Nehmen Mitarbeiter Schmiergelder an, müssen sie nachweisen, dass dem Arbeitgeber dadurch kein Schaden entstanden ist, ansonsten kann er sie in Regress nehmen. Bei Kartellstrafen gilt das nicht.
Die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien in Unternehmen (kurz: Compliance) rückte durch mehrere Bestechungsskandale namhafter deutscher Konzerne in den vergangenen Jahren immer wieder in den Blickpunkt. Trotz der flächendeckenden Implementierung von Compliance-Systemen in vielen Unternehmen ist das Thema nach wie vor relevant, gerade in Vergabeabteilungen. Für die Unternehmen stellt sich insbesondere die Frage, ob im Falle eines Verstoßes der handelnde Mitarbeiter in Regress genommen werden kann.
Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Arbeitnehmer angenommene Schmiergelder an den Arbeitgeber herauszugeben. Hierbei handelt es sich um einen verschuldensunabhängigen Herausgabeanspruch. Ungeachtet dessen stellt die Entgegennahme von Schmiergeld eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten durch den Arbeitnehmer dar. Für diese Pflichtverletzung ist der Mitarbeiter grundsätzlich in voller Höhe schadensersatzpflichtig. Die Grundsätze der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung führen zu keiner Haftungsminderung, da der Arbeitnehmer vorsätzlich handelt.
Oftmals behaupten die beschuldigten Mitarbeiter, dem Unternehmen sei kein Schaden entstanden, da der Auftrag trotz der Zuwendungen nicht zu überhöhten Preisen vergeben worden sei. Hier kommt den Unternehmen indes ein Anscheinsbeweis zu Gute. Nach der Rechtsprechung ist es nach allgemeiner Lebenserfahrung die Regel, dass heimliche Zuwendungen an Angestellte, die versprochen oder gewährt werden, um eine Bevorzugung bei der Vergabe von Aufträgen zu erzielen, die Verträge zu Ungunsten des Arbeitgebers beeinflussen. Daher muss der bestochene Mitarbeiter nachweisen, dass die Zuwendungen ohne nachteilige Einwirkung geblieben sind. Andernfalls ist er regresspflichtig. Dies dürfte jedoch in der Regel nicht gelingen.
Bei Kartellbußen gelten hingegen andere Maßstäbe, wie eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Düsseldorf zeigt. Hat das Bundeskartellamt gegen ein Unternehmen Bußgelder wegen rechtswidriger Kartellabsprachen verhängt, kann das Unternehmen den Mitarbeiter, der für den Kartellrechtsverstoß verantwortlich ist, nicht in Regress nehmen (LAG Düsseldorf vom 20. Januar 2015 – 16 Sa 459/14). Dies ergebe sich aus der Funktion der Unternehmensgeldbuße, die insbesondere dazu diene, den durch Kartellverstoß erzielten Vorteil beim Unternehmen abzuschöpfen. Diese Funktion würde unterlaufen, wenn das Bußgeld an die handelnde Person weitergereicht werden könnte.
Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass das Kartellrecht zwischen Bußen gegen Unternehmen und gegen natürliche Personen unterscheide. Letztere sind auf eine Million Euro begrenzt, was ebenfalls nicht durch die Inanspruchnahme der Mitarbeiter umgangen werden könne. Gleichwohl kann sich der Arbeitnehmer auch im Rahmen eines Kartellverstoßes gegenüber dem Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen, wenn die Voraussetzungen, insbesondere das erforderliche Verschulden, vorliegen.
Der Arbeitgeber hat bei der Geltendmachung von Regressansprüchen gegenüber Mitarbeitern demzufolge viele rechtliche Hürden zu überwinden. Ungeachtet des schwerwiegenden Ansehensschadens in der Öffentlichkeit, der mit jedem Compliance-Verstoß verbunden ist, verdeutlicht dies einmal mehr die Notwendigkeit eines funktionierenden Compliance-Systems in jedem Unternehmen.