Die aktuell rasant steigenden Corona-Inzidenzen sorgen dafür, dass in nahezu jedem Unternehmen bereits jetzt oder in naher Zukunft Mitarbeitende ausfallen werden. Sei es wegen einer vorgeschriebenen Quarantäne oder wegen eines tatsächlich schweren Infektionsverlaufs. Zeitarbeit kann ein passendes Mittel sein, die vorhandenen oder drohenden Lücken in der Belegschaft schnell und unbürokratisch zu schließen. Hierbei werden bei einem Zeitarbeitsunternehmen („Verleiher“) angestellte Mitarbeitende an den Kundenbetrieb („Entleiher“) zur Arbeitsleistung vorübergehend überlassen. Welche Formalien und Regelungen muss aber der Entleiher bei der Arbeitnehmerüberlassung beachten? Der nachstehende Beitrag liefert einen ersten Überblick über die Do’s und Dont’s beim Einsatz von Zeitarbeitskräften.
1. Welche Formalia muss ich beim Einsatz von Zeitarbeitskräften beachten?
Die Arbeitnehmerüberlassung ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Das AÜG schreibt vor, dass Verleiher zwingend über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügen müssen. Diese sollte sich der jeweilige Entleiher stets in Kopie vorlegen lassen. Darüber hinaus ist – vor dem Einsatz der jeweiligen Zeitarbeitskräfte – ein schriftlicher Arbeitnehmerüberlassungsvertrag abzuschließen. Dieser muss ausdrücklich als solcher bezeichnet werden. Im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag muss zudem vereinbart werden, welche Arbeitskräfte der Entleiher mit welchen Qualifikationen für welchen Zeitraum benötigt. Bei der Überlassungsdauer ist die Höchstgrenze von 18 Monaten zu beachten, es sei denn es bestehen hiervon abweichende Tarifverträge beim Entleiher. Ferner haben Verleiher und Entleiher vor der Überlassung zu konkretisieren, welche Person vorübergehend beim Entleiher tätig ist.
Die Einhaltung dieser Vorgaben ist deshalb so wichtig, da ansonsten – auch für den Entleiher – schwerwiegende Konsequenzen drohen: Im Falle der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung (zum Beispiel wenn keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis existiert) ist der zwischen dem Zeitarbeitnehmer beziehungsweise der Zeitarbeitnehmerin und dem Verleiher geschlossene Arbeitsvertrag grundsätzlich gemäß § 9 AÜG unwirksam. Es wird ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher fingiert. Zudem können Geldbußen nach § 16 AÜG in Betracht kommen, zum Beispiel wenn die Überlassung nicht ordnungsgemäß im Vertrag als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet wurde. Soweit ein Betriebsrat im Entleiherbetrieb besteht, ist dieser zudem nach §99 BetrVG zu beteiligen.
2. Was ist bei der Vergütung zu beachten?
- Was hat es mit der Gleichbehandlung auf sich?
Das AÜG sieht grundsätzlich vor, dass überlassene Arbeitskräfte die gleiche Vergütung und die gleichen Arbeitsbedingungen erhalten müssen, wie die Stammbeschäftigten des entleihenden Unternehmens („Equal Treatment“). Davon kann aber abgewichen werden, wenn der Verleiher auf das Arbeitsverhältnis mit der überlassenen Arbeitskraft zeitarbeitsspezifische Tarifverträge anwendet. Nahezu die gesamte Branche wendet entweder die Tarifverträge des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) oder des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP) an. Damit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz abgewendet.
- Warum will der Verleiher trotzdem wissen, was ich meinen Mitarbeitenden bezahle?
Die bedingungslose Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz ist nur für maximal neun Monate möglich. Anschließend müssen die überlassenen Arbeitskräfte bezogen auf die Vergütung mit den vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gleichgestellt werden („Equal Pay“). Wenn eine Überlassung demnach länger als neun Monate dauert, muss der Verleiher die Vergütung der vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers in Erfahrung bringen. Es sei denn, es existiert ein einschlägiger Branchenzuschlagstarifvertrag.
- Was hat es denn mit diesen Branchenzuschlagstarifverträgen auf sich?
Die erwähnten Tarifverträge des iGZ und BAP enthalten jeweils einige Regelungen, deren Anwendbarkeit davon abhängt, dass der Entleiher einer bestimmten Branche zuzurechnen ist. Diese sogenannten Branchenzuschläge sorgen dafür, dass sich die tarifvertraglich vorgesehene Vergütung der überlassenen Arbeitskräfte mit der Dauer der Überlassung stufenweise erhöht. Wenn der Entleiher einer Branche angehört, für die ein solcher Branchenzuschlag existiert, so kann dauerhaft vom Gleichbehandlungsgrundsatz abgewichen werden und es muss nicht nach neun Monaten Equal Pay gezahlt werden. Dafür ist es jedoch zwingend erforderlich, dass der Verleiher die Branche des Entleihers in Erfahrung bringt. Die Branchenzuschläge sehen zudem die Möglichkeit vor, die stufenweise Erhöhung der Vergütung zu begrenzen, falls andernfalls die Vergütungshöhe der Stammmitarbeiter überschritten werden würde. Wenn von dieser Option Gebrauch gemacht werden soll, sind wiederum entsprechende Auskünfte des Entleihers erforderlich.
3. Welche Rechte und Pflichten habe ich gegenüber den Zeitarbeitskräften?
Zwischen Entleiher und Zeitarbeitskraft besteht kein Vertrag. Vielmehr wird die Person dem Entleiher überlassen, um dort während der Dauer der Überlassung nach den Weisungen des Entleihers tätig zu werden. Der Entleiher kann demnach die Zeitarbeitskraft wie einen „eigene“ behandeln und ihr Aufgaben zuweisen und Vorgaben bezüglich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit machen. Die Tätigkeit der Zeitarbeitskraft unterliegt den für den Betrieb des Entleihers geltenden Arbeitsschutzvorschriften. Zudem muss der Entleiher sicherstellen, dass die bei ihm eingesetzten Zeitarbeitskräfte Zugang zu den Gemeinschaftsreinrichtungen und -diensten gewährt werden.
4. Kann ich gute Zeitarbeitskräfte einfach übernehmen?
Ja, die Übernahme von Zeitarbeitnehmern darf nicht vertraglich verboten werden. Allerdings darf vereinbart werden, das bei der Übernahme einer Zeitarbeitskraft eine Provision an den Verleiher zu zahlen ist.