Können (ehemalige) Beschäftigte die Herausgabe von Kopien dienstlicher E-Mails verlangen, in denen sie erwähnt sind? Ob dies vom Auskunftsanspruch nach der DSGVO gedeckt ist, darüber hatte jetzt das BAG zu entscheiden.
Immer häufiger stellen Arbeitgeber fest, dass Beschäftigte bei Verhandlungen und Prozessen um eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses sowie die Höhe einer Abfindung die Möglichkeiten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nutzen, um zusätzlichen Druck aufzubauen. Das allen zustehende Recht auf Einsicht in die personenbezogenen Daten und die Herausgabe einer Kopie steht auch Beschäftigten gegen dem Arbeitgeber zu. Je nach Umfang dieses Anspruches kann dies für den Arbeitgeber zu erheblichen Belastungen führen. Mit Spannung wurde daher eine Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichtes (2 AZR 342/20) zu dieser Frage erwartet.
Der Kläger war bei der Beklagten als Wirtschaftsjurist beschäftigt und nach wenigen Wochen innerhalb der Probezeit gekündigt worden. Im Rahmen des Rechtsstreites über den aus kündigungsschutzrechtlicher Sicht eigentlich einfachen Fall hatte der Kläger seine Ansprüche aus Art. 15 DSGVO auf Auskunft über seine vom Arbeitgeber gespeicherten personenbezogenen Daten wie auch einen Anspruch auf Herausgabe von Datenkopien gestellt. Pikant an der Angelegenheit war, dass er unter Datenkopie die Herausgabe aller Kopien seines E-Mail-Verkehrs wie auch der dienstlichen E-Mails verlangte, in denen er namentlich erwähnt war.
Das Arbeitsgericht wies die Klage auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten ab. Das Landesarbeitsgericht gab ihr teilweise statt und stellte fest, dass der Kläger zwar einen Anspruch auf eine Kopie seiner personenbezogenen Daten habe, nicht aber auf die darüber hinaus verlangten Kopien der E-Mails.
Mit seiner Revision zum BAG hatte der Kläger keinen Erfolg. Allerdings dürfte die Begründung, soweit diese aus der Pressemitteilung des BAG ersichtlich ist, viele enttäuscht haben. Zwar lehnte das BAG die Herausgabe der E-Mails in dem konkreten Fall ab, begründete dies allerdings ausschließlich mit prozessualen Erwägungen. Zu der Frage, ob E-Mails überhaupt herauszugeben sind, musste sich das BAG dementsprechend nicht äußern. Klargestellt hat es allerdings, dass der Kläger jedes Dokument, jede E-Mail, die er herausgegeben haben möchte, so genau bezeichnen muss, dass dies im Vollstreckungsverfahren überprüft werden kann.
Nicht beantwortet wurde die eigentlich entscheidende Frage, welchen Umfang der Auskunftsanspruch und der Anspruch auf Herausgabe einer Datenkopie haben. Muss der Arbeitgeber tatsächlich sämtliche E-Mails, die eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer versandt oder erhalten hat oder in denen sie oder er auch nur namentlich erwähnt wurde, in Kopie zur Verfügung stellen? Mehr noch, muss er diese bearbeiten, das heißt, die personenbezogenen Daten anderer Beschäftigter schwärzen? Diese Fragen bleiben weiterhin offen. Das LAG Baden-Württemberg hat in einem ähnlich gelagerten Fall aus dem Dezember 2018 dem Anspruch eines Arbeitnehmers auf Auskunft und auch auf Kopien von E-Mails weitgehend stattgegeben. Das LAG Niedersachsen hat in der Vorinstanz einen solchen Anspruch abgelehnt. Die Unsicherheit für die Arbeitgeberseite bleibt.
Zwar hat das BAG vermeintlich die Position der Arbeitgeberseite gestärkt, indem es verlangt, dass jedes einzelne Dokument, welches als Datenkopie herausgegeben werden soll, konkret bezeichnet werden muss. Das ist natürlich in der Praxis für den Kläger beziehungsweise die Klägerin sehr aufwendig. Er oder sie wird nicht jede E-Mail benennen können, am einfachsten vielleicht noch die, die er oder sie ohnehin schon hat, sodass ein Anspruch eigentlich ins Leere ginge. Andererseits hat das BAG den Weg gewiesen, in dem es ausdrücklich auf die Stufenklage hingewiesen hat. Danach kann die Klägerin oder der Kläger zunächst einen prozessualen Auskunftsanspruch stellen und dann auf der Basis der Auskunft eine genau bezeichnete Herausgabe verlangen. Die Richtigkeit der Auskunft muss der beklagte Arbeitgeber gegebenenfalls an Eides statt versichern. Offen bleibt aber die eigentliche Frage, wieweit der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO reicht. Muss der Arbeitgeber nämlich über alle E-Mails der oder des Beschäftigten zuzüglich derer, in denen die Person namentlich erwähnt wird, Auskunft erteilen, dann bleibt es beim aufwendigen Verfahren für den Arbeitgeber.
Arbeitgeber sind weiterhin gut beraten, eine entsprechende datenschutzrechtliche Organisation vorzuhalten, die es ihnen ermöglicht schnell, das heißt, innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist von einem Monat, auf einen Auskunftsanspruch von Beschäftigten oder ehemaligen Beschäftigten reagieren zu können. Ob zu Auskunft und Datenkopie auch die E-Mails hinzuzählen, ist weiterhin unklar und noch von der Rechtsprechung zu klären. Bleibt zu hoffen, dass die Gerichte sich dabei von den eigentlichen Schutzzwecken der DSGVO leiten lassen.