Im Frühjahr 2014 hat ein Urteil des Bundessozialgerichts Syndikusanwälten den Zugang zur berufsständischen Versorgung sehr erschwert. Ein neuer Gesetzentwurf soll nun gegensteuern. Ein Überblick.
Seit den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. April 2014, mit denen Syndikusanwälten der Zugang zur berufsständischen Versorgung in erheblichem Maße erschwert wurde, hat sich viel getan. Nach der Sommerpause soll ein Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte verabschiedet werden, mit dem weitgehend die ursprüngliche Rechtslage wieder hergestellt wird. Angesichts der Anknüpfung an das Berufsrecht wurden darüber hinaus noch weitere Themen aufgegriffen, die in diesem Zusammenhang ebenfalls regelungsbedürftig waren.
Wesentliche Inhalte des neuen Gesetzes
Die für die Praxis wichtigsten Neuregelungen sind:
- Es wird ein spezielles Zulassungsverfahren zur Zulassung als „Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)“ geben. Für diese Zulassung ist eine anwaltliche Tätigkeit erforderlich, dass heißt eine fachlich unabhängige und eigenverantwortliche, durch Bearbeitung von Rechtsfragen geprägte Aufgabenwahrnehmung, die eine Vertretungsbefugnis nach außen mit umfasst. Die Details regelt ein im Gesetz enthaltener Kriterienkatalog.
- Die Entscheidung der Rechtsanwaltskammer zur Berufszulassung bindet die Deutsche Rentenversicherung (DRV) in ihrer Entscheidung über die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz räumt der DRV dazu ein eigenes Klagerecht ein.
- Das Vertretungsverbot bezüglich des eigenen Arbeitgebers beschränkt sich fortan auf Fälle, in denen Anwaltszwang herrscht, sowie auf Straf- und Bußgeldverfahren.
- Klargestellt wird, dass sich Syndici in Strafverfahren weder auf ein anwaltliches Zeugnisverweigerungsrecht berufen können noch ihnen gegenüber ein Beschlagnahmeverbot gilt.
- Bei Pflichtverletzungen geht das Gesetz von einer unbegrenzten Haftung aus, dass heißt Syndici unterliegen nicht den Grundsätzen der begrenzten Arbeitnehmerhaftung.
Übergangsvorschriften
Klärungsbedürftig war weiterhin die Frage, inwieweit das Gesetz für Zeiträume vor seinem Inkrafttreten wirkt. Das Gesetz ermöglicht in einer Übergangsvorschrift unter bestimmten Voraussetzungen eine rückwirkende Befreiung, damit möglichst nahtlos die gleiche Rechtslage wie vor den BSG-Entscheidungen hergestellt wird. Hierzu bedarf es eines entsprechenden Antrags. Dabei ist es nach dem Wortlaut nicht erforderlich, dass bereits zuvor im Zusammenhang mit der Rechtsprechungsänderung ein Befreiungsantrag gestellt wurde.
Nach dem Wortlaut der Vertrauensschutzregelung ist außerdem davon auszugehen, dass derzeit als befreit anzusehende Syndici vorerst keinen neuen Antrag auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt stellen müssen.
Ungeklärte Probleme
Auch wenn das Gesetz einen deutlichen Schritt in die richtige Richtung darstellt, sind noch einige Fragen offen. Problematisch ist beispielsweise die Behandlung der Übergangsphase während eines von der DRV eingeleiteten Rechtsstreits über die Berechtigung der Zulassung. Nach derzeitigem Stand hätten Rechtsmittel aufschiebende Wirkung, so dass die DRV faktisch eine eigentlich bereits erteilte Zulassung und damit die Rechtsanwaltstätigkeit insgesamt blockieren könnte. Des Weiteren steht die Haftungsregelung vorerst vor dem praktischen Problem, dass es noch keine angemessenen Produkte der Versicherungswirtschaft gibt, die die auch rechtspolitisch fragwürdige Übernahme eines betrieblich veranlassten Haftungsrisikos abdecken könnten.
Nicht ausreichend gewährleistet ist insbesondere der Schutz älterer Syndici. Ist bei Erhalt einer Rechtsanwaltszulassung das 45. Lebensjahr vollendet, so besteht nach den Satzungen vieler Versorgungswerke keine Pflichtmitgliedschaft mehr. Fehlt es aber an einer entsprechenden Versicherungspflicht, kann die DRV bereits deshalb eine Befreiung ablehnen. Dies würde speziell bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit zu gravierenden Schutzlücken führen. Eine Anpassung beispielsweise mittels Gleichstellung einer freiwilligen Mitgliedschaft ist daher zwingend erforderlich.
Fazit
Der Gesetzesentwurf kann einen erheblichen Teil der praktischen Schwierigkeiten, die sich infolge der neuen Rechtsprechung ergaben, beheben. Es bleibt zu hoffen, dass auch die Übergangsvorschriften dem Willen des Gesetzgebers entsprechend zur Anwendung kommen und der Mehrzahl der Syndici auch rückwirkend wieder zu einer Befreiung verhelfen.
Diejenigen, die sich derzeit in Rechtsstreitigkeiten über die Befreiung befinden, sollten ihre Rechtsanwaltszulassung und damit die Mitgliedschaft im Versorgungswerk aufrecht erhalten und Befreiungsanträge oder Widersprüche gegen die Versagung einer Befreiung nicht zurücknehmen, auch wenn die DRV in einer aktuellen Verlautbarung ein solches Vorgehen nahe legen möchte. Besser ist es, bestandskräftige Befreiungsablehnungen vorerst zu vermeiden und sich allenfalls – mit dezidierter Begründung – auf ein Ruhen des Verfahrens einzulassen. Nach Inkrafttreten des Gesetzes ist dann eine sechsmonatige Antragsfrist für einen neuen Befreiungsantrag zu wahren, damit eine rückwirkende Befreiung erfolgen kann.
Änderungen sind im laufenden Gesetzgebungsverfahren noch möglich, weshalb auch die finale Fassung des Gesetzes noch einmal genau daraufhin geprüft werden muss, welche Handlungspflichten und Optionen sich daraus endgültig ergeben.