Jede Veränderung beginnt mit einem Gedanken. Hier sind sieben zu Differenz.
Gleicher Wissensstand
Diversität – und damit Differenz – ist kein Trend, sondern ein Fachgebiet. Um damit zu arbeiten, braucht es für alle eine verständliche Definition, Wissen über Diskriminierung und gute Bedingungen, um offen darüber zu sprechen. Was also ist Diversität? Sie steht für eine Vielzahl an Merkmalen wie Geschlecht, Aussehen, sexuelle Orientierung, Alter, Lebensphasen, Familienstatus, soziale oder regionale Herkunft, Bildungsgrad, Religionszugehörigkeit, Nichtbehinderung oder Behinderung, physische oder psychische Verfasstheit und unsichtbare Unterschiede, die Diversity of Minds.
Sinnvoll anfangen
Unternehmen ist nicht immer klar, welche Diversitätsdimensionen berücksichtigt und wie diese gewichtet werden sollen. Gendergerechtigkeit wird beispielsweise nur im binären Mann-Frau-Modell gedacht oder Behinderung als ein gesondertes Thema behandelt. Beides ist schon deshalb schwierig, weil Menschen nicht aus einem Merkmal bestehen. Das Denkmodell der Intersektionalität ermöglicht, Menschen in ihrer Vielzahl an Unterschieden samt Wechselwirkung zu verstehen. Je nach Betrachtung kann ein Mensch sich also gleichermaßen in privilegierten und benachteiligten Positionen im Leben befinden.
Die Struktur verändern
Vielversprechende Hochglanzbroschüren und große Kampagnen nutzen wenig, wenn Routinen, und Abläufe, also die Struktur eines Unternehmens, nicht hinterfragt werden. Oft hapert es daran, dass sich Unternehmen nur auf einzelne Projekte oder Diversity-Tage konzentrieren, aber keine Querschnittsaufgabe festlegen. Nicht ohne Grund haben sich über Jahre Frauen- und Diversitätsbeauftragte ganz allein auf weiter Flur in starren Strukturen abgearbeitet.
Ziele festlegen
In einem ersten Schritt muss geklärt werden, an welchen Stellen marginalisierte Menschen in Unternehmen vernachlässigt oder ausgegrenzt werden. Um Führungsetagen zu einer diversitätsbewussten Haltung zu bringen, braucht es eine Prozess- und Unternehmensentwicklung, die eine Basis dafür schafft, dass alle Perspektiven gleichzeitig mitgedacht werden. Dieser Auftrag muss von der Spitze kommen und einer langfristig angelegten Strategie folgen. Denn diese Veränderung braucht Zeit und kann nur mit formulierten Zielen, die geprüft werden, geschehen.
An Glaubenssätzen rütteln
Um diesen Weg zu gehen, bedarf es finanzieller Investitionen. Unser Miteinander anders zu denken, bedeutet, uns selbst und unsere Gesellschaftsgeschichte mit einzubinden. Wie wurden wir geprägt? Was für Kategorien haben wir gelernt, in die wir andere einsortieren und, vor allem, wie? Es gilt zu lernen und Glaubenssätze zu entlernen.
Widerstand aushalten
In diesem langfristigen Prozess muss mit inneren und äußeren Widerständen gerechnet werden, weil es ums Teilen geht. Eine Errungenschaft der Emanzipationsbewegungen ist, dass heute mehr Menschen mitentscheiden, was jedoch nicht bedeutet, dass Ausgrenzung damit verschwunden ist. Doch Differenz und Diskriminierung als etwas Gleichzeitiges zu begreifen, wird die Vorstellung vermeintlich homogener Gruppen auflösen.
Zwischenräume erleben
All das zu erfassen, heißt, sich weniger in Pro- und Contra-Argumentationen zu verstricken, sondern mehr in Grauzonen und Zwischenräumen zu denken und zu verhandeln. Soziologische Betrachtungen beruhigen, dass eine differenzierte Gesellschaft sich gerade durch Konflikte wieder zusammenfügt, und zwar dann, wenn die Konflikte als notwendig anerkannt und institutionalisiert werden. Veränderung beginnt im Nachdenken darüber, was es bedeutet, Gleichheit in einer größeren Dimension zu suchen. In der Schönheit der Differenz.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Grenzen. Das Heft können Sie hier bestellen.