Viele Mitarbeiter wünschen sich mehr Freiräume bei Dienstreisen. Wie können Unternehmen ihr Travel-Management an deren persönliche Bedürfnisse anpassen?
Immer mehr Angestellte gehen auf Geschäftsreise – und laut dem Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) waren die Ausgaben von Unternehmen letztes Jahr so hoch wie nie. Neben dem kritischen Blick auf die Kosten rückt jedoch ein weiterer Aspekt in den Fokus der Travel- und HR-Manager: Die Handhabung von Dienstreisen wird zu einer Frage der Unternehmenskultur.
Eine lange Zugreise mit Verspätung, ein enttäuschendes Meeting – Geschäftsreisen bergen ein großes Frust-Potenzial. Wer trotzdem gelassen bleibt, den holt der Unmut spätestens dann ein, wenn es nach einer anstrengenden Dienstreise an die händische Reisekostenabrechnung geht. Kaum jemand hat am Ende des Tages noch Zeit und Muße, mühselig seine Flug-Tickets und die Hotelrechnungen zusammenzusuchen, die Tram-Fahrkarte auszudrucken und alles Detail für Detail einzutragen. So können Geschäftsreisen die Beziehung von Mitarbeitern zum Unternehmen auf die Probe stellen.
Interessen von Mitarbeitern und Chefs vereinen
Dabei ist die Digitalisierung eigentlich schon lange in der Reisebuchungsbranche angekommen, zumindest im Konsumentenbereich. Sowohl Nah- als auch Fernverkehrsanbieter stellen inzwischen die Möglichkeit einer vollständig elektronischen Ticketing-Abwicklung bereit.
Fahrzeugvermietungen und Hoteliers sind in einer Vielzahl von Buchungs- und Vergleichsplattformen organisiert, während Apps wie Airbnb das Portfolio mit privaten Angeboten und einer großen Auswahl an günstigen, aber komfortablen Übernachtungsmöglichkeiten komplettieren. Doch Unternehmen machen sich diese Innovationen meist nicht zunutze. Corporate Tools sind oft umständlich und teuer, sodass Mitarbeiter ihre Trips häufig bei den Anbietern buchen, die sie auch von privaten Reisen kennen – und zwar bequem über das Smartphone und innerhalb ihrer Komfortzone.
Die Verantwortlichen für die Planung von Geschäftsreisen werden an dieser Stelle zu Recht darauf hinweisen, dass Dienstreisen nicht mit privaten Urlaubsreisen gleichgesetzt werden können. Sie legen Wert darauf, dass Compliance-Richtlinien und Kostengrenzen eingehalten werden. Der Wunsch von Mitarbeitern, Dienstreisen entspannt und effizient durchführen zu können, ist allerdings ebenso nachvollziehbar. Mit der richtigen Strategie ist beides möglich: Zufriedene Geschäftsreisende und entspannte Travel-Manager.
Unternehmen sollten deshalb einerseits individuelle Buchungsprozesse etablieren und auf der anderen Seite die nötigen Strukturen für ein zentrales, teilautomatisiertes Management sämtlicher Geschäftsreise schaffen. Letzteres sollte unter anderem garantieren können, dass sowohl Reisebudgets als auch die unternehmensspezifischen Dienstreiserichtlinien eingehalten werden.
Buchungsaufwand verringern, Komfort erhöhen
Insbesondere die junge, App-affine Mitarbeitergeneration bucht ihre Geschäftsreisen gerne selbst, zum Beispiel über Booking.com oder Airbnb. Die Oberflächen dieser Services sind so intuitiv und einfach zu bedienen, dass Preisvergleiche und Buchungen quasi aus dem Effeff erfolgen. Die Kehrseite: Unternehmen laufen Gefahr, die Kontrolle über Budgets und Compliance-Vorgaben zu verlieren. Zum Beispiel dann, wenn Geschäftsreisende mit ihrer persönlichen Kreditkarte buchen – hier kann es schnell zu Verstößen gegen die Unternehmens-Policy kommen. Ganz zu schweigen von der abschließenden Reisekostenabrechnung, die unter diesen Bedingungen schwer nachvollziehbar ist. Es ist zwar immer noch Usus in einigen Unternehmen, deshalb aber keineswegs Zeichen einer attraktiven Dienstreise-Kultur, wenn Mitarbeiter bei der Buchung von Geschäftsreisen in Vorleistung gehen und sich das vorgestreckte Geld im Nachhinein zurückholen müssen.
Einhaltung der Reise-Richtlinien automatisieren
Wie kann bei einer individuellen Buchung durch die Mitarbeiter gewährleistet werden, dass die Dienstreisebestimmungen eingehalten werden und die damit verbundenen Kosten nicht in die Höhe schießen? Hier helfen automatisierte Prüfroutinen, die im Hintergrund ablaufen und – entsprechend vorab getroffener Kriterien wie zum Beispiel Kostenbremsen für Übernachtungspreise – während des laufenden Buchungsvorgangs greifen, ohne dass sich der Reiseplaner davon beeinträchtigt fühlt. Mitarbeiter müssen sich so nicht explizit mit den unternehmenseigenen Vorgaben zu Dienst- und Geschäftsreisen beschäftigen oder seitenweise Richtlinien lesen. Regeln, die im System hinterlegt sind, können automatisch so strikt wie gewünscht durchgesetzt werden. Bei aller Automatisierung sollte natürlich die Möglichkeit bestehen, in besonderen Fällen Ausnahmen zu tätigen: Entstehen beispielsweise hohe Reisekosten – wie etwa durch internationale oder kurzfristige Business-Trips – können entsprechende Freigabeprozesse innerhalb der Reiseübersicht abgebildet werden. Hier ersetzt etwa ein Klick des Vorgesetzten im System aufwändige Abstimmung über andere Kanäle.
Günstige Reiseangebote nutzbar machen
Um zugleich kosteneffiziente und komfortable Buchungsvorgänge zu unterstützen, sollte die Buchung bei sämtlichen über das Web verfügbaren Anbietern freigegeben sein. Wer seinen Lieblingsanbieter für Hotels, Flüge, Züge, Apartments oder Mietwagen im Geschäftsreise-Portal seines Arbeitgebers findet, wird diesen Komfort mit Zufriedenheit quittieren. Das senkt letztlich auch die Kosten. Etwa, wenn eine große Auswahl an Verfügbarkeiten und Preise integriert ist – und zwar nicht nur die von unterschiedlichen Verbraucher- und Billiganbietern, sondern auch direkte Konditionen von Airlines – können Unternehmen zu deutlich besseren Konditionen buchen als bei klassischen Vergleichsportalen oder gar (Online-)Reisebüros. Besonders bequem wird es, wenn die Geschäftsreisebuchung auch mobil vor dem Sofa möglich ist.
Ticket- und Zettelchaos beenden
Weiter das Stresslevel senken können Unternehmen, indem sie Belege und Tickets direkt elektronisch hinterlegen. So bleibt der Belegschaft das Sammeln von Quittungen erspart und auch die Kollegen in der Buchhaltung profitieren von vereinfachten Prozessen. Findet die Finanzabteilung alle Rechnungen von Business-Trips zentral und digitalisiert, sorgt das für schlankere Prozesse. Durch ein zentrales Reisekosten-Reporting können weiter Kosten gesenkt werden, indem Travel-Management und Einkauf besser nach Bedarf planen können.
Die Flexibilität von Mitarbeitern darf keine einseitige Forderung seitens der Unternehmen sein. Arbeitgeber, die qualifizierte Fachleute gewinnen und auch halten wollen, müssen eine moderne Unternehmenskultur etablieren – eine Kultur, in der die Freiräume der Mitarbeiter ebenso von Bedeutung sind wie die Geschäftsziele des Unternehmens. In diesem Zusammenhang ist die Etablierung eines klugen Geschäftsreise-Managements, das die persönlichen Bedürfnisse der Reisenden berücksichtigt, ein wichtiger Baustein.