Das Thema Leiharbeit wird seit einiger Zeit intensiv von der Arbeitsgerichtsbarkeit bearbeitet. Die Folge ist, dass die Leiharbeit zuletzt einige empfindliche Angriffe auf ihre praktische Handhabbarkeit zu verzeichnen hatte. Die Zukunft der Leiharbeit in ihrer bisherigen Praxis und Form steht auch vor der Existenzfrage. Noch sind einige neu aufgeworfene Rechtsfragen nicht abschließend geklärt. Die Warnsignale sind aber deutlich gesendet.
Unternehmen, die mit Leiharbeit zu tun haben, müssen sich vertiefte Gedanken machen und nach geeigneten neuen Alternativen suchen. Der aktuell wohl größte Brennpunkt der Leiharbeit ist die Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Eine von zwei wesentlichen Fragestellungen dabei ist, ob ein Betriebsrat eine Einstellung von Leiharbeitnehmern mit der Begründung verweigern darf, die Beschäftigung verstoße gegen das AÜG, weil sie nicht „vorübergehend“ sei.
Unter anderem ist das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (19.12.2012 – 4 TaBV 1163/12) der Auffassung, dass der Zeitraum der Verleihung irrelevant wäre, wenn der Leiharbeitnehmer auf einem Arbeitsplatz mit Dauerbeschäftigungsbedarf eingesetzt werden solle. In diesem Fall könne der Betriebsrat der Einstellung widersprechen. Zu dem genau gegenteiligen Schluss kommt allerdings das LAG Düsseldorf (02.10.2012 – 17 TaBV 38/12). Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu dieser brisanten Frage steht noch aus. Würde sich die Meinung des LAG Berlin-Brandenburg durchsetzen, käme Leiharbeit auf einem Dauerarbeitsplatz nur noch in Ausnahmefällen in Betracht. Das würde den Anwendungsbereich der Leiharbeit stark einschränken. Die Leiharbeit steht hier am Scheideweg. Die andere wesentliche Fragestellung ist, ob bei einer nicht (mehr) „vorübergehenden“ Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer entsteht. Die 7. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg (16.10.2012 – 7 Sa 1182/12) hatte dies verneint. Die 15. Kammer desselben LAG sieht dies jedoch gänzlich anders: Eine auf Dauer angelegte Arbeitnehmerüberlassung lasse ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande kommen. Würde sich die zuletzt genannte Meinung durchsetzen, hätte dies tiefgreifende Auswirkungen.
Die Gefahr, dass der heute ausgeliehene Leiharbeiter morgen zum Stammarbeitnehmer mit vollem Kündigungsschutz wird, wäre groß und ein solches Risiko für Unternehmen nur schwer kalkulierbar. Schließlich gab es seit 2011 drei Entscheidungen des BAG zur Auslegung des Begriffs „Arbeitnehmer“ in drei verschiedenen Gesetzen; hier wurde jeweils entschieden, dass Leiharbeitnehmer als „Arbeitnehmer“ gelten können (zuletzt BAG, 13.03.2013 – 7 ABR 69/11). Die Signale aus Erfurt zur Leiharbeit müssen Unternehmen bedenklich stimmen. Unternehmen brauchen Flexibilität, daran führt kein Weg vorbei. All diese Tendenzen werden letztlich dazu führen, dass Alternativen gesucht werden, wie zum Beispiel der verstärkte Einsatz von Werkverträgen.