Die aktuelle, bereits fünfte BPM-Berufsfeldstudie seit 2010 gibt wieder einen Einblick in die Themen und Aktivitäten, die Personalmanager*innen bewegen. Auch in diesem Jahr haben die Quadriga Hochschule Berlin, der Bundesverband der Personalmanager*innen und Egon Zehnder darin die HR-Profession vermessen.
Unsicherheit, Volatilität und administrativer Aufwand
Auch gut zwei Jahre nach der Pandemie stehen Organisationen vor großen Herausforderungen, denen sie in Teilen nur indirekt entgegenwirken können. So schlagen sich Unsicherheit und Volatilität im wachsenden Arbeitsaufwand nieder. Die mit Abstand größte Herausforderung sehen die rund 1.000 befragten Personalerinnen und Personaler beim Thema Fachkräftemangel, denn nahezu neun von zehn Studienteilnehmenden (88 Prozent) priorisierten dieses. Die unternehmerische Herausforderung Entwicklung und Wachstum neuer Geschäftsfelder folgt auf Platz 2 (51 Prozent), dicht gefolgt von Volatilität der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (46 Prozent) und der Restrukturierung der Organisation (40 Prozent). Gefragt nach den aktuell größten Herausforderungen in der Personalarbeit ist festzustellen, dass das Aufgabenvolumen (62 Prozent), der Personalressourcenmangel im Unternehmen an sich (50 Prozent) sowie die Aufgabenvielalt im Sinne der Unterschiedlichkeit (46 Prozent) als besonders prioritär bewertet wird. Demzufolge ist die attestierte Arbeitslast erheblich und zugleich in Verbindung mit den weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen für die Organisation zu setzen. Hierzu zählen die neuen rechtlichen Regelungen wie die A1-Bescheinigung, die EU-Entsenderichtlinie, das Nachweisgesetz sowie das Hinweisgeberschutzgesetz.
Stress und Spaß im Gleichklang
Die steigende Arbeitslast zeigt sich auch im Stressempfinden der Personalverantwortlichen. Gut drei Viertel der Befragten bewerten ihre berufliche Tätigkeit als stressig oder sogar sehr stressig (72 Prozent). Interessanterweise ist die Motivation ebenso hoch, denn 70 Prozent der Befragten gaben an, hoch oder gar sehr hoch motiviert zu sein. Und auch beim Spaßempfinden (für ihre Verantwortung beziehungsweise Position) sehen wir einen hohen Wert, da zwei Drittel (65 Prozent) angaben, viel Spaß zu haben.
Recruiting ist als Top-Thema zurück
Befragt nach den aktuellen priorisierten Themenfeldern, mit denen sich die Personalverantwortlichen beschäftigen, zeichnet sich ein Bild, welches nahezu identisch mit dem der dritten Berufsfeldstudie 2017 ist. Die in Corona-Zeiten hoch priorisierten Themen wie beispielsweise Arbeitsorganisation / New Work und Interne Kommunikation wurden deutlich herunterpriorisiert. Dafür stehen die „Klassiker“ Digitalisierung von HR-Prozessen, Talent Management & Personalentwicklung, Change Management und Employer Branding ganz weit oben – und Recruiting (Zuwachs von Prozentpunkten) wieder mit deutlichen Abstand an der Spitze.
Im Vergleich zur Befragung 2020 ist ebenso zu sehen, dass die Themen Interne Kommunikation und Stellenabbau/Outsourcing die mit Abstand deutlichsten Rückgänge verzeichnen, konkret mit minus 31 Prozentpunkten sowie minus 25 Prozentpunkten. Auch Gesundheitsmanagement wird mit einem Rückgang von 11 Prozentpunkten als weniger wichtig bewertet.
Der (selbstattestierte) strategische Einfluss weiterhin gering
Die Frage des unternehmensstrategischen Einflusses der Personalfunktion bleibt sicherlich eine Königsfrage, bestimmt sie doch sowohl das Selbstverständnis der Profession selbst als auch die Fremdwahrnehmung durch andere Funktionen. 43 Prozent der Teilnehmenden geben an, dass die Personalfunktion am Strategieprozess maßgeblich beteiligt ist. In der Vorgängerstudie 2020 lag dieser Wert noch bei 39 Prozent. Aber kann HR ihre Ziele im Unternehmen durchsetzen? Nur gut 50 Prozent sehen dies als gegeben an. 2020 waren es 48 Prozent. Hier bleibt ein deutlicher Entwicklungsraum.
Zusammenhang zwischen Digitalisierung von HR und ihrer Performance noch unklar
Die Nutzung von digitalen Tools, Prozessautomatisierung und Datenanalysen hat im Vergleich zur Berufsfeldstudie 2020 deutlich zugenommen – und zwar über alle Organisationsgrößen hinweg. Der größte Zuwachs ist mit einem Plus von 38 Prozent bei digitalen Tools zu verzeichnen, gefolgt von analytischen Verfahren mit einem Plus von 29 Prozent. Ein Grund für die zunehmende Digitalisierung ist sicherlich in dem (notgedrungenem) Wechsel in die digitale Welt durch die Corona-Pandemie zu sehen. Vor dem Hintergrund, dass Prozessautomatisierung und analytische Verfahren besonders häufig für Aufgaben im Bereich der Administration genutzt werden, gleichzeitig aber der Weiterbildungsbedarf zu People Analytics als hoch eingeschätzt wird (siehe unten), bleibt zum einen die Frage offen, welche (fortgeschrittenen) analytischen Verfahren zum Einsatz kommen, und zum anderen, ob diese von HR selbst durchgeführt werden. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass einflussreiche HR-Organisationen, das heißt, diejenigen, die sich eine hohe Beteiligung am Strategieprozess attestieren und ihre Ziele in der Organisation als umgesetzt sehen, stärker die Klaviatur der Digitalisierung bespielen als HR-Organisationen, die über weniger Einfluss in der Unternehmensleitung verfügen. Ob Digitalisierung hier eher Ursache oder Wirkung dieses Zusammenhangs darstellt, bleibt zu diskutieren.
Weiterhin hoher Weiterbildungsbedarf bei Digitalisierung und People Analytics
Befragt nach den Themen mit dem größten Weiterbildungsbedarf sehen wir eine gewisse Überraschung. Denn während dem Thema Digitalisierung von HR-Prozessen gleichzeitig eine hohe Priorität eingeräumt wird, steht das Thema People Analytics deutlich weiter unten auf der Agenda. Als weitere Themenfelder werden dann Change Management und Talent Management priorisiert. Und wie sieht es mit der Veränderung der Weiterbildungsbudgets aus? Gut zwei Drittel (64 Prozent) gaben an, dass diese gleichgeblieben sind, und nur bei jedem sechsten Teilnehmenden ist diese gesunken (12 Prozent) oder gar stark gesunken (3 Prozent).
Das Studiendesign
Die im Abschnitt von circa drei Jahren nunmehr bereits zum fünften Mal durchgeführte BPM-Berufsfeldstudie befragt die Personalmanager*innen zu ihren aktuellen Themen, Herausforderungen und Entwicklungen in der Profession. Die Online-Befragung war von Anfang Januar bis Mitte 2023 im Feld und wieder haben uns über 1.000 Teilnehmende ihre Antworten gegeben. Die Ergebnisse sind voraussichtlich ab August unter www.bpm.de abrufbar.