Privatnutzung des Internets am Arbeitsplatz

Arbeitsrecht

Ob die private Internetnutzung während der Arbeitszeit eine Pflichtverletzung darstellt, hängt von den konkreten Vereinbarungen der Arbeitsparteien ab.

Der Dienst-PC, der Dienst-Laptop, das Tablet und auch das Mobiltelefon sind heute gängige Arbeitsmittel, die Beschäftigte von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bekommen und mit denen der Zugang zum Internet möglich ist. In Zeiten zunehmender Digitalisierung ist es verlockend, mithilfe der zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel kurz auch mal private Angelegenheiten zu erledigen – wie zum Beispiel Online-Banking, Einkaufen im Webshop und so weiter. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist, dass sich auch die Anzahl an Streitigkeiten zwischen den Arbeitsvertragsparteien häufen, in denen die private Internetnutzung während der Arbeitszeit Stein des Anstoßes ist – wie zum Beispiel ein recht aktuelles Urteil des LAG Köln zeigt.

Das LAG Köln hat mit dem Urteil vom 7. Februar 2020 (Aktenzeichen: 4 Sa 329/19) entschieden, dass eine entgegen einem Verbot der Privatnutzung erfolgte private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. In dem konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit sowohl an mehreren Tagen durchgehend als auch über Monate hinweg regelmäßig Websites zu privaten Zwecken (unter anderem einer Recherche eines Autokaufs) aufgerufen und private E-Mails gelesen und beantwortet. Das LAG sah in dem Verhalten des Arbeitnehmers eine exzessive Privatnutzung und damit einen so schwerwiegenden Verstoß, dass die außerordentliche Kündigung sogar ohne vorherige einschlägige Abmahnung ausgesprochen werden konnte.

Ob und inwiefern die private Internetnutzung und das Lesen sowie Schreiben von privaten E-Mails während der Arbeitszeit eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellt, hängt maßgeblich von den konkreten Vereinbarungen der Arbeitsparteien ab. Grundsätzlich kann sich eine Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang aus verschiedenen Gesichtspunkten ergeben, die in Fallgruppen eingeteilt werden können

  • Nichterbringung der geschuldeten Arbeitsleistung (I.)
  • Verstoß gegen ausdrückliches Verbot (II.)
  • Herunterladen erheblicher Datenmengen mit Auswirkung auf das betriebliche System (III.)
  • Herunterladen strafbarer oder pornografischer Inhalte und die damit verbundene Rufschädigung des Arbeitgebers (IV.)

Keine Vereinbarung

Ist zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten über die Privatnutzung des Internets während der Arbeitszeit keine Absprache getroffen worden, besteht während der Arbeitszeit die arbeitsvertragliche Pflicht, allein die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. I.). Die Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken stellt somit bereits eine Pflichtverletzung dar. Das gilt also selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich untersagt hat. Neben diesem Aspekt kann die Pflichtverletzung auch noch durch den Umfang (vgl. III.) und den Inhalt der Privatnutzung (vgl. IV.) ergänzt werden.

Von dem Fall, dass keine Absprache zur Privatnutzung besteht, ist zu unterscheiden, dass der Arbeitgeber von der privaten Nutzung durch den Arbeitnehmer Kenntnis erlangt und die private Nutzung dennoch nicht unterbindet. Eine solche Duldung der Privatnutzung birgt zumindest die Gefahr, dass sich der Arbeitnehmer auf eine Privatnutzungserlaubnis kraft betrieblicher Übung berufen kann.

Ausdrückliches Verbot

Ist die Internetnutzung während der Arbeitszeit vom Arbeitgeber hingegen ausdrücklich untersagt worden, so bildet zusätzlich zu den genannten Fallgruppen einer Pflichtverletzung (vgl. I., III. und IV.) auch der Verstoß gegen das ausdrückliche Verbot der privaten Nutzung (vgl. II.) einen Anknüpfungspunkt für arbeitsrechtliche Konsequenzen. Wie das Urteil des LAG Köln instruktiv zeigt, stehen dem Arbeitgeber hierbei alle arbeitsrechtlichen Instrumente von einer Abmahnung über eine ordentliche Kündigung bis hin zur außerordentlichen fristlosen Kündigung zur Verfügung. Welche Reaktion der Arbeitgeber wählen darf, hängt vom Einzelfall ab. In jedem Fall muss die Reaktion des Arbeitgebers unter Berücksichtigung des Verstoßes verhältnismäßig und angemessen sein. Dabei gilt auch: Je „exzessiver“ die private Nutzung war, desto eher kann der Arbeitgeber das Instrument der außerordentlichen Kündigung als Reaktion in Erwägung ziehen. Erwähnenswert ist auch, dass vor allem eine strafrechtlich relevante Nutzung (zum Beispiel für illegale Downloads) schwer wiegt.

Ausdrückliche Erlaubnis

Eine Vielzahl von Arbeitgebern halten es für nicht mehr zeitgemäß, die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu untersagen. Häufig wird die Privatnutzung während der Arbeitszeit daher doch erlaubt. Wenn die private Nutzung erlaubt ist, kann sich eine Pflichtverletzung nicht aus der Fallgruppe I. und der Fallgruppe II ergeben.

Allerdings ist zu beachten, dass die Privatnutzung trotz einer ausdrücklichen Erlaubnis durch den Arbeitgeber dennoch nicht grenzenlos ist. Die private Nutzung während der Arbeitszeit muss sich auch bei bestehender Privatnutzungserlaubnis auf einen angemessenen zeitlichen Umfang beschränken. Kommt es zu einer exzessiven Privatnutzung – es liegt also eine gravierende zeitliche Vernachlässigung der Arbeitspflicht vor – stellt dieser Umstand eine Pflichtverletzung dar. Diese Pflichtverletzung kann nach der Rechtsprechung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen – gegebenenfalls auch ohne vorherige Abmahnung, da ein Arbeitnehmer bei einem exzessiven Pflichtverstoß redlicherweise nicht davon ausgehen darf, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten auch nur einmal hinnehmen wird.

Des Weiteren ist anerkannt, dass der Arbeitnehmer aus einer generellen Privatnutzungserlaubnis nicht darauf schließen kann, dass der Arbeitgeber mit einer strafrechtlich relevanten Nutzung oder dem Besuch pornografischer Websites (vergleiche IV.) einverstanden ist. Auch aus diesem Gesichtspunkt bleibt also eine Pflichtverletzung trotz der Privatnutzungserlaubnis weiterhin möglich.

Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers

Inwieweit ein Arbeitgeber zur Kontrolle der privaten Internetnutzung des Arbeitnehmers berechtigt ist, bestimmt sich maßgeblich danach, ob die Privatnutzung des Internets erlaubt wurde oder nicht. Erlaubt der Arbeitgeber die private Nutzung, so gilt er als Anbieter von Telekommunikationsdiensten und hat daher das Telekommunikationsgeheimnis (§ 88 TKG) zu wahren. Eine Kontrolle der privaten Internetnutzung könnte unter Umständen dann sogar selbst ein strafrechtlich relevantes Verhalten sein (§206 StGB).

Hat der Arbeitgeber die Privatnutzung hingegen nicht erlaubt, ist der Arbeitgeber dennoch nicht zur uferlosen Kontrolle berechtigt. Für eine verdeckte beziehungsweise heimliche Überwachung des Arbeitnehmers ist zum Schutz seiner Persönlichkeitsrechte erforderlich, dass ein “berechtigter Anlass” besteht. Voraussetzung ist somit das Vorliegen konkreter Tatsachen, die einen Anfangsverdacht für eine begangene Straftat oder eine andere schwere Pflichtverletzung rechtfertigen; eine Überwachung „ins Blaue hinein“ ist demgegenüber unzulässig. Bei einem Verbot der privaten Internetnutzung ist es für den Arbeitgeber jedoch durchaus zulässig, die Einhaltung des Verbots durch Stichproben zu überprüfen.

Sollte ein Betriebsrat bestehen, ist zudem zu prüfen, ob dieser bei der Entscheidung über die konkreten Kontrollmaßnahmen zu beteiligen oder zumindest vorab hierüber zu informieren ist.

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Pascal Verma ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei nbs Partners 

Pascal Verma

Pascal Verma ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei nbs Partners in Hamburg. Seine Tätigkeits- und Beratungsschwerpunkte liegen im Arbeitsrecht und im Datenschutzrecht.

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