Unter gewissen Umständen pfändbar

Arbeitsrecht

Leistet der Arbeitgeber Zahlungen im Rahmen einer Berufsunfähigkeitsversicherung für den Arbeitnehmer, so sind diese Beiträge unter Umständen bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zuzurechnen. Ein Gläubiger hat also unter bestimmten Voraussetzungen darauf Zugriff. Allerdings werden solche Versicherungen häufig mit einer Altersversorgung kombiniert. In diesem Fall muss genau hingesehen werden, denn Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung unterliegen nicht der Pfändung.

Die Berechnung, bis zu welcher Höhe das Einkommen eines Arbeitnehmers gepfändet werden kann, stellt immer wieder eine Herausforderung dar. Und dies liegt nicht allein an der Berücksichtigung von etwaigen Unterhaltsverpflichtungen des Betroffenen bei der Bestimmung der persönlichen Pfändungsfreigrenze. Auch die neben dem tatsächlichen Barlohn erbrachten Leistungen des Arbeitgebers werfen in diesem Zusammenhang Fragen auf.

Noch recht einfach zu beurteilen ist die Lage bei den Beiträgen zu einer betrieblichen Altersversorgung. Leistungen des Arbeitgebers in diesem Zusammenhang, also die Zahlungen an ein Versicherungsunternehmen, gelten nicht als Arbeitseinkommen. Die konkreten Beträge sind im Rahmen einer Lohnpfändung nicht zu berücksichtigen, können vom Gläubiger also nicht gepfändet werden. Gleiches gilt im Übrigen auch für Zahlungen, die der Arbeitnehmer selbst aufbringt. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist es dabei gleichgültig, ob der Arbeitnehmer den Eigenbeitrag über eine Direktversicherung, also im Wege einer Gehaltsumwandlung, abführt oder bar zahlt.

Anders sieht es hingegen im Fall von Berufsunfähigkeitsversicherungen aus. Hier hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Leistungen, die ein Versicherter hieraus erhält, unter gewissen Umständen pfändbar sind. Voraussetzung ist, dass eine Abwägung zwischen den Interessen des pfändenden Gläubigers und denen des Schuldners erfolgt – diese Abwägung nimmt im Rahmen einer sogenannten Billigkeitsprüfung das Vollstreckungsgericht wahr. Sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die den Schuldner als besonders schutzwürdig erscheinen lassen, können auch solche Rentenleistungen im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen gepfändet werden. Was für die Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung gilt, wird auch für die Beiträge gelten müssen, die zur Bildung entsprechender Rentenanwartschaften gezahlt werden. Im Ergebnis heißt das also, dass Beträge, die an eine Versicherungsgesellschaft im Rahmen der Berufsunfähigkeitsvorsorge geleistet werden, nur dann unpfändbar sind, wenn der Arbeitnehmer gegenüber dem Gläubiger als besonders schutzwürdig anzusehen ist. In allen anderen Fällen werden die Beiträge dem pfändbaren Einkommen zugerechnet, auf das dann der Gläubiger im Rahmen der Freigrenzen Zugriff hat.

Eine weitere Variante erhält diese Systematik durch die in der Praxis durchaus gängige Koppelung von betrieblicher Altersvorsorge einerseits und Berufsunfähigkeitsversicherung andererseits. Hier kommt es zunächst darauf an, den Anteil des Beitrags zu berechnen, der auf die Altersvorsorge entfällt. Dieser Teil wird dem bei der Pfändung zugrundzulegenden Einkommen jedenfalls nicht zugeschlagen, ist also nicht pfändbar. Für den verbleibenden Beitrag, der zur Bildung von Anwartschaften zur Berufsunfähigkeitsrente dient, gilt dann wieder der Grundsatz der bedingten Pfändbarkeit. Dieser Teil wäre also bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zu berücksichtigen.

Je nach konkreter Ausgestaltung eines kombinierten Versicherungsmodells ist es allerdings durchaus denkbar, dass die Komponenten Altersvorsorge und Berufsunfähigkeitsschutz so eng miteinander verknüpft sind, dass sie als Einheit wahrgenommen werden. In diesem Fall könnte auch der Teil der Beiträge, der dem Aufbau von Anwartschaften für die Berufsunfähigkeitsrente dient, dem Zugriff des Gläubigers entzogen sein – quasi als integraler Bestandteil eines Gesamtmodells einer betrieblichen Altersversorgung. Eine höchstrichterliche Entscheidung, die eine Linie für die Beurteilung solcher Fälle vorgibt, steht noch aus.

Die gleiche Systematik gilt übrigens auch im Rahmen der Verbraucherinsolvenz – hier entscheidet das Insolvenzgericht über die besondere Schutzwürdigkeit des insolventen Arbeitnehmers.

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Alexander von Saenger

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