In Zeiten der digitalen Transformationen stehen unsere Arbeitsbedingungen auf dem Prüfstand: Arbeitsplätze, Jobprofile und gesamte Branchen befinden sich im drastischen Wandel. Führungskräfte und Mitarbeiter stehen dadurch vor neuen und komplexen Herausforderungen, die nicht selten zu psychischen und physischen Belastungen führen. Durch diese Entwicklung gewinnt das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) weiter an Relevanz und wird auch im neuen Jahrzehnt kräftig wachsen. Das sind die BGM-Trends für 2020:
1. Integrierte BGM-Strategien durch Kampagnenmanagement und Storytelling
Insbesondere im deutschen Mittelstand sind die Gesundheitsangebote deutlich gestiegen, zeigt die BGM-Studie 2019/2020 der ias-Gruppe und der Techniker Krankenkasse. Doch daneben steht die Frage nach dem Wie: Um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Angebote sicherzustellen, fehlt es vielen Unternehmen nach wie vor an Know-how und qualifizierten BGM-Beauftragten. Ohne Strategie und übergreifendes BGM-Konzept bieten – laut aktueller Studie – rund 75 Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern weiterhin lediglich eindimensionale Gesundheitsangebote an. Das Resultat: Mehr als jeder Zweite der befragten Arbeitnehmer versteht die Gesundheitsangebote (BGF-Maßnahmen) vornehmlich als Eintagsfliegen. Der Praxisbezug zum persönlichen Alltag fehlt häufig. Mögliche Ursache ist, dass viele Unternehmen weiterhin hauptsächlich die Steigerung der Mitarbeitermotivation als Anlass nehmen, um BGM-Maßnahmen zu implementieren. Tatsächlich die Mitarbeitergesundheit zu verbessern steht häufig erst an zweiter Stelle, geht aus Studien hervor.
Um bedürfnisorientierte Maßnahmen anzubieten, die den Nerv der Zeit treffen, ergibt sich daraus folgende Erkenntnis für 2020: Unternehmen sollten einen Schritt zurückgehen und das eigene BGM-Konzept auf den Prüfstand stellen. Ist das betriebliche Gesundheitsmanagement innerhalb der Unternehmensstrategie verankert und sprechen Kommunikationspakete die richtige Sprache?
Um den Mehrwert komplexer BGM-Lösungen und einzelner BGF-Maßnahmen zielgruppenspezifisch und wirksam zu kommunizieren, sind Kampagnen-Management und Storytelling bewährte Strategien. Dies führt zu messbaren Erfolgen in Bezug auf Teilnehmerzahlen sowie Interaktions- und Integritätsquoten. Singuläre Gesundheitsmaßnahmen werden durch einen verzahnten Kommunikations- und Marketingansatz zu einer effektvollen, ganzheitlichen Lösung. So kann beispielsweise ein Seminar zum Thema „Stressmanagement“ als signifikante Kampagne unter dem Motto „Balance & Mindfulness“ aufgesetzt werden.
Unternehmen, die ihre Gesundheitsmaßnahmen nach diesem Ansatz smart vermarkten und in eine Kampagne einbetten (mit vordefinierten Key Performance Indikators), maximieren den Erfolg ihrer Maßnahmen und die damit verbunden Gesundheits-Spendings.
2. Personalisierte Gesundheitsangeboten für Generation Instagram bis Generation X
Neues Jahr, neue Vorsätze: Das schlechte Gewissen des satten Volkes führt zum Krieg um jedes freie Fitnessgerät im Studio. Doch laut aktueller Studien brechen 92 Prozent aller Befragten ihre Vorsätze bereits im ersten Quartal ab. Der am häufigsten genannte Grund: Das Abnehm- oder Fitnessprogramm führt nicht zum Erfolg. Ein ähnliches Bild zeigte sich 2019 im Querschnitt der betrieblichen Gesundheitsangebote. Waren Bewegungs- oder Ernährungskurse, in der ersten Woche noch gut besucht, flauten die Teilnehmerquoten ab Woche vier bis fünf des Jahres deutlich ab.
Daraus ergibt sich eine Trendempfehlung für 2020: Die Gesundheitsangebote müssen auf Grundlage einer spezifischen Analyse personalisiert werden. Laut dem führenden Anbieter von Fitnesskursen in den USA ist die Nutzung und Annahme von personalisierten Fitnesskursen um bis zu 120 Prozent (!) höher. Bevor in der Unternehmenspraxis also beispielsweise ein Bewegungskurs startet, erscheint eine vorangehende Zielgruppenanalyse erfolgsversprechend. Sind die einzelnen Zielgruppen des Unternehmens klar charakterisiert, ist es viel leichter, Themen und Inhalte von Gesundheitskursen zielgerichtet aufzusetzen. Dies ist ein großer Vorteil, denn die persönlichen Gesundheits- und Fitnessziele sind innerhalb der unterschiedlichen Generationen sehr differenziert. Individuelle Gesundheits-Check-ups sensibilisieren die Teilnehmer im Vorfeld zusätzlich zu ihrem Ausgangszustand und machen persönliche Erfolge innerhalb des Kurskonzepts so messbar, verständlich und transparent.
3. „Digital x Analog“: Videoformate als optimale Synergie aus On- und Offline
In der Arbeitswelt 4.0 stehen wir vor vielen Herausforderungen. So müssen Unternehmen mit mehreren Standorten einheitliche BGM oder BGF Angebote finden, die für die unterschiedlichsten Mitarbeitergruppen und Regionen funktionieren. Ist daher ein digitales, standortunabhängiges BGM die Lösung? Eine neue BGM Studie von 2019 zeigt, dass digitale Tools und Angebote derzeit noch keine große Rolle im BGM spielen.
Für 2020 lautet der Trend ganz klar: digitale Medien können analoge Maßnahmen wirksam ergänzen. Erste Cases aus 2019 zeigen, dass die Verzahnung von analogen und digitalen Maßnahmen zu einer Maximierung der Reichweite, Akzeptanz und Annahme führt. Erfolgsrelevant ist vor allem, dass es für jede Maßnahme sowohl eine digitale und eine analoge Möglichkeit gibt. Dadurch können Gesundheitsangebote differenzierter und maßgeschneidert konzipiert sowie ausgespielt werden.
Ein Beispiel hierfür sind „Streaming-Angebote“. So kann zum Beispiel eine Gesundheitsmaßnahme, wie ein Resilienz-Seminar, als Offline-Maßnahme an einem Ort (und für bestimmte Mitarbeiter) angeboten werden und gleichzeitig als Video-File in einer Online-Bibliothek bereitgestellt werden. Weitere Büros oder Standorte können so jederzeit darauf zugreifen und nachhaltig lernen. Andersherum gedacht: ein Unternehmen bietet einen Bewegungskurs als Livestreaming-Kurs an, an dem sich alle Mitarbeiter gleichzeitig beteiligen können. Hauptvorteil ist, dass der Kurs auch von dezentralen Teilnehmern angenommen wird. Analog lässt sich der Bewegungskurs durch Analysen, Arbeitsplatzbegehungen oder Check-ups flankieren, um Mitarbeiter zu einer regelmäßigen Teilnahme zu motivieren.
4. Relevanz von „GB Psych“ steigt weiter
Die psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) ist immer noch kein Pflichtprogramm: Laut Studienerkenntnissen führte 2019 jedes zweite mittelständische Unternehmen eine Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen durch. Das ist im Vergleich zu 2015 ein Anstieg um 20 Prozent. Gemessen an den gesetzlichen Anforderungen allerdings immer noch zu wenig. Zusätzlich berücksichtigen erst 21 Prozent der Unternehmen alle Gesetzesauflagen und Prozessschritte. Dabei ist vor allem die psychische Gesundheit als entscheidende Determinante ausschlaggebend für körperliche und mentale Leistungsfähigkeit.
Für 2020 lautet die Prognose daher: als erprobtes Analyse-Tool ist die Gefährdungsbeurteilung ein grundlegender Prozessschritt für ein ganzheitliches BGM. Mitarbeiter werden spürbar eingebunden und erste Verbesserungspotentiale erkannt. Mit steigender Relevanz kann die GB Psych dazu beitragen, Arbeitsplätze zu optimieren und das Wohlbefinden zielgerichtet zu steigern.