Jetzt erst recht: Weichen stellen für die Zukunft

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Warum Unternehmen Coaching mehr denn je brauchen

Viele reden von einer Zeitenwende durch Covid-19. Doch nur wenige sind bereit zu einer echten Trendwende, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, der Weiterbildung höhere Priorität einräumt, und alten Führungsmodellen ein Ende setzt. Ein „weiter so“ wird aber es allein schon deshalb nicht geben, weil die Coronakrise vorhandene Trends schon jetzt beschleunigt hat: hin zu mehr Onlinehandel, Homeoffice und Automatisierung, weg vom traditionellen Einzelhandel, vom Verbrennungsmotor, von Flugreisen und globalisierten Lieferketten. Wie kann ein Unternehmen jetzt gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Partnern und Kunden die richtigen Weichen stellen, um die Krise als Chance zu nutzen?

Nun, zunächst einmal müssen sie die Krise als Chance wahrnehmen können. Es ist nämlich keine Glücksache, wie man eine Krise meistert. Der notwendige Perspektivenwechsel ist nicht einfach so gemacht, wenn Insolvenz, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit drohen. Wieviel haben wir gehört und gelesen von „Jetzt ist die Zeit zum Innehalten, zur Weiterbildung, zum Reflektieren“. In der International Coaching Federation (ICF), dem weltweit größten Verband für professionelles Coaching, werden die Auswirkungen der Pandemie auf die Coaching-Klienten genau beobachtet und diskutiert. Was viele ICF-Coaches bei ihren Klientinnen und Klienten wahrnehmen, ist: bald Verzweiflung, bald blinder Aktionismus, bald „ich muss jetzt mein Überleben sichern“ und „keine Zeit für sowas“. Eltern, die von heute auf morgen wieder zuhause die Kinder beschulen müssen; Führungskräfte, die nur noch über den Bildschirm zu ihren Teams Kontakt halten können; Angestellte, die von heute auf morgen ins Home Office verbannt werden und sich mit Software auseinandersetzen dürfen, von der sie noch nie gehört haben. Das sollen Chancen sein, wo sind die?

Haben Sie jetzt gerade eben gedacht: na klar, da kann doch zuhause eine engere Bindung zu den Kids aufgebaut werden; die Führungskraft braucht ja nur regelmäßige online Termine abhalten, dann sei der Kontakt schon gesichert; endlich kann man sich weiterbilden und in PC und Internet-Welt einlernen? Das können Sie vielleicht, weil Sie von außen auf die Situation draufschauen und nicht involviert sind. Leider ist das keine Coaching Haltung und würde eher vor den Kopf stoßen, wenn Sie mit dieser Einstellung ein Gespräch führen. Die Coaching Haltung und das professionelle Herangehen mit Coaching werden von der ICF durch Ethik-Richtlinien, Coaching-Standards und die acht Kernkompetenzen für Coaches beschrieben. Sehen wir uns nur kurz die Kompetenz-Definitionen an. Die oder der Coach…

  1. Versteht die ethischen Grundsätze und Coachingstandards und wendet sie durchgängig an.
  2. Entwickelt und behält ein Mindset bei, das offen, neugierig, flexibel und klientenzentriert ist.
  3. Arbeitet mit Klienten und relevanten Beteiligten zusammen, um klare Vereinbarungen über die Coaching-Beziehung, den Prozess, die Pläne und Ziele zu treffen.
  4. Arbeitet in Partnerschaft mit Klientinnen, um eine sichere, unterstützende Umgebung zu schaffen, die es den Klientinnen ermöglicht, sich frei einzubringen. Hält eine Beziehung aufrecht, die von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt ist.
  5. Ist voll bewusst und präsent beim Klienten, mit einem Stil, der offen, flexibel, geerdet und souverän ist.
  6. Konzentriert sich auf das, was der Klient sagt und nicht sagt, um ganzheitlich zu verstehen, was im Kontext der Klienten-Systeme kommuniziert wird, sowie um den Selbstausdruck des Klienten zu unterstützen.
  7. Erleichtert der Klientin Einsicht und Lernen durch den Einsatz von Tools und Techniken, wie z.B. wirkungsvolles Fragen, Stille, Metaphern oder Analogien.
  8. Arbeitet in Partnerschaft mit der Klientin, um Lernen und Einsichten in die Praxis umzusetzen. Fördert die Autonomie der Klientin im Coachingprozess.

(Jede der Kernkompetenzen ist ausführlich beschrieben. Den vollständigen Text finden Sie als Download auf der deutschen ICF Seite.)

Die für das obige Beispiel relevanten ICF-Kernkompetenzen für Coaches beschreiben das effektive Kommunizieren und Fördern der Bewusstheit der Klienten: Coaching hilft, sich in eine Übersichtsposition zu bringen, auch und gerade wenn man tief im Problem drin steckt. Und anders als oben suggeriert, halten Coaches keine Lösungen parat, sondern erarbeiten mit der Klientin, dem Klienten deren eigene Lösung, die ganz anders aussehen kann, als Sie und ich uns das jetzt vorstellen.

Viele Werkzeuge und Techniken des professionellen Coachings sind wissenschaftlich fundiert und reduzieren nachweislich Stress. Psychologen sprechen zum Beispiel von sogenannten „Mindset-Effekten“. Alia Crum, Psychologin der Stanford University, fand heraus, dass die Bewertung eines Stressors entscheidend für Stressantwort des Körpers ist. Die unterschiedliche Einstellung ließ sich bei Stresstests bis in die körperliche Reaktion verfolgen. Wer durch Stress-Coaching lernte, den Körper als randvoll mit hilfreicher Energie zu begreifen, konnte bei Tests seine körperliche Stressreaktion tatsächlich mildern. Interpretiere man eine Stressreaktion als hilfreich, so Alia Crum, kreiere man im „Körper nach und nach die Biologie des Muts und der Zuversicht“ und damit Stress-Resilienz.

Coaching hilft Menschen, Geschehenes zu verarbeiten. So genannte Time-Line Arbeit, in der Vergangenes, Gegenwärtiges und auch Zukünftiges sichtbar und erfahrbar gemacht wird, ist nur eines der vielen Coaching-Werkzeuge, das der Klientin ermöglicht, auf ihre ganz spezielle Lebenssituation zu reflektieren und mögliche Szenarien in der Zukunft zu überprüfen. Anders als in einer Therapie, die viele der jetzt Geforderten und manche Überforderten nicht brauchen, wird im Coaching auf die Stärken und Ressourcen der eigenen Selbstwirksamkeit gesetzt, es braucht nichts geheilt werden. Schafft man es jedoch nicht, aus dem Strudel der Grübelei und der Selbstmitleids zu entkommen, kann tatsächlich (seelische und körperliche) Krankheit drohen.

Die eigene Belastbarkeit und Resilienz wird gefördert, auch wenn das Individuum die äußere Umgebung gerade nicht verändern kann. Der Klient erkennt und erarbeitet durch Coaching seine Strategien, wie er gezielt wortwörtlich, das Beste aus der Situation machen kann. Das kann nur ein individueller Weg sein. Wirklichkeit und Realität sind für jede und jeden eben anders – es helfen keine Pauschalangebote und Methoden von der Stange. Das belegt auch die Definition der 8. ICF-Kernkompetenz: Coaches fördern die Autonomie der Klientinnen und Klienten im Coachingprozess.

Coaches helfen Menschen, aus festen Mustern oder Denkweisen herauszukommen. Als Ergebnis dieser Krise denken die Menschen mehr über Sinn und Zweck dessen, was sie tun, nach. Viele werden diese Gelegenheit nutzen, um das Leben und die Arbeit zu verändern und werden Coaches benötigen, die bei der Bewältigung dieser Veränderungen helfen.

Der kleine Betrag, der in das Coaching während einer Krise investiert wird, zahlt sich auch in größeren Gewinnen anderswo aus: Coaching von Managern und Führungskräften sorgt für spürbare Wirkungen in der Belegschaft und im Unternehmen. Organisationen müssen immer mehr in der Lage sein, Spitzentalente zu halten und zu entwickeln. In der heutigen Arbeitswelt sind motivierte Führungskräfte und High Potentials heiß begehrt und haben oftmals die Wahl aus einer Vielzahl von Arbeitsangeboten. Zwischen Unternehmen führt dies zu einem Wettbewerb, der sich nicht mehr nur mit Firmenhandys, Firmenwagen oder einer Spitzenkantine gewinnen lässt. Um begehrte Talente ins eigene Unternehmen zu holen und dort zu halten, müssen neue Anreize geschaffen und ein Mehrwert geboten werden. Coaching, laut Forbes das Employer Branding Tool Nr.1 für 2019, kann genau diesen Mehrwert bieten. Dadurch kann sich das Unternehmen optimal von Wettbewerbern abheben und den Kampf um die besten Talente gewinnen.

Coaching ist die effektivste Methode der Personalentwicklung, um langfristige Verhaltensänderungen bzw. den gewünschten Lerntransfer zu gewährleisten. Dies ist auch im Bewusstsein der Unternehmens-Entscheider angekommen. So zeigen die Ergebnisse einer XING-Umfrage von 2018, dass 66,5% von 750 Befragten in deutschen Unternehmen Coaching bereits als wichtiges Instrument der Personalentwicklung nutzen. Vor allem als strategische Maßnahme bringt Coaching dabei viele Vorteile mit sich, die weit über den Lerntransfer hinaus gehen. Gerade wenn gerade “kein Bedarf” für Coaching gesehen wird, kann das Arbeiten mit einem Coach für Unternehmen durchaus relevant und wichtig sein. Die Studie von Künzli (2005) zeigt, wie viele Vorteile Coaching mit sich bringt. Erhöhte Produktivität, verbesserte Beziehungen zu Mitarbeitern und Stakeholdern, gesteigerte Arbeitszufriedenheit sowie der Abbau von Stress und Belastungen führen dazu, dass positive Veränderungen im Unternehmen angestoßen werden und es im globalen Wettbewerb überzeugen kann.

Fazit: Es führt kein Weg daran vorbei, verstärkt in Bildung und Weiterbildung zu investieren, sowie Forschung und Innovation zu fördern. Diese Krise wird höchstwahrscheinlich zu dauerhaften Veränderungen für Einzelpersonen und Organisationen führen. Coaching ist der beste Weg, diese Veränderungen zu integrieren.

International Coaching Federation (ICF) – 2020 feiert die ICF das 25-jährige Bestehen als globale Organisation für Coaches und Coaching. Die ICF widmet sich intensiv der Förderung der Profession Coaching, indem sie hohe ethische Standards setzt, einen unabhängigen Zertifizierungsprozess aufgesetzt hat und ein weltweites Netzwerk von zertifizierten Coaches über eine große Anzahl von Coaching Disziplinen hinweg aufgebaut hat. Sie hat über 41000 Mitglieder in 147 Ländern, die gemeinsam daran arbeiten, Coaching bekannter zu machen, die Integrität der Profession hochzuhalten und sich stetig durch die neueste Forschung und Praxis weiterzubilden.www.coachfederation.org / www.coachfederation.de

Quellen:

McGovern, J., Lindemann, M., Vergara, M., Murphy, S., Barker, L., & Warrenfeltz, R. (2001): Maximizing the impact of executive coaching.The Manchester Review,6(1), 1-9.

Künzli, H. (2005): Wirksamkeitsforschung im Führungskräfte-Coaching. Organisationsberatung, Supervision, Coaching,12(3), 231-243.

Alia Crum et. al (2013): http://goodthinkinc.com/wp-content/uploads/CrumSaloveyAchor_RethinkingStress_JPSP2013.pdf (zuletzt besucht am 10.6.2020)

XING Coaches + Trainer: “Coaching: Erfolgreiches Instrument der Personalentwicklung?” (2018). https://coaches.xing.com/magazin/whitepaper-coaching-erfolgreiches-instrument-der-personalentwicklung (zuletzt besucht am 07.12.2020)

International Coach Federation: Die ICF Kernkompetenzen, Aktualisierung 2021: https://www.coachfederation.de/icf-d/icf-kernkompetenzen.html (zuletzt besucht am 07.12.2020)

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Richard Grillenbeck, Coach

Richard Grillenbeck

Dr. Ing Richard Grillenbeck ist Coach und Trainer für internationale Teams und Fachkräfte der IT. Der diplomierte Informatiker begleitet seit über 22 Jahren Individuen in Veränderungen und arbeitet in globalen Change Projekten. Seit 2018 ist er Vorstandsmitglied der International Coaching Federation (ICF) in Deutschland. www.business-coach.de

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