„Elternzeit“ für Hundehalter, Sonderurlaub im Todesfall – unsere vierbeinigen Freunde sind Teil unserer Arbeitswelt geworden. Was können Unternehmen tun?
Das Haustier ist gestorben. Für viele Tierfreunde kommt dies dem Tod eines geliebten Menschen gleich. Zumindest in Großbritannien ist das so. Dort ergab eine Umfrage, dass die Hälfte der Briten, die Haustiere besitzen, Trauerurlaub beim Todesfall ihres Hundes oder ihrer Katze nehmen wollen. 89 Prozent sehen kaum einen Unterschied zum Verlust eines Angehörigen. So sind sie halt, unsere Briten, etwas skurril – und dies nicht erst seit letzter Zeit, sagte sich der ausgesprochen hundeaffine Autor dieses Beitrags. In Deutschland natürlich undenkbar. Falsch gedacht.
Deutschland – das Land der Haustiere
Eine kurze Internet-Recherche brachte neue Erkenntnisse. Fakt ist: Einen Pfotenschritt nach dem anderen haben sich vor allem unsere pelzigen Freunde nicht nur in unsere Herzen, sondern auch in unsere Arbeitswelt geschlichen. Und: Es geht nicht mehr darum, ob sie dort eine Rolle spielen, sondern wie. Antworten von Unternehmen auf diese Frage haben Konsequenzen – etwa im Employer Branding, im Personalmarketing oder in der Personalbindung.
Doch zunächst die harten Fakten: 34,4 Millionen Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Ziervögel lebten in 2018 in Deutschland. 45 Prozent aller Haushalte beherbergen mindestens ein Haustier und der Trend zum Zweittier steigt. 14,8 Millionen Katzen und 9,4 Millionen Hunde verlangen täglich und meist nachdrücklich einen gut gefüllten Futternapf, wollen Gassi gehen oder sich per Katzenklappe selber ausführen und das Revier kontrollieren.
Wie aber sind denn Hund und Arbeit unter einen Hut zu bringen? Der Autor dürfte mit dieser Überlegung kein Einzelfall sein, auch das wurde ihm schnell klar. Es geht sehr vielen Menschen so – und Unternehmen stellen sich darauf ein. Ihre Haustierbesitzerfreundliche Haltung könnten sie allerdings etwas offensiver kommunizieren, das Recruiting würde sich freuen.
Bei Xing verbessern 30 Bürohunde die Arbeitsatmosphäre
Geschätzt 30 Bürohunde gehen bei der Hamburger New Work SE (vormals „Xing“) ihrer Arbeit nach und beleben die Büros mit ungeteilter Freundlichkeit und empathischer Nähe. „Wir verstehen uns als Wegbereiter von New Work und wollen das auch intern leben. Für uns ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gern zur Arbeit kommen und das heißt auch, dass ihre Hunde bei uns willkommen sind“, erklärt New Work-Pressesprecher Christoph Stanek. Die hundefreundliche Atmosphäre bestätigten stolze Bürohundbesitzer, die der Verfasser bei einem Besuch bei Xing traf.
Der Bundesverband Bürohund (ja, den gibt es wirklich) nennt neben Xing auch Wettbewerber Glassdoor als vorbildliches Bürohund-Unternehmen. Das trifft für die Offices in den USA und in Dublin zu, das Büro in Hamburg ist aber – noch – hundelos, sagt Pressesprecher Felix Altmann. Das könnte sich ändern, denn die Glassdoor-Unternehmenskultur erleichtert Bürohunden und ihren Besitzern dezidiert das Leben. Und sie zeigt, wohin es in den Unternehmen in Zukunft laufen könnte.
„Pawternity Leave““ – Elternzeit für Hunde- und Katzenbesitzer
„Bei Glassdoor haben wir Vertrauensarbeitszeit. Alle Mitarbeiter, auch die Hundebesitzer, können sich ihre Arbeitszeit sehr flexibel einteilen und damit auch an den Bedürfnissen ihrer vierbeinigen Freunde ausrichten. Oder diese sogar zur Arbeit mitbringen oder bei Bedarf im Homeoffice bleiben. Darüber hinaus bieten wir keinen ausgewiesenen „Pawternity Leave“, aber wir versuchen, unseren Mitarbeitern grundsätzlich entgegenzukommen und Lösungen zu finden, wenn sie im Privatleben stärker beansprucht sind. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter glücklich und zufrieden sind und ganz sie selbst sein können. Das geht nur, wenn Vereinbarkeit in all ihren Dimensionen möglich ist. Für viele Menschen sind Hunde und Haustiere dafür sehr wichtig,“ erklärt Felix Altmann.
„Pawternity leave“ – die Elternzeit für Hunde- und Katzenbesitzer spielt in die USA schon deutlich stärker eine Rolle als bei uns. Auch „furternity leave“ genannt, ist sie bei so manchen Unternehmen anerkannter Urlaubsgrund. Bei Mars Petcare beispielweise – was vielleicht auch an den Produkten des Unternehmens liegen mag. Deren deutsche Niederlassung kennt dieses Angebot zwar, hat es aber hierzulande noch nicht eingeführt. Das dürfte möglicherweise nur eine Frage der Zeit sein.
Fachkräftemangel? Eine haustierfreundliche Unternehmenskultur hat die besseren Karten.
In 23 Prozent der Haushalte in Deutschland leben Katzen, in 19 Prozent der Haushalte Hunde. Angesichts dieser Zahlen könnten haustierfreundliche Unternehmen im Wettbewerb um begehrte Kräfte punkten. Nehmen wir ein besonders gefragtes Profil: Softwareentwickler. Der typische deutsche Developer hat mindestens eine Katze, so das Ergebnis der Entwicklerumfrage 2016 von Stack Overflow. Was machen die Unternehmen aus dieser nicht mehr ganz frischen Erkenntnis? Noch allzu wenig.
Bürohunden werden ausgesprochen positive Effekte auf das „Betriebsklima“ zugeschrieben. Zitat Bundesverband Bürohund: „Hunde im Büro verbessern das Engagement, die Motivation, die Loyalität, die Kreativität und das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter.“ Sie wirken sich positiv auf die körperliche und psychische Gesundheit aus, unter anderem weil sie die Ausschüttung des „Bindungshormons“ Oxytocin im menschlichen Gehirn fördern. Aha. Das ist es also.
Sonderurlaub im Krankheits- oder Todesfall?
Jetzt aber zu der in der Überschrift angesprochenen Frage, ob es für Arbeitnehmer Sonderurlaub beim Tod des geliebten Haustieres geben soll – oder gar das ganze Team aufgrund akuten Oxytocinmangels ein paar Tage frei nehmen darf. Eine rechtsverbindliche Auskunft darf und kann der Autor nicht geben, Anregungen allerdings schon. Einen Anspruch auf bezahlte Freistellung gibt es nicht, so das Ergebnis einer Internet-Recherche. Allerdings können Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen aus Tierschutzgründen wegen eines erkrankten Haustieres entschuldigt der Arbeit fernbleiben. Letztlich läuft es aber meist auf ein Aushandeln mit dem Arbeitgeber hinaus. Viele werden sich heute nicht mehr strikt weigern, sondern gemeinsam mit den Trauernden eine einvernehmliche Lösung suchen.