Zu neuem Lernen gehört auch informeller Austausch. Damit der gelingt, braucht es eine entsprechende Unternehmenskultur – und das richtige Mindset.
Die Stellschrauben für zukunftsfähiges Lernen
Wir alle wissen: Unternehmen müssen für die Weiterentwicklung von Menschen und Organisationen neue Ansätze wählen, denn die Digitalisierung führt zu immer schnelleren Innovationszyklen und lässt die Halbwertszeit von Wissen rapide sinken. Doch wie kann das aussehen? Klar ist auf jeden Fall: Es reicht nicht mehr, Mitarbeiter einmal pro Jahr zu einem Seminar zu schicken oder sie für ein E-Learning anzumelden. Denn der Bedarf an neuem Wissen oder Kompetenzen duldet oft keinen monatelangen Aufschub mehr. Und gleichzeitig müssen bei dem neuen Konzept alle Dimensionen des Unternehmens miteinbezogen werden: Organisation, Mensch und Umfeld. Die passende Antwort auf diese Anforderungen? Neues Lernen!
Für die Organisation wichtig: Kompetenzcheck
Doch was muss Weiterbildung für die Organisation genau leisten? Zum einen muss sie für künftige Aufgaben und neue Rollen qualifizieren, die mit den Transformationsprozessen entstehen und sich aus den strategischen Unternehmenszielen ergeben. Dies erfordert nachhaltige Lernprozesse und komplexere Maßnahmen, die sich beispielsweise über einen längeren Zeitraum erstrecken. Zum anderen müssen Unternehmen ihre Mitarbeiter im Workflow unterstützen – immer dann, wenn sie in konkreten Situationen nicht weiterkommen. Stichwort: situative und individualisierte Kompetenzentwicklung. Hierfür werden Micro-Formate und personalisiertes Lernen benötigt.
Informelles Lernen gewinnt immer mehr an Bedeutung
Bei konkreten Problemstellungen muss es oft schnell gehen: Der Mitarbeiter braucht sofort eine Lösung, um weiterarbeiten zu können. Dementsprechend oft schlagen die Beschäftigten informelle Wege der Informationsbeschaffung ein. Sie fragen Kollegen oder googeln nach einer Lösung. Wie erfolgreich dieses Vorgehen ist, hängt jedoch immer auch von der bestehenden Lernkultur ab. Sind die Mitarbeiter beispielsweise nicht bereit, über Bereichs- oder Teamgrenzen hinweg Wissen und Erfahrungen zu teilen, oder sind relevante Informationen an Hierarchie und Machtstrukturen in der Organisation geknüpft, wird es mit dem informellen Lernen nicht klappen. Unternehmen sind also gefordert, informelles Lernen als Teil einer ganzheitlichen Lernkultur zu fördern. Dazu gehört auch, etwa Silo-Denken zu unterbinden und alternative Lernformate wie qualitativ hochwertige, kuratierte Inhalte, in der eigenen Organisation entstehenden User Generated Content, Communities Of Practice und ähnliche Formate salonfähig zu machen.
Formelles und informelles Lernen greift ineinander
Um diesem „Learning on the job“ und sozialem Austausch einen angemessenen Stellenwert zu geben, heißt es für HR, weniger zu steuern und mehr Selbstbestimmung zuzulassen. Es geht darum, neben den formellen auch die informellen Lernräume im Workflow zu erkennen und aktiv zu fördern. So kann sich jeder einzelne auf seine individuelle Lernreise begeben, in der informelles und formelles Lernen – je nach Wissensstand – ineinandergreifen und Lernen gemäß Erfahrung und Reife im Job stattfindet. Gerade zu Beginn einer Karriere werden in der Regel noch mehr klassische Trainings benötigt, während mit jeder Entwicklungsstufe vom Young Professional bis hin zum Expert das informelle und selbstgesteuerte Lernen wichtiger wird.
Empowerment und Mindset
Um neues Lernen umsetzen zu können, kommt es auch auf ein neues Mindset an. Dieses beginnt mit Veränderungsbereitschaft und einem geschärften Bewusstsein für die eigenen Kompetenzen sowie die individuellen Wachstumsfelder und Potenziale. Was kann ich besonders gut? Wo habe ich Nachholbedarf? Hilfreich ist hier eine Standortbestimmung für die Mitarbeiter aus der Eigen- sowie aus der Fremdperspektive. Führungskräften und Kollegen kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Sie helfen herauszufinden, wo der einzelne steht und wo es künftig hingehen kann. Dadurch zeigt sich der tatsächliche Lernbedarf und die Mitarbeiter können Eigenverantwortung für ihre Entwicklung übernehmen. Ein neues Mindset für Lernen entsteht. Veränderungsbereitschaft ist aber auch bei Führungskräften und HR angesagt: Die Führungskräfte werden zu Unterstützern der Mitarbeiter; sie helfen, Lernziele zu definieren und zu erreichen. Zudem etablieren sie eine konstruktive Fehlerkultur, denn eine gute Lernkultur basiert auch auf einem transparenten Umgang mit Fehlern. HR wird dabei zum Consultant und Wegbegleiter, der die Systematik, Tools, Formate und Strukturen zur Verfügung stellt.
Neue Unternehmenskultur
Durch die Förderung informeller Lernprozesse bekommt „Learning on the job“ eine neue Relevanz. Die neue Selbstverständlichkeit für das Lernen im Workflow, das veränderte Mindset der Mitarbeiter und das neue Rollenverständnis von HR und Führungskräften führen zu einer neuen Unternehmenskultur des Lernens.
Digitale Lernformate – die technologische Dimension für neues Lernen
Um neues Lernen in der Organisation implementieren zu können, benötigen Unternehmen unterschiedliche Lernformate und Lernräume (formell und informell), auf die alle zugreifen können. Digitale Tools bieten dabei viele Vorteile:
- Ein schneller und einfacher Zugriff auf aufgabenbezogene Ressourcen, relevantes Wissen und personalisierte Lernbausteine.
- Die Verbindung von formellen und informellen Lernprozessen durch Blended Learning, Online-Kurse, Mobile Learning, Webinare, Learning-on-demand Lösungen und Performance Support.
- Die aktive Förderung informeller Lernprozesse durch Micro-Contents, digitale Feedbackkanäle und Kooperationsplattformen.
- Die Ergebniswirksamkeit und Businessrelevanz von Weiterbildung wird messbar.
Doch klar ist auch: bei den Formaten kann es kein „Entweder-Oder“ geben. Denn neues Lernen denkt Entwicklung ganzheitlich und im Einklang von Organisation, Mensch und Umfeld. Es ist damit ein „Sowohl-als-auch“: formell und informell, digital und analog, im Selbststudium und in der Community. Nur so ist Lernen nachhaltig und führt zu businessrelevantem Outcome.