Events als Spiegel der HR-Szene

Personalmanagement

Agilität und Partizipation können die digitale Transformation deutlich vorantreiben. Dass Lern- und Konferenzformate längst nicht mehr der starren Frontalhierarchie unterliegen, zeigt, wie gefragt diese Prinzipien sind. Die HR Community ist hier ein gutes Beispiel.

In den letzten Jahren werden die Forderungen nach agilen Strategien, Prozessen und Instrumenten im Personalbereich und nach mehr Partizipation für Mitarbeiter immer lauter. Doch wie sieht der aktuelle Stand aus?

Einblicke in zahlreiche Unternehmen machen deutlich, dass diese Themen zwar praktisch immer auf der Agenda stehen, aber dass bei etablierten Prozessen und Instrumenten nur langsam Kriterien der Agilität und Partizipation Einzug halten. In diesem Beitrag wird nach einer kurzen Analyse der aktuellen Situation in Verknüpfung mit empirischen Befunden ein Transfer anhand aktueller Trends bei HR Events dargestellt.

Unsicherheitsvermeidung als Bremse für die Transformation von Unternehmen

Oftmals erfolgt die Konzeption und Implementierung von Personalprozessen noch aus einer klassischen Grundhaltung heraus – schließlich geht eine tatsächliche Abkehr von Hierarchie und von konservativer Planung mit einem Risiko des Scheiterns und damit mit hoher Unsicherheit einher. Scheitern und Unsicherheitsvermeidung zeichnen uns gerade in Deutschland besonders aus, wie sich auch empirisch eindrucksvoll belegen lässt. Eine der Globe Studien hat unter Berücksichtigung von 17.000 Führungskräften jedoch eindrucksvoll aufgezeigt, dass Deutschland gerade bei Unsicherheitsvermeidung weltweit an der Spitze ist.

Letztlich verfolgt nicht nur im Personalbereich umfangreiche Planung immer auch das Ziel der Vermeidung von Risiken und der Erhöhung von Vorhersehbarkeit. Es ist allerdings unrealistisch und paradox, dass in Zeiten der VUCA-Welt mit detaillierter Planung genau diese Zielsetzung erreicht werden soll. Viel wichtiger ist deshalb die Schaffung von Strukturen, Prozessen und Instrumenten, mit deren Hilfe flexibel auf verschiedenste praktisch nicht planbare Rahmenbedingungen reagiert werden kann.

Veränderung von Eventformaten als Indikator für einen grundlegenden Wandel

Die Transformation innerhalb von Unternehmen ist sicherlich auch aufgrund der angesprochenen Unsicherheitsvermeidung und der Angst vor dem Scheitern noch am Anfang. Es ist allerdings spannend zu betrachten, dass in der letzten Zeit eine Veränderung im Personalbereich im Gange ist, die sich bereits jetzt besonders offensichtlich auf der Ebene der Veranstaltungsformate zeigt.

Die Fokussierung auf klassische Frontalformate mit einem Vortrag nach dem anderen weicht interaktiven, neuen Formaten: Von Expeditionen über Safaris bis hin zu Roadshow und Unconference ist dabei alles möglich. Befindet sich die Personalszene möglicherweise doch im Aufbruch und verändert sich dadurch langsam aber sicher das Mindset vom Personalverwalter zum Personalgestalter?

Übertragung von Erkenntnissen aus dem Design Thinking auf Eventformate

Eine Übertragung von Erfahrungen aus dem Design Thinking ist hier sinnvoll und hilfreich. Im Design Thinking ist der persönliche Austausch in Verbindung mit intensiver Interaktion auf Augenhöhe von essentieller Bedeutung für den Kreativitätsprozess und für alle darauffolgenden Schritte. Ein Transfer dieser Erkenntnisse auf Eventformate der HR-Szene bedeutet folglich, dass ohne den persönlichen Austausch in Verbindung mit intensiver Interaktion auf Augenhöhe keine neuen Ideen und somit keine Transformation in Gang kommen kann.

Dabei spielen gerade in der Phase der Immersion im Design Thinking intensive Beobachtung, neugieriges Nachfragen und eine Haltung der Empathie eine große Rolle, damit die Ausgangslage und die Bedürfnisse wirklich verstanden werden – egal um welche Situation es geht. Das lässt sich sehr gut auf den Bereich der Personalarbeit übertragen, nachdem hier in den letzten Jahrzehnten oftmals eher Planung, Monitoring und Verwaltung im Mittelpunkt standen als die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter beziehungsweise Führungskräfte. Doch mit diesen Bedürfnissen und Wünschen der Mitarbeiter beziehungsweise Führungskräfte kann aus Personalersicht nur gearbeitet werden, wenn eine andere Grundhaltung ebenso wie eine andere Methodik gewählt wird, als es bisher der Fall war.

Und genau hier setzen aktuelle Eventformate an, so dass neue Erfahrungen möglich werden und diese Erfahrungen in die eigene Personalarbeit integriert werden können. Nur durch diese persönlichen und interaktiven Erfahrungen können Berührungsängste vermieden und Hemmschwellen gesenkt werden, so dass Agiltität und Partizipation nicht nur als leere Worthülsen genannt werden, sondern dass sie aktiv von HR und allen anderen Mitarbeitern gelebt werden und Bestandteilt der Unternehmenskultur sind.

Große Bandbreite an Events von der Unconference bis hin zur HR Expedition

Abschließend sollen einige aktuelle Events dargestellt werden, wobei hier aus Gründen der zahlreichen Formate kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht:

  • Ein tolles Beispiel und ein Vorreiter ist zweifellos das HR Barcamp, das seit bereits fünf Jahren in Berlin, Wien und Zürch für Interaktion auf Augenhöhe und intensiven Austausch steht.
  • Die Unconference auf dem Personalmanagementkongress in Berlin entwickelt sich nach dem Auftakt im letzten Jahr ebenfalls umfassend weiter. Am 29. und 30. Juni wird in zahlreichen Sessions die Interaktion im Mittelpunkt stehen – von Epic Fail und Scheitern bis hin zu Holacracy und Agilität ist die Bandbreite an Themen groß. Daneben können auf der New Work Tour Einblicke gewonnen werden, die auf einem klassischen frontalen Kongress nicht möglich wären.
  • Ähnlich verhält es sich bei der HR Expedition, die am 17. und 18. Juli in München stattfindet und auf der im Rahmen einer Bustour zahlreiche Stationen entdeckt werden und intensive Interaktion erlebbar wird.

Diese Formate machen Mut für den Aufbruch in Richtung einer umfassenden Transformation. Wenn Events als Vorboten dieser Transformation angesehen werden, dann sind wir auf einem guten Weg. Wichtig ist allerdings, dass jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden muss – eine Reise ins Silicon Valley und ein Besuch besonders innovativer Startups liefert noch keine übertragbaren Ergebnisse für traditionelle mittelständische Unternehmen oder Großkonzerne. Genau hier kommen Agilität und Partizipation ins Spiel, da die Veränderung nur aufbauend auf und gemeinsam mit den eigenen Mitarbeitern gestaltet werden kann.

Deshalb heißt es umso mehr dranbleiben und umsetzen, schließlich ist die Veränderung in Unternehmen weitaus komplexer und langwieriger als der Besuch inspirierender Eventformate!

Autor Simon Werther moderierte auf dem diesjährigen Personalmanagementkongress die Unconference.

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