Eine ausgeklügelte Technik kann menschliche Fehler nicht verhindern. Katastrophale Entscheidungen, gerade in der Luftfahrt, sind oft das Ergebnis schlecht zusammenarbeitender Teams. Erst ein besonderes Führungsmodell ermöglicht den Wandel.
Jeder kennt ein Team, jeder arbeitet und lebt mit einem Team. Doch: Was macht ein Team eigentlich aus? Was ist überhaupt ein Team? Es gibt kaum ein anderes Thema in Unternehmen, das so unscharf beschrieben und gelebt wird.
In der Verkehrsluftfahrt hat diese Unschärfe bis Anfang der 1980er-Jahre den Irrtum konserviert, die Crew in Cockpit und Kabine sei automatisch ein Team.
Genau dieser Irrtum hat die Unfallzahlen steigen und die Unfallraten stagnieren lassen – trotz immer perfekterer Flugzeugtechnik und stetig verbesserter Ausbildung der Besatzungsmitglieder.
Der fatale Unfall auf Teneriffa im Jahr 1977, bei dem zwei Jumbojets im Nebel beim Start zusammenstießen und bei dem fast 600 Menschen ums Leben kamen, war gleichzeitig ein Auslöser für die Entwicklung des Crew-Resource Managements (CRM). Es gilt heute als das fehlerärmste und effektivste Führungsmodell der Welt.
Fehlerquelle: Einzelkämpfer
Hauptursache, nämlich über 80 Prozent, für diese fatalen Fehler war menschliches Versagen im Team. Warum? Es gab überhaupt kein echtes Team innerhalb der Crews. Es war eine Ansammlung von nebeneinander arbeitenden Menschen, geführt von einem einsamen Helden, dem Kapitän. Die Erkenntnis von der einzelnen Führungsfigur und den nebeneinander und nicht miteinander agierenden Mitarbeitern führte zum grundlegenden Wandel der Führungs- und Arbeitskultur in Cockpit und Kabine.
Airlines, NASA und nationale Luftfahrtbehörden forschten gemeinsam mit Psychologen, Soziologen und Medizinern renommierter Universitäten wie Harvard und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), um eine Lösung zu finden. Erst als es gelang, aus dem einsamen Helden im Cockpit einen Teamleiter eines echten und erfolgreichen Teams zu machen, gingen von 1985 bis heute die Unfallzahlen in der Luftfahrt um 90 Prozent zurück.
Der Wissenschaftler und Autor des Standardwerkes „Leading Teams“, Havard Professor J. Richard Hackman, machte sich daran herauszufinden, welche Voraussetzungen erfolgreiche Teams benötigen. Dazu gehört auch die Frage nach der optimalen Größe eines Teams, die Hackman mit maximal sechs beziffert. Es stellte sich heraus, dass alle Teams mit über zehn Mitgliedern derart ineffizient werden, dass sie die Bezeichnung „Team“ eigentlich gar nicht mehr verdienen.
Die vier Bedingungen für ein echtes Team beschreibt Hackman wie folgt:
- Die Team Aufgabe… ist eine Aufgabe, die nicht von Einzelnen erledigt werden könnte
- Die Team-Zugehörigkeit… ist klar geregelt durch den Teamleiter. Jedem Teammitglied muss klar sein, wer zum Team gehört.
- Die Team-Autorität. Es ist klar festgelegt, was das Team alleine, ohne die Führungsfigur, entscheiden kann.
- Die Team-Stabilität. Die Team-Mitglieder wechseln selten.
Ohne diese Voraussetzungen braucht man über den Erfolg im Team gar nicht erst nachzudenken. Ist einer der Punkte nicht erfüllt, so existiert kein echtes Team.
Doch: Welche Faktoren machen ein Team erfolgreich? Die Forschungsergebnisse des Harvard-Wissenschaftlers Hackman sind auch dazu eindeutig:
- Es muss sich um ein echtes Team handeln. (siehe oben)
- Es muss ein erstrebenswertes Ziel geben. Dazu gehört eine klare Vorstellung aller Teammitglieder von der zu leistenden Arbeit und dem dazugehörigen Ziel.
- Es muss eine Geeignete Struktur geben. Neben einer geeigneten Arbeits- und Kompetenzstruktur braucht ein Team eine klare Rollenverteilung.
- Es muss eine Fördernde Organisation geben. Dem Team müssen ausreichend Ausstattung, Zeit und Raum zur Verfügung stehen. Das Team muss wissen, welchen Wert seine Arbeit im Unternehmen hat. Ein eventuelles Bonussystem im Unternehmen muss teambezogen sein und nicht Individualisten fördern. Das System muss zudem klar die konkrete Teamarbeit belohnen.
- Es bedarf eines Team-Trainings. Regelmäßiges Coaching der Teamarbeit.
Und auch gilt: Alle Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Team erfolgreich ist.
Hackman widmete einen großen Teil seiner Forschung dem Managementsystem CRM und trug so wesentlich zur Erfolgsgeschichte dieses Führungsmodells bei. Nicht nur alle namhaften Airlines weltweit setzen das CRM ein. Auch die Medizin und andere Branchen haben seinen Wert für eine fehlerarme Teamleistung erkannt. In Zeiten von Globalisierung, Digitalisierung und zunehmenden Prozessgeschwindigkeiten gewinnt CRM für viele Unternehmen immer mehr an Bedeutung.