Beschäftigung von Ukraine-Geflüchteten: Das ist zu beachten

Arbeitsrecht

Diese Checkliste listet die aktuellen rechtlichen Voraussetzungen auf, die wichtig für Personalabteilungen sind. Es gibt darüber hinaus selbstverständlich zahlreiche Themen, die zentral sind: wie psychologische Unterstützung, Hilfe bei der Wohnungssuche und bei Behördengängen sowie die Unterbringung der Kinder.

Es ist davon auszugehen, dass seit dem Kriegsbeginn am 24. Februar aus der Ukraine geflüchtete ukrainische Staatsangehörige und weitere betroffene Personengruppen ohne größere Hürden von deutschen Unternehmen beschäftigt werden dürfen. Voraussetzung ist, dass die Beschäftigung der betreffenden Personen im jeweiligen Einzelfall erlaubt ist, was Unternehmen überprüfen müssen. Fehlt es aktuell noch an einer Erlaubnis, kann vom Unternehmen im behördlichen Verfahren unterstützt werden.

Vor einer Einstellung muss die Personalabteilung in rechtlicher Hinsicht wie folgt vorgehen:

1. Wie immer, wenn es sich bei einzustellenden Personen um Staatsangehörige eines Drittstaats (kein EU-Staat) handelt, muss der potenzielle Arbeitgeber prüfen, ob diese über die Erlaubnis verfügen, in Deutschland zu arbeiten.

2. Das ergibt sich auch in Bezug auf Geflüchtete aus der Ukraine aus den zu diesem Zweck vorzulegenden Aufenthaltsdokumenten beziehungsweise dem Aufenthaltstitel. Daraus muss hervorgehen, ob die Erwerbstätigkeit insgesamt oder zumindest die Beschäftigung (das ist dann nur die unselbstständige Erwerbstätigkeit) erlaubt ist („Arbeitserlaubnis“). Ist das der Fall, so ist eine Beschäftigung aufenthaltsrechtlich zulässig.

3. Ohne Arbeitserlaubnis ist eine Beschäftigung im Regelfall unzulässig. Zwar kann eine Einreise zum Beispiel für ukrainische Staatsangehörige generell auch ohne Visum erfolgen (Visafreiheit) und gibt es derzeit aufgrund des Krieges zusätzlich vereinfachte Aufenthaltsregelungen für ukrainische Staatsangehörige und andere Geflüchtete in Deutschland. Dies allein berechtigt aber in den meisten Fällen noch nicht zur Beschäftigung.

4. Geht die Erlaubnis der Beschäftigung nicht aus den Aufenthaltsdokumenten hervor oder unterliegt sie ausdrücklichen Beschränkungen, muss eine konkretere Prüfung erfolgen und/oder eine entsprechende Antragstellung bei der örtlichen Ausländerbehörde. Das Unternehmen kann bei der Beantragung unterstützen.

5. Viele aufgrund des Krieges aus der Ukraine geflüchtete Personen haben jedoch einen Anspruch auf eine spezielle Aufenthaltserlaubnis (§ 24 AufenthG), die sie bei der zuständigen örtlichen Ausländerbehörde beantragen müssen. Grundlage ist ein sogenannter vorübergehender Schutz durch die EU. Dies betrifft:

  • Ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten,
  • Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine einen bestimmten Schutzstatus innehatten, und
  • Familienangehörige dieser Personen.

Die örtliche Ausländerbehörde muss die Beschäftigung auch in diesem Aufenthaltstitel explizit erlauben. Wir gehen davon aus, dass die Behörden das unbürokratisch handhaben werden.  Der vorübergehende Schutz gilt zunächst für ein Jahr, kann aber auf bis zu drei Jahre verlängert werden.

6. Für ab diesem Stichtag (24. Februar 2022) aus der Ukraine geflüchtete Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer, die in der Ukraine über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügten und die nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder -region zurückzukehren, steht eine deutsche Regelung wohl bevor. Darin einbezogen werden könnten dann auch weitere Personengruppen, beispielsweise Personen ohne unbefristeten Aufenthaltstitel der Ukraine.

7. Eine zusätzliche Möglichkeit ist die Beantragung eines normalen Aufenthaltstitels, der unabhängig von der Kriegssituation in der Ukraine verfügbar ist. Ab dem 24. Februar geflüchtete Personen können diese in Deutschland beantragen. Es gibt verschiedene Aufenthaltstitel, die denkbar sind:

  • Es kommt insbesondere ein Aufenthaltstitel für Fachkräfte mit Berufsausbildung oder mit akademischer Ausbildung in Betracht (§§ 18, 18a, 18b AufenthG).
  • Voraussetzungen sind dann unter anderem ein konkretes Arbeitsplatzangebot eines Unternehmens in Deutschland, eine mit einer deutschen Berufsausbildung oder akademischen Ausbildung gleichwertige Qualifikation der Person oder ein anerkannter oder vergleichbarer Hochschulabschluss und gegebenenfalls die Zustimmung der Agentur für Arbeit oder ein bestimmtes Mindestgehalt.

Über eine gegebenenfalls erforderliche berufliche Anerkennung können sich Arbeitgeber auf dem Informationsprotal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen informieren.

8. Auch Personen, die sich im Asylverfahren befinden, können unter bestimmten Voraussetzungen beschäftigt werden. Auch hier muss der potenzielle Arbeitgeber die Erlaubnis der Beschäftigung anhand der vorliegenden Aufenthaltsdokumente überprüfen. Andernfalls müssen potenzielle Beschäftigte die Genehmigung bei der zuständigen örtlichen Ausländerbehörde einholen. Zu beachten ist Folgendes:

  • Eine Beschäftigung ist während der verpflichtenden Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung zunächst nicht zulässig.
  • Frühestens nach drei Monaten kann die Ausländerbehörde die Beschäftigung erlauben.
  • In den meisten Fällen muss die Bundesagentur für Arbeit zustimmen.
  • Nach erfolgreichem Abschluss des Asylverfahrens anerkannte Asylberechtigte erhalten einen Aufenthaltstitel, der zur Beschäftigung berechtigt und dies entsprechend ausweist.

Die Personalabteilung des einstellenden Unternehmens kann bei Anträgen unterstützen und den Erstkontakt zu den Ausländerbehörden herstellen. Der einfachste Weg zum Erhalt der Arbeitserlaubnis dürfte zumeist über § 24 AufenthG führen, wenn Personen vom vorübergehenden Schutz umfasst sind.

Unsere Newsletter

Abonnieren Sie die HR-Presseschau, die Personalszene oder den HRM Arbeitsmarkt und erfahren Sie als Erstes alles über die neusten HR-Themen und den HR-Arbeitsmarkt.
Newsletter abonnnieren
Alexander Falk, Rechtsanwalt bei Orth Kluth

Alexander Falk

Alexander Falk ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Orth Kluth.
Simon Grosse-Brockhoff, Rechtsanwalt bei Orth Kluth

Simon Grosse-Brockhoff

Simon Grosse-Brockhoff ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Orth Kluth.

Weitere Artikel