenn sich ein Unternehmen nicht um die eigenen Experten kümmert, kümmern sie sich selbst um einen neuen Arbeitsplatz. Dem Unternehmen gehen dann mitunter nicht nur ambitionierte Mitarbeiter flöten, sondern auch ein erfolgskritischer Wissensschatz. Denn echtes Expertenwissen ist eine der wichtigsten Ressourcen im Unternehmen, um dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie fördert man nun solche Wissensträger? Mit Unmengen an Seminaren? Sicher nicht. Mit der Aussicht auf eine Führungsposition? Nicht alle, die sich weiterentwickeln, wollen gleich Chef sein oder werden. Neben klassischen Führungsrollen sollten Unternehmen die Experten fördern.
Zwischen disziplinarischen Führungsrollen und fachlichen Expertenrollen trennen
Auf dem Weg von der „klassischen“ hin zur agilen Organisationsform müssen Unternehmen „one size fits all“-Ansätze in Bezug auf die Karriereplanung über Bord werfen. Um Experten zu gewinnen und zu binden, braucht es eine attraktive und vor allem gleichwertige Alternative zur Führungskarriere.
Wie diese aussehen kann, haben wir bei Otto vor zwei Jahren erfolgreich getestet und nun in dem Regelbetrieb überführt. Neben disziplinarischen Führungsrollen gibt es nun auch fachliche Expertenrollen. Das heißt, dass es neben der klassischen Karriere von Teamleitung über Abteilungs- und Bereichsleitung hin zum Direktor auch die Expertenkarriere gibt. Heißt also auch: aufsteigen, ohne Chef zu sein oder Kollegen zu führen, dafür aber die Gelegenheit erhalten, sich als Experte im jeweiligen Fachgebiet zu positionieren und relevante Entscheidungskompetenz zu besitzen.
Drei Level der Expertenkarriere : Professional Expert, Senior Expert und Principal
Innerhalb der Expertenkarriere gibt es drei Level. Den Professional Expert, den Senior Expert und den Principal. Was ist der Unterschied dieser drei Level? Professional Experts sind ausgewiesene fachliche Experten in ihrem Spezialthema, die die fachliche Expertise in ihrem Unternehmensbereich stärken. Dagegen sind der Senior Expert und der Principal aus dem Unternehmensbedarf geschaffene Top-Expertenstellen. Grundvoraussetzung für beide Level ist stets die strategische Relevanz der Stelle. Diese wird hauptsächlich anhand ihrer Einzigartigkeit sowie Unverzichtbarkeit für den Erfolg von Otto festgemacht. Während der Senior Expert seine tiefe Kernkompetenz in einem definierten Aufgabengebiet bereichsübergreifend einbringt, hat der Principal eine überfachliche Kompetenz auf sehr hohem Niveau und bedient die gesamtunternehmerische Ebene.
Ein zentraler Anspruch hierbei ist, dass Führungskräfte und Experten auf gleichem Karrierelevel mindestens auf der gleichen Ebene aufgehängt werden. Dadurch wird die Gleichwertigkeit zwischen den beiden Karrierewegen untermauert und den Experten Wirksamkeit und Sichtbarkeit erleichtert.
Impulsgeber, Berater und fachlicher Koordinator
Was sind nun genau die Anforderungen an die Experten? Für diese Gruppe an Kollegen bedeutet die neue Position nicht nur, Experte auf einem bestimmten Wissensgebiet zu sein, sondern dieses aktiv zu verbreiten. Neben einer individuellen Entwicklung ist es das Ziel, Wissen an den richtigen Stellen im Unternehmen zu platzieren und die Experten viel stärker in Entscheidungen einzubeziehen, als es bisher der Fall war. Damit verbunden ist auch, dass sich Führungskräfte vermehrt aus der fachlichen Verantwortung zurückziehen und Experten in den betreffenden Themen stärker in den Lead gehen.
Diese werden intern wie extern als solche angefragt und bringen sich in ihrem Bereich, aber auch unternehmensweit in Entscheidungsprozesse ein. Gerade in Bereichen des schnellen technologischen Wandels braucht es Menschen, die mit Leidenschaft für ihr Wissensgebiet brennen und es inhaltlich perfekt ausgestalten können. Sie sind also als Berater, Multiplikator, Mentor, Impulsgeber, Repräsentant und fachlicher Koordinator unterwegs.
Die Einführung von fachlichen Expertenrollen sowie auch die Einführung agiler Organisationsstrukturen mit entsprechenden agilen Führungsrollen, wie dem Scrum Master oder dem Product Owner, stärkt ein Unternehmen nach innen und nach außen. Natürlich verändern sich somit auch die klassischen Führungskräfte. Doch durch Veränderungen treiben Unternehmen Innovationen voran. Nur wer es schafft, Wissen zu verankern und zu treiben, wird dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Es geht letztlich darum, mit dem Expertenwissen an den richtigen Stellen wirksam zu sein. Otto macht digitale Zukunft mit Menschen, die nach ihren speziellen Fachkompetenzen optimal identifiziert, gefördert und eingesetzt werden.