Der Unternehmer Gerold Wolfarth nimmt sich für seine Kinder seit 15 Jahren montags einen „Papa-Tag“. Auch seine Frau arbeitet nur vier Tage die Woche.
Herr Wolfarth, Sie haben für sich nach der Geburt Ihrer Tochter einen Papa-Tag eingeführt. Montags sind Sie zu Hause. Warum haben Sie sich dazu entschieden?
Gerold Wolfarth: Der Grund dafür liegt in meiner Kindheit und der Beziehung, die ich zu meinem eigenen Vater hatte. Er war Landmaschinenschlosser, hat oft bis spät abends gearbeitet und hatte nur wenig Zeit für mich. Das habe ich lange als Desinteresse verstanden und mir schon sehr früh vorgenommen: Das machst Du mal anders, besser.
Wie reagierte Ihr Umfeld darauf?
Die Reaktionen darauf haben sich im Laufe der Zeit ziemlich geändert. Zu Anfang kamen Sprüche wie „der Weichei-Papa“ oder, ob man mal wieder Windeln wechseln gehen muss. Mittlerweile sind diese Stimmen aber verstummt und mein Umfeld hat große Achtung davor.
Ihre Frau arbeitet ebenfalls an vier Tagen in der Woche.
Ja, meine Frau ist Partnerin einer Steuerkanzlei. Sie ist sechs Wochen nach der Geburt unserer Tochter wieder in ihren Beruf eingestiegen. Wir haben uns beide für die Vier-Tage-Woche entschieden: Sie nimmt sich freitags frei, ich bin montags da. In der Zeit dazwischen haben wir entweder ein Kindermädchen da oder die Mutter meiner Frau greift uns unter die Arme. Das klappt seit 15 Jahren sehr gut.
Auch wenn Sie selbst eine Vorreiterrolle einnehmen: In Ihrem Unternehmen nutzen nur wenige andere Väter das Angebot. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Es gibt unterschiedliche Gründe dafür, warum Väter sich dagegen entscheiden. Nach wie vor höre ich aber oft heraus, dass viele die Kinderbetreuung als überfordernd empfinden. Gerade die Versorgung eines Säuglings verlangt ja einige Organisation ab, weil die Mutter in dieser Zeit eine so wichtige Rolle spielt: Da muss man morgens dran denken, dass genügend Milch abgepumpt ist, Windeln wechseln, füttern, beschäftigen. Aufgaben, die viele Männer auch heute den Müttern zuordnen.
Nicht alle Väter wollen sich um ihre Verantwortung drücken. In einigen Unternehmen fehlt auch schlicht die Akzeptanz von Arbeitgeberseite, wenn Männer länger ausfallen.
Das ist vielerorts ein Problem. Einige Arbeitgeber denken ja: Jetzt müssen wir nicht nur die Ausfallzeiten der Mütter, sondern auch noch die der Väter überbrücken. Ich komme oft mit anderen Unternehmern zusammen, bin im Xing-Executive-Circle dabei und tausche mich dazu branchenübergreifend aus. Unabhängig von der Branche oder der Unternehmensgröße empfinden Arbeitgeber diese Planungsunsicherheit als Belastung – aber manche Väter nutzen diese strukturellen Probleme eben auch als Ausrede.
Argumentieren Sie nicht aus einer sehr privilegierten Sicht heraus, wenn Sie andere Väter dazu auffordern, weniger zu arbeiten und mehr Zeit mit ihren Familien zu verbringen? Immerhin sind Sie Gründer, CEO und Geschäftsführer einer erfolgreichen Firma. Sie können sich Ihre Arbeitszeiten selbst einteilen.
Ja, ich war allerdings nicht immer in dieser Situation. Sicherlich ist es ein Privileg, dass ich meine Arbeit so organisieren kann, wie ich es gerade tue. Aber diese Bedingungen habe ich mir selbst geschaffen. Ich bin auf einem kleinen Bauernhof aufgewachsen – ausreichend finanzielle Mittel gab es nie. Für das Abitur war kein Geld da, also bin ich in die Lehre gegangen. Mit 29 Jahren habe ich mein Unternehmen gegründet. Als ich dafür einen Kredit aufnehmen wollte, bekam ich keinen, weil es damals einfach nicht zur Zeit passte, ein Bauunternehmen zu gründen. Als meine Tochter 2 Jahre alt war, geriet meine Firma dann in eine handfeste Krise. Wir sind in dieser Zeit viel zu schnell gewachsen und kamen mit der Qualität nicht mehr hinterher…
… Sie haben den Papa-Tag trotzdem beibehalten.
Ja – und wir sind aus dieser Krise wieder raus gekommen und sind heute sehr erfolgreich. Auch wenn ich mir damals vom Banker anhören musste, dass ich mich doch lieber mal mehr um die Firma und nicht um meine Kinder kümmern solle.
Ihre Tochter ist mittlerweile 15 Jahre alt, ihr Sohn ist 12 – da meldet sich die Pubertät mit all ihren Auswüchsen. Haben Ihre Kinder noch Lust auf den Papa-Tag?
Tatsächlich habe ich dazu vor Kurzem ein sehr intensives Gespräch mit meiner Tochter geführt, die momentan in der „Gegen-die-ganze-Welt“-Stimmung ist. Meine Kinder brauchen mich natürlich immer weniger, weil sie selbständiger werden, Dinge eigenständig ausprobieren. Meine Tochter hat mir aber sehr deutlich gesagt, dass sie mich trotzdem weiterhin montags bei sich haben will. Ihr ist diese gemeinsame Zeit wichtig.
Was möchten Sie anderen Vätern mit auf den Weg geben?
Nehmt euch mehr Zeit! Es muss nicht für jeden die Vier-Tage-Woche sein. Das ist nicht der wichtige Aspekt. Man kann auch fünf Tage in der Woche nur sechs Stunden arbeiten oder immer freitags ein paar Stunden früher gehen. Wichtig ist, dass man sich bewusst Zeit nimmt. Und sich aktiv dafür entscheidet.
Gerold Wolfarth gründete seine Unternehmensgruppe als „One-Man-Show“ im zukünftigen Kinderzimmer seines Privathauses. Mit der bk Group, das 365° Objektlösungen anbietet, lenkt Wolfarth ein inzwischen europaweit agierendes Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern im fränkischen Endsee.