Vom 10. bis 13. Oktober 2023 war Stockholm erneut Gastgeber für den Inner Development Goal Summit. Das hochkarätige Ereignis versammelte Köpfe aus Forschung, Politik, sozialer Innovation und Praxis. Etwa 1.500 Teilnehmende trafen sich vor Ort. Zeitweise waren bis zu 3.000 Menschen online von allen Kontinenten zugeschaltet. Die IDG-Bewegung wird maßgeblich von den Praxis-Hubs getragen, von denen es mittlerweile weltweit über 400 gibt. Auch in Deutschland wächst die Hub-Bewegung. Je nach Ausrichtung setzen sich die einzelnen Gruppen mit bestimmen Aspekten der IDGs auseinander. Ein neuer Praxis-Hub entsteht in Berlin.
Die Inner Development Goals (IDGs) wurden im Jahr 2019 ins Leben gerufen. Sie zielen darauf ab, die Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, Sustainable Development Goals (SDGs), effektiver umzusetzen. Im Mittelpunkt steht die Nachhaltigkeitsentwicklung von Personen, Gruppen, Teams und Organisationen. Die Gründungsinitiative folgt der zentralen Hypothese: Angesichts der aktuellen Verzögerung bei der Umsetzung der SDGs im Vergleich zum Zeitplan der Agenda 2030 braucht es aus allen gesellschaftlichen Bereichen eine wesentlich größere Anzahl von Akteuren, die sich diesen Zielen stellen. Wir brauchen mehr Menschen, die langfristig und umfassend denken und handeln, um damit den dringend erforderlichen Wandel in allen Bereichen voranzutreiben. Der 2019 gesetzte Impuls hat sich mittlerweile mit den IDGs zu einem breiten Movement entwickelt. Zahlreiche Unternehmen, sind bereits an Bord und überdenken ihre Transformationsagenda entlang der IDGs. So konnte man auf dem Summit eindrucksvoll konkrete Ansätze erleben. Die IDG-Bewegung gewinnt an Fahrt.
Ein weltweites Netzwerk
Das Ziel des Summits bestand darin, das komplexe Zusammenspiel zwischen Forschung und der praktischen Umsetzung der IDGs in Organisationen zu untersuchen und die Wirksamkeit herauszuarbeiten. Die Praxisgruppen, sogenannten IDG-Hubs, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die Hubs, von denen es weltweit bereits über 400 gibt, haben sich zu einem eigenständigen Strang der IDG-Bewegung entwickelt. In verschiedenen Kreisen, wie der „Practioner Groups“, diskutieren Mitglieder Fragen im Zusammenhang der IDGs und gestalten so maßgeblich Themen und Inhalte. Dies unterstreicht das Anliegen und den grundlegenden Charakter der IDG-Bewegung, als ein Open-Source-Ansatz.
Die Arbeit der Hubs
Die IDG-Hubs sind selbstorganisierte Gruppen, die sich intensiv mit dem IDG-Rahmen auseinandersetzen und diesen in der Praxis erproben. Einige Gruppen widmen sich einzelnen Aspekten, wie beispielsweise der Dimension „Sein – Innere Kompass“ oder untersuchen im Bereich „Community Building“ die Stellhebel positiver Zusammenarbeit und interkultureller Kompetenz. Entsprechend des spezifischen Ansatzes kam es am 23. August 2023 zur Gründung des IDG Business Hub Berlin. Die Berliner Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, Unternehmen an das Thema Inner Development im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsagenda heranzuführen. Dabei spannt der Hub den Bogen weit auf das umfassende IDG-Framework: Die Gründer und Gründerinnen des Hubs, Marlen Nebelung, Jörg Reckhenrich, Antoinette Beckert und Dorothe Liebig gehen davon aus, dass sich kein Unternehmen der Nachhaltigkeitsdebatte entziehen kann, sowohl auf der strategischen als auch insbesondere der Leadership Ebene. So stellt der IDG Business Hub Berlin die Grundfrage: Welche Haltung, Handlungsansätze und Ideen brauchen Unternehmen, um die anstehende Transformation in Richtung Nachhaltigkeit erfolgreich umzusetzen? So lautet das Credo des Hubs: Führungskräfte sind Pioniere! Für die Entwicklung von Organisationen müssen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) mit Haltung (IDGs) zusammengedacht werden.
Konkret ansetzen
Spannend war es anlässlich des Summits in Stockholm zu sehen, wie diese Themen in der unternehmerischen Praxis Einzug halten. Auf einem Panel mit dem Titel „Living the IDGs in the Corporate World“ berichteten Vertreter von Novartis, IKEA und Icebug über ihre Ansätze. Ähnlich wie bei der Dynamik der Hubs, in denen die Aneignung der IDGs ganz unterschiedlich und je nach Bedarf angegangen wird, entstand ein breitgefächertes Bild. Die auf dem Summit veröffentlichte Studie „White Paper #1 – focus on corporates“ vermittelt anhand verschiedener Cases detaillierte Einblicke. So wählte IKEA demnach einen offenen Ansatz, entsprechend seinem Geschäftsmodell als Franchise unabhängiger Einzelunternehmen. Tina Molund als Co-Working Engagement Leader bei der IKEA Group äußert sich in der Studie wie folgt: „Wenn du in einem solchen System versuchst von oben zu steuern, dann geht das nach hinten los. Engagement und Ownership sind der Schlüssel.“ Entsprechend seien an verschiedenen Stellen, wie zum Beispiel mit einem Flagship Leadership Programm, Impulse gesetzt worden, um die Lernziele an die IDG-Skills anzupassen. Franchise Geschäftsmodelle seien anfällig für internen Wettbewerb. Mit Blick auf die IDGs meint Jenny Hjalmar Åkerblad, Talent and Development Manager bei IKEA: „Wir müssen uns darauf konzentrieren, zusammenzuarbeiten, gemeinsam etwas zu schaffen und uns gegenseitig ergänzen. Das Wettbewerbs Mindset muss verschwinden.“
Google, ein weiterer Partner der Studie, stellte die Frage: Wie bleibt das Unternehmen weiterhin zukunftsfähig? Michiel Bakker, Vice President of Global Workplace drückt es so aus: „Die IDGs sind sehr, sehr hilfreich, um über die Zukunft nachzudenken. Es geht nicht nur um das Innere eines Menschen, sondern auch um das Innere einer Organisation.“ Google verändere sich. „Wir waren ein skalierbarer Dienstleistungsanbieter und entwickeln uns nun zu integrierten Lösungsarchitekten. Welche Kompetenzen werden uns zukünftig helfen?“ fragte Bakker. Er und sein Team haben beispielsweise drei bis vier geschäftskritische IDG-Kompetenzen identifiziert und den unternehmerischen Herausforderungen angepasst. In weiteren Schritten gehe es für ihn darum, über IDG bezogene Ziele und Incentivierung für Führungskräfte und Teams nachzudenken und diese festzulegen. „Wenn es in den KPIs der Führungskräfte steht“, so Bakker, „werden sich viele Leute darauf einlassen.“
Wie das Spannungsfeld SDGs und IDGs in Unternehmen umgesetzt werden kann, wie Nachhaltigkeitsziele mit Führung verbunden werden müssen, ist Thema einer IDG Werkstatt, welche im April 2024 in der Nähe von Berlin mit Unternehmen im Rahmen des IDG Business Hub Berlin stattfindet. Eines ist sicher: das Thema: Nachhaltigkeit und Führung braucht jede Menge Pioniergeist!
Über die IDGs:
- Der IDG-Ansatz eröffnen Unternehmen neue Möglichkeiten, ihre strategische Agenda, Unternehmenskultur und Leadership Praxis stärker in Richtung UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) auszurichten.
- Die IDGs sind kein „One Size fits all“-Modell für Unternehmen. Ganz im Gegenteil braucht es den offenen Dialog im Unternehmen, um den passenden Anknüpfungspunkt zu finden.
- Konkrete IDG-Experimentierfelder, die sich an strategischen Fragen des Unternehmens ausrichten, bieten Raum für Erfahrungen und Entwicklung.
- Die entstandenen IDG-Hubs sind als übergeordnete Experimentier-Landschaft zu verstehen, in der unterschiedliche IDGs in verschiedener Weise in Anwendung gebracht werden.
- Die IDG-Bewegung hat Fahrt aufgenommen und kann von Personen und Organisationen in den IDG-Hubs vor Ort kennen gelernt
- Der IDG Business Hub Berlin plant im April 2024 ein erstes IDG-Format für Führungskräfte in der Nähe von Berlin.