Sind Sie Orchidee oder Löwenzahn?

Selbstmanagement

Für einige Menschen geht es darum, von null auf hundert zu kommen und damit auf dem Sieger­podest ganz oben zu stehen. Doch in einer Zeit, in der unsere Nerven über Gebühr strapaziert wurden, in denen die Menschen an ihre Grenzen kommen und erschöpft sind, geht es in Wirklichkeit für viele beim Thema High Performance erst einmal darum, wieder von null auf eins zu kommen – also das eigene Leistungsniveau zu stabilisieren oder gar aus dem Tal des Leistungstiefs heraus­zufinden.

Kennen Sie das Bild vom Löwenzahn und von der Orchidee? Der Löwenzahn ist eine robuste Pflanze, die auch auf dem härtesten Beton wächst, wohingegen die Orchidee bei der kleinsten Umweltveränderung eingeht. Die meisten von uns sind mehr Orchidee als Löwenzahn. Denn wenn es schwierig wird, geben 75 Prozent der Menschen auf. Was können wir aber tun, um weiterzumachen, auch wenn es um uns herum turbulent wird? Wie können wir unsere Höchstleistung beflügeln, auch wenn wir nicht täglich von der Muse geküsst werden? Wie werden wir also mehr zum Löwenzahn als zur Orchidee?

Mit Strategie vorgehen

Sie müssen nicht in der genetischen Lotterie der guten Eigenschaften gewonnen haben oder eine Superheldin sein, um jeden Tag das Allerbeste aus sich herauszuholen. Es gibt sieben High-Performance-Strategien, die Ihnen helfen, persönliche Bestleistung zu erreichen:

Am Anfang eines Vorhabens brauchen wir Klarheit. Es ist wichtig, dass wir eine Vision haben und das Ziel kennen, das wir erreichen wollen. Doch nur mit einem Ziel vor Augen, wird es schwierig, dort anzukommen. Wir brauchen auch jeden Tag Kraft und Energie, um ausdauernd vorwärtszuschreiten. Es ist wichtig, dass wir unsere inneren und äußeren Antreiber kennen, um motiviert zu bleiben. Das Ziel klärt die Frage, was wir erreichen wollen. Die Antreiber zeigen uns, warum wir das tun. Mit Produktivität und Umsetzungsstärke nutzen wir unsere Zeit ohne unnötige Ablenkung. Wir planen unseren Tag, fokussieren uns und können das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden. Emotionale Stabilität hilft uns, mit Ängsten und Zweifeln umzugehen und wieder ins Vertrauen zu kommen. Vertrauen ist die produktivste Emotion, mit der es uns gelingt, loszulaufen. Mit Mut wagen wir die nächsten Schritte außerhalb der eigenen Komfortzone. Dabei müssen wir nicht die ganze Welt retten, sondern einfach den nächsten Schritt planen. Mit neuen Ideen, die alle vorwärts bringen, begeistern wir unsere Mitmenschen und gewinnen sie für unsere Vorhaben. So üben wir als Vorbild positiven Einfluss aus.

Wie lassen sich diese Strategien umsetzen? Hier sind fünf Tipps:

1. Der Bettkanten-Hack

Zwischen Arbeit und Motivation klafft eine Lücke, in die prima ein Bett passen würde. Kennen Sie auch die Momente, in denen Ihr Wecker klingelt und Sie keinen Elan haben, aufzustehen? Viele Menschen kommen in der Früh nicht aus den Federn. Die Gründe sind vielfältig: schlecht geschlafen, zu viel Stress, die Aussicht auf einen anstrengenden Tag. Mit dem Bettkanten-Hack wird Ihnen das Aufstehen leichter fallen: Setzen Sie sich morgens auf Ihre Bettkante und stellen Sie sich die Frage: Wofür stehe ich heute auf? Überlegen Sie sich drei Dinge, auf die Sie sich freuen, drei Ziele, die Sie vorantreiben wollen, und drei Emotionen, die Sie fühlen möchten. Vielleicht freuen Sie sich auf einen Austausch mit einer inspirierenden Kollegin, das Yoga in der Mittagspause und Ihre Kinder am Abend. Drei Ziele könnten sein, den wichtigen Projektmeilenstein an diesem Tag abzuschließen, das nötige Konfliktgespräch mit einem Kollegen zu führen und die Anfrage beim Vorgesetzten zur Gehaltsanpassung anzugehen. Dafür benötigen Sie vielleicht Mut, Zuversicht und Vertrauen, die im Übrigen auch die produktivsten Emotionen sind. Mit einem Ziel, klarem Verstand und Vorfreude erübrigt sich die Frage: Mach ich heute mit? Denn Sie wissen, wofür Sie angetreten sind. Und damit folgen Ihnen Ihre Beine ganz automatisch aus dem Bett.

2. Der Türrahmen-Hack

Oft hasten wir durch den Tag, erledigen alle Aufgaben unserer To-do-Liste und fühlen uns am Abend erschöpft. Ohne Kraft und Energie wird es schwierig, ausdauernd ein Ziel zu erreichen. Doch mit dem Türrahmen-Hack geht es einfach: Wann immer Sie im Laufe des Tages eine Türschwelle überschreiten, richten Sie die Wahrnehmung auf Ihr Energielevel und fragen Sie sich selbst: Welche Energie habe ich im Moment? Und welche Energie brauche ich für die nächste Tätigkeit? Beantworten Sie die Fragen gern auf einer Skala von null („Ich bin erschöpft“) bis zehn („Ich könnte Bäume ausreißen“). Wenn Sie ins Büro Ihrer Chefin oder Ihres Bosses gehen, um eine wichtige Projektpräsentation zu halten, sollte Ihr Energielevel deutlich höher sein, als wenn Sie abends Ihr Wohnzimmer betreten, um sich auf dem Sofa Ihrer Lieblingslektüre zu widmen. Allein der Fokus auf die eigenen Kraftressourcen lässt uns erfinderisch werden und wir finden einen Weg, unser Energielevel zu erhöhen.

3. Der Mikrofon-Hack

In Zeiten, in denen wir täglich auf negative Schlagzeilen treffen, umgeben wir uns am besten mit motivierenden Menschen. Vermeiden Sie negative Stimmen, Nachrichten und Zeitgenossen. Und hierfür gibt es einen Trick: Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Mikrofon. Das halten Sie jedem Menschen hin, der mit Ihnen spricht. Aber nur Sie allein können die Lautstärke einstellen. Sie allein können bestimmen, wie laut oder leise Sie eine Person hören möchten. Positive Stimmen drehen Sie voll auf, denn diese geben Ihnen Wind unter die Flügel. Negative Stimmen hingegen stellen Sie leise oder gar stumm. Auch wenn Sie von negativen Menschen mit destruktiven Meinungen umgeben sind, Sie haben es in der Hand, ob und wie Sie hinhören möchten.

4. Der Schubladen-Hack

Kennen Sie das Gesetz der offenen Schubladen? Stellen Sie sich eine Kommode mit vielen Schubladen vor. Da wir Menschen neugierig sind, machen wir gern jede Schublade auf. Je mehr Schubladen wir öffnen, desto komplizierter wird unser Leben, weil jede Schublade eine unerledigte Aufgabe ist, die uns beschäftigt. Viele Menschen haben in ihrem Leben zu viele geöffnete Schubladen. Sie verlieren ihre Leistungsbereitschaft, da sie kaum ein Projekt zu Ende bringen. Die Kunst liegt darin, Schubladen zu schließen, statt immer neue aufzumachen. Fokussieren Sie sich auf nur drei Aufgaben. Wenn Sie in einer Sache erfolgreich sein wollen, dürfen Sie nicht tausend andere Sachen machen. Denn der Erfolg liegt nicht im Ja-, sondern im Neinsagen.

5. Der High-five-Hack

Eigene Wertschätzung ist der Schlüssel zum Erfolg. Doch oft sehen wir das, was nicht funktioniert. Oft haben wir die schwarze Brille auf, sind selbstkritisch und stehen im Mangel. Um neue Ziele Wirklichkeit werden zu lassen, benötigen wir unsere eigene Wertschätzung. Wie oft geben wir anderen Menschen ein High five, um auszudrücken, dass wir uns über ihren Erfolg freuen? Warum tun wir das nicht einfach für uns selbst? Geben Sie sich das nächste Mal, wenn Sie vor einem Spiegel stehen, selbst ein High five, für das, was Sie an diesem Tag erreicht haben. Auch wenn der Tag aus Ihrer Sicht nicht gut lief: Sie sind aufgestanden, haben versucht, Ihr Bestes zu geben und positive Dinge zu erschaffen. Wenn Sie sich selbst wertschätzen, wenn Sie sehen, wozu Sie fähig sind, steigen Ihr Selbstvertrauen, Ihr Selbstwert und damit Ihre Motivation und Umsetzungsstärke.

Jetzt sind Sie dran!

Wenn es Ihnen gelingt, ein paar der genannten Hacks umzusetzen, können Sie auch in schwierigen Zeiten das Allerbeste aus sich herausholen und mehr Löwenzahn als Orchidee sein. Der Löwenzahn ist vielleicht nicht die schönste Pflanze, aber er schafft es, sich unter widrigsten Umständen erfolgreich zu vermehren!

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Selbstverständnis. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Kathrin Leinweber, Coachin, Speakerin und Autorin

Kathrin Leinweber

Kathrin Leinweber ist Coachin, Speakerin und Autorin von High-Performance. Erfolg ist, was du aus dir machst. Mit simplen Hacks zur persönlichen Bestleistung. Sie hat Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität Dresden studiert und diverse internationale Coaching-Ausbildungen unter anderem als High Performance Coach absolviert.

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