In Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung verändert sich die Arbeitswelt zunehmend. Mit steigendem Arbeitstempo, dem zunehmenden orts- und zeitunabhängigen Arbeiten über Ländergrenzen hinweg sowie der großen Informationsflut unterliegen Beschäftigte großen Belastungen. Für erfolgreiche Unternehmen wird es daher unverzichtbar, zeitgemäße Angebote im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) anzubieten, um die Gesundheit sowie das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern.
Herkömmliche BGM-Maßnahmen wie zum Beispiel die klassische Rückenschule oder Ernährungs-Workshops wirken häufig unattraktiv auf den Großteil der Belegschaft. Lediglich gesundheitsaffine Mitarbeiter fühlen sich angesprochen, nicht aber die Beschäftigten mit Risikofaktoren, die sich bislang nicht für Gesundheitsangebote interessiert haben. Doch insbesondere diese Zielgruppe wollen Unternehmen mit dem BGM erreichen. Sie sollten daher ein zeitgemäßes BGM-Paket schnüren, das analoge Angebote mit digitalen Lösungen ergänzt.
Relevante Qualitätskriterien bei Anbietern von betrieblichem Gesundheitsmanagement
Dabei ist es für Unternehmen eine Herausforderung, die Qualität der BGM-Anbieter zu beurteilen, fehlt es doch an anerkannten Standards der Qualitätstransparenz. Diese Qualitätskriterien können bei der Entscheidung helfen:
- DIN-Zertifizierung: Bisher gibt es im BGM noch keine allgemeingültige Zertifizierung. Die „DIN EN ISO 9001 Zertifizierung“ oder auch die „DIN SPEC 9120 Betriebliches Gesundheitsmanagement“ stellen jedoch zumindest einen Qualitätsrahmen dar.
- Zertifizierung nach §20 SGB V: Gesetzliche Krankenversicherungen fördern Präventionskurse im Rahmen der vier Handlungsfelder Ernährung, Bewegung, Stress und Sucht. Der GKV-Leitfaden Prävention (PDF) legt die Anforderungen und Qualitätskriterien der Präventions- und Gesundheitsförderungsleistungen durch den GKV-Spitzenverband Bund fest. Ein einheitliches Verfahren zur Zertifizierung von Leistungsangeboten soll insbesondere eine übergreifende Qualitätssicherung gewährleisten.
- Formale Qualifikation als Trainer (Aus- und Weiterbildung): Handelt es sich um einen analogen BGM-Kurs, wie ein Anti-Stress-Seminar, sollte auf die Qualifikation des Trainers geachtet werden; liegt eine entsprechende Aus- oder Fortbildung vor?
- (Fremd-)Evaluation: Nicht alle Anbieter halten, was sie versprechen. Eine (Fremd-)Evaluation untersucht die Wirksamkeit und den Nutzen der angebotenen Leistung und stellt somit ein wichtiges Qualitätsindiz dar.
- Nachprüfbare Referenzen: Repräsentative Referenzen einer Krankenkasse oder eines anderen Unternehmens, das bereits positive Erfahrungen mit dem Angebot gemacht hat, können Ihnen individuelle Eindrücke schildern.
- Kooperationspartner: Erkundigen Sie sich, ob der Anbieter bereits mit namhaften Personen oder Organisationen kooperiert.
- Bonität: Die Überprüfung der Bonität gibt Auskunft über die wirtschaftliche Situation des BGM-Unternehmens und ermöglicht, die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls einzuschätzen.
- Datenschutz: Hält der Anbieter die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein, zum Beispiel in Form einer eigenen Datenschutzerklärung? Hierbei sollte er beispielsweise Grundsätze der Datensparsamkeit, Authentisierung, Zugriffskontrolle oder auch der Datenweitergabe (wie zu Werbezwecken) beachten.
- Publikationen: Existieren Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, gegebenenfalls mit Instituten oder Hochschulen, so kann dies ein weiteres Qualitätskriterium darstellen.
- Mitgliedschaft in Vereinigungen: Mitgliedschaften, zum Beispiel im Bundesverband für Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) oder der Gesellschaft für Prävention können Informationen über den Dienstleister bereitstellen.
Digitale BGM-Anwendungen: Worauf sollte man achten?
Die aufgeführten Kriterien beziehen sich primär auf analoge BGM-Anbieter. Doch worauf achtet man bei der Auswahl von digitalen BGM-Anwendungen? Täglich dringen neue E-Health-Lösungen auf den Markt, die auch im betrieblichen Gesundheitsmanagement Anwendung finden könnten. Doch nicht alle Angebote bringen tatsächlich positive Versorgungseffekte mit sich. Aufgrund der stetig wachsenden Anzahl digitaler Gesundheitsangebote besteht die große Herausforderung, den Überblick über Nutzen und Qualität zu behalten. Daher bedarf es bei digitalen Angeboten klar definierten Richtlinien, um eine Qualitätstransparenz zu ermöglichen. Das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) ermöglicht den sogenannten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) nicht nur den Eintritt in die Regelversorgung, sondern schafft auch einen gesetzlichen Rahmen für das Verfahren zur Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis nach § 139e SGB V. Ergänzend dazu formuliert der erst kürzlich vom Bundesministerium für Gesundheit vorgelegte Referentenentwurf „Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung“ (DiGAV) konkrete Kriterien sowie Mindestanforderungen an die DiGA-Hersteller. Da digitale Gesundheitsanwendungen unter anderem das Potenzial haben, die Prävention von Erkrankungen sowie Gesunderhaltung im Setting Betrieb zu fördern, können Unternehmen ausgewählte Kriterien der DiGAV in komprimierter Form auch zur Beurteilung digitaler BGM-Angebote heranziehen. Dabei sollten sie insbesondere folgende Aspekte berücksichtigen:
- Sicherheit und Funktionstauglichkeit
- Datenschutz und -sicherheit
- Positive Versorgungseffekte durch medizinischen Nutzen (zum Beispiel Verbesserung des Gesundheitszustands, Verkürzung der Krankheitsdauer) oder patientenrelevante Verfahrens- und Strukturverbesserungen (zum Beispiel Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten)
- Interoperabilität
- Nutzerfreundlichkeit durch leichtes und intuitives Bedienen der Anwendungen
In Ergänzung zu den aufgeführten DiGAV-Kriterien können zudem folgende Aspekte weitere Indikatoren für die Qualität digitaler BGM-Anwendungen darstellen:
Die aufgeführten Qualitätskriterien stellen sowohl für analoge als auch digitale BGM-Lösungen lediglich eine Momentaufnahme dar und sind nicht als statisch zu betrachten. Insbesondere aufgrund der kurzen Innovationszyklen bei digitalen Anwendungen werden sich neue beziehungsweise weitere Anhaltspunkte ergeben. Letztendlich ist jedes Unternehmen ebenso wie die Beschäftigten individuell, weshalb Arbeitgeber passende BGM-Angebote für die jeweiligen (Risiko)Zielgruppen wählen sollten. Die beschriebenen Qualitätskriterien können den Verantwortlichen als Orientierungshilfe im Dschungel der BGM-Anbieter dienen.