Den Wertschöpfungsfaktor Mensch sichtbarer zu machen, sollte Teil eines modernen Personalcontrollings sein. Doch das ist häufig noch nicht so, wie eine Studie zeigt. Das liegt auch daran, dass dem Ansatz meist nicht der entsprechende Stellenwert eingeräumt wird.
In der heutigen Wissensgesellschaft stellen Mitarbeiter einen großen Wertschöpfungsfaktor für Unternehmen dar. Diesen Wert versuchen Wissenschaftler schon seit geraumer Zeit in verschiedenen Ansätzen messbar zu machen. In der Praxis sollten sich diese Ansätze im Personalcontrolling wiederfinden – was sie aber häufig nicht tun. Denn obwohl der Bereich seit 20 Jahren von Personalern diskutiert wird, konnte er sich im Berufsalltag immer noch nicht durchsetzen. Haufe hat sich näher mit der Disziplin beschäftigt und in Zusammenarbeit mit der Hochschule RheinMain Anfang dieses Jahres eine Studie zum Status Quo durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigen: Personalcontrolling führt immer noch ein Nischendasein und es werden kaum Daten zur Effektivität und Effizienz der Personalabteilungen erhoben.
Ernüchternder Befund in Sachen Personalcontrolling
Fakt ist, dass aktuell nur drei Prozent der Kapazitäten in HR-Abteilungen für Aufgaben rund um Personalcontrolling bereitgestellt werden. Diese drei Prozent werden in den meisten Fällen für das Reporting für Geschäftsberichte und für den Betriebsrat genutzt – wobei dies streng genommen kein Controlling darstellt. Die dafür abgefragten Kennzahlen sind weder in der Lage, die Unternehmensstrategie, noch die operative Umsetzung der Strategie im HR-Bereich widerzuspiegeln. Somit können sie auch nicht als Key Performance Indicators bezeichnet werden. Es sind reine Basiszahlen, wie Mitarbeiterzahl, Überstundenquote oder Fehltage, die wenig die unternehmerische Leistung aufzeigen. Zudem gilt: Dieses Reporting ist eine reine Darstellung der Ist-Situation ohne jeden Steuerungsanspruch.
Der hidden Champion HR-Abteilung
Dabei kann Personalcontrolling einen maßgeblichen Beitrag zur aktiven Führung des Unternehmens leisten. Als Teilbereich des betriebswirtschaftlichen Controllings dient es der zielgerichteten Beeinflussung des Personalmanagements. Mit den gewonnenen Informationen lassen sich eine effiziente Personalplanung und ein optimierter Personaleinsatz realisieren. Ziel ist es, die richtigen Mitarbeiter mit den richtigen Qualifikationen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle möglichst kostengünstig, effektiv und effizient einzusetzen.
Beispielsweise wollen aktuell viele Unternehmen ihre Altersstruktur verjüngen. Damit ist schon ein großer Schritt in Richtung eines Personalcontrollings getan: Das Ziel wurde definiert. Jetzt fehlen nur noch die Bestimmung von Maßnahmen und eine klare Kommunikation, damit es auch zur internen Umsetzung kommt. Anschließend schlägt wieder die Stunde des Personalcontrollings: Es kann feststellen, ob die Maßnahmen zielführend sind oder ob eine Kurskorrektur von Nöten ist.
Kickstart mit der richtigen Technologie und bewährtem Know-How
Natürlich bedarf es für ein erfolgreiches Personalcontrolling auch der richtigen Infrastruktur. Das bedeutet für Personalleiter neben dem Einsatz von Primärsystemen, wie Gehalts- und Lohnsoftware, oft auch die Verwendung einer speziellen Controlling-Software. Aktuell sind hier noch viele der Meinung, dass unter dieses Kriterium auch Excel fällt. Gemeinhin ist Excel kein schlechtes Tool für Auswertungen – auch große Unternehmen nutzten es. Doch um wirklich zielführend zu arbeiten, braucht es ein Tool, das auf Datenauswertungen und Analysen spezialisiert ist.
Wichtiger als technische Ressourcen sind aber die menschlichen: Unternehmen müssen bereit sein, mehr als drei Prozent ihrer HR-Kapazitäten aufzuwenden. Deswegen muss zunächst eine Umstellung in den Köpfen der Personaler stattfinden. Sie müssen erkennen, welche Chancen in der Disziplin liegen: Sie ermöglicht die aktive Steuerung des Personalbereichs, schafft durch Systematisierung und Komplexitätsreduktion Transparenz und unterstützt die Personaler damit enorm bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.
Der Ursprung der Abneigung
Die Gründe für die stiefmütterliche Behandlung des Personalcontrollings liegen in der Angst vor hohem Arbeitsaufwand, der sich unter dem Strich nicht auszahlt, und der geringen Zahlenaffinität in HR-Abteilungen. Dabei muss die Disziplin gar nicht unbedingt bei den Personalverantwortlichen angesiedelt sein – das ist nur rein empirisch häufiger der Fall. Es gibt aber auch Unternehmen, in denen das Controlling diese Aufgabe übernimmt. Der Fokus liegt nicht darauf, welche Abteilung dafür zuständig ist – vielmehr geht es darum, dass die handelnden Personen die gleichen Ziele verfolgen und an einem Strang ziehen. Daher kann Personalcontrolling auch in einer Zusammenarbeit von Personalern und Controllern realisiert werden. So wird das nötige Know-how zu Methoden, Daten und Mitarbeitern im Unternehmen vereint.
Blick in die Zukunft: Dunkle Wolken oder eitel Sonnenschein?
Trotz der schwierigen Ausgangssituation lässt sich in den Ergebnissen der Studie die Tendenz zum Ausbau des Personalcontrollings erkennen: 60 Prozent der Befragten gaben dies an.
Tatsächlich hängt die Zukunft des Personalcontrollings allein vom Verhalten der Personaler selbst ab. Denn die Studie zeigt, dass nicht das Personalcontrolling selbst wenig erfolgsversprechend ist, sondern der Umgang damit. Würde es als Möglichkeit der strategischen Steuerung gesehen, entsprechend umgesetzt und durch digitale Prozesse unterstützt werden, hat Personalcontrolling das Potenzial, neben der Optimierung des Personaleinsatzes auch entscheidend zum Unternehmenserfolg beizutragen. Das zeigt sich bei den Vorreitern, die diese Nischendisziplin schon für sich entdeckt haben.
Ende 2015 bis Anfang 2016 befragte Haufe zusammen mit der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden 159 Personaler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, inwiefern sie Personalkennzahlen systematisch erfassen und auswerten. Die Online-Befragung wurde durchgeführt, um einen aktuellen Entwicklungsstand der Disziplin zu treffen und die heute gängige Praxis im Themenbereich Personalcontrolling in Unternehmen der DACH-Region zu erfassen.