Die Medienberichte, die guten Kritiken auf Kununu, die haben Sie sich systematisch „verdient“. Manfred Böcker und Sascha Theisen verraten, wie das geht.
„Earned Media“ wird von HR bisher kaum aktiv bespielt. Gemeint sind Medienpräsenzen, die sich ein Unternehmen „verdienen“ muss. Dazu zählen unter anderem Pressearbeit und von Kandidaten ausgehende Arbeitgeberbewertungen. Arbeitgeberkommunikation setzt momentan noch stark auf bezahlte Auftritte, wie Employer Branding-Porträts auf Kununu, oder auf eigene Medien, wie Karrierewebseiten. Manfred Böcker und Sascha Theisen erklären in einem Zweiteiler, wie HR dies ändern kann, und dadurch die Employer Brand stärkt. In diesem Teil finden Sie zehn Tipps als Planungshilfe.
1. Analyse am Anfang
Am Anfang eines aktiven Umgangs mit „Earned Media“ als Arbeitgeber steht die saubere Analyse der eigenen Attraktivitätsfaktoren. Earned Media ist Präsenz in den Medien, die sich ein Unternehmen „verdient“ hat (etwa durch PR), im Gegensatz zu „gekaufter“ Präsenz (Werbung). Die Analyse muss medienunabhängig und identitätsbasiert im Hinblick auf die wichtigsten Bewerberzielgruppen erfolgen. Das daraus entstandene Grundlagendokument sollte in die gesamte Kommunikation einfließen – natürlich auch auf den eigenen Medien. Die wesentlichen Fragen: Was macht Ihre individuelle Attraktivität als Arbeitgeber aus Sicht der Zielgruppen aus? Wie können Sie diese Attraktivität mit Fakten und Geschichten belegen?
2. Definition des Spielfelds
Welches sind Ihre kritischen Talentzielgruppen? Liegt der Schwerpunkt des Recruitings hier in Deutschland oder in anderen Ländern? Auf welchen Medien halten Sie sich auf? Welche Earned Media gilt es dabei dauerhaft zu bespielen? In aller Regel müssen sich Arbeitgeber auf die wichtigsten Felder beschränken. Besser als überall „ein wenig“ präsent zu sein, ist es, Präsenz an den entscheidenden Stellen zu zeigen. Bei der Presseansprache sind realistische Ziele wichtig. Ein dezenter Hinweis: Meist ist die Titelgeschichte im Manager Magazin keine angemessene Flughöhe. Rubriken und Formate in Branchen- und Regionalmedien sind es schon eher. Wir wissen: Kandidaten bevorzugen regionale Tageszeitungen für Arbeitgeberthemen – online und im Print.
3. Kontakt zur Unternehmenskommunikation aufbauen
Lernen Sie Ihre PR-Kollegen im Unternehmen kennen. Hören Sie ihnen zunächst einmal zu und machen Sie sich mit ihrer Arbeitsweise vertraut. Überzeugen Sie sie dann mit dem Argument, dass HR-Inhalte ihre Arbeit bereichern und sie als Kommunikatoren erfolgreicher machen können, indem sie sich durch kontinuierliche Pressearbeit zu Arbeitsweltthemen etwa Zugänge zu neuen Publikationen, Rubriken und Journalisten erschließen und das Image des Unternehmens ganzheitlicher managen. Das bringt mehr, als lediglich ihre Unterstützung als interner Kunde einzufordern.
4. Employer-PR als gemeinsames Projekt von HR und PR
Beide Seiten sind bei diesem Projekt gefragt. HR liefert Themen, Ansprechpartner, Daten und Fakten sowie fachliche Kompetenzen – und hält mit einer gewissen Übung nach Trends und Themen Ausschau. PR bildet die Schnittstelle zur Presse, gestaltet Materialien nach einem inhaltlichen Briefing durch HR, führt Ansprachen durch, bildet langfristig ein Netzwerk in den Personalbereich sowie zu relevanten Journalisten. Am Anfang steht ein Kick-off Meeting mit gemeinsamer Zielsetzung, gemeinsamer Strategieformulierung, der Rollenklärung im aktiven und passiven Themenmanagement sowie einer Jahresthemenplanung. Gerade zu Anfang sollten sich die Verantwortlichen in beiden Abteilungen regelmäßig zu einem Jour fixe zusammenfinden.
5. Themenauswahl: mehrere Brillen aufsetzen
Setzen Sie sich bei der Themenauswahl für die Presseansprache gemeinsam immer verschiedene Brillen auf: Die gewohnte Brille des Employer Branding-Verantwortlichen sorgt dafür, dass Ihre Themen auf die Employer Branding-Strategie des Unternehmens einzahlen und relevant für die als kritisch definierten Talentzielgruppen sind. Mit Hilfe der Journalistenbrille nähern Sie sich der Antwort auf die Frage, ob die von Ihnen angedachte Geschichte tatsächlich attraktiv genug für die anvisierten Medien ist. Dabei hilft auch die alte „Man bites dog“-Faustregel, die Ihnen zeigt, ob Ihre Geschichte tatsächlich berichtenswert ist: „Wenn ein Hund einen Mann beißt, ist das keine Nachricht, wenn ein Mann einen Hund beißt, ist das eine Nachricht.“ „Wir haben eine Mentorenprogramm“ ist seit langem ein „Dog bites man“-Thema. „Reverse Mentoring“, bei dem die Jüngeren die Erfahrenen coachen, war bis vor einigen Jahren ein „Man bites dog“-Thema.
6. Presse-Materialien im journalistischen Stil
Claims und andere werbliche Stilmittel haben in Pressemitteilungen oder Themenskizzen für Arbeitgeberinhalte nichts zu suchen. Es geht darum, Geschichten und Fakten zu finden, die Attraktivität erzählen, nicht darum, sie werblich zu behaupten. Das ist vor allem eine Verzichtübung: keine leeren Phrasen, wenig Adjektiv-Bombast, Passiv und Substantivierungen. Mitarbeiter als Haupthelden der Geschichten treten auch grammatikalisch als aktive Subjekte auf.
7. Arbeitgeberbewertung als Potenzial entdecken
Arbeitgeberbewertungsplattformen bieten Ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Imagebildung. Sie können sich hier selbst mit einem „aussagekräftigen Porträt“ darstellen. Doch ist das noch nicht einmal die halbe Miete. Nutzen Sie diese Plattformen als zusätzliches Feedback und Optimierungstool für ihre Arbeitgeberqualitäten, als Möglichkeit, Mitarbeiter zu einer Bewertung zu animieren sowie um sichtbar mit kritischem Feedback umzugehen.
8. Feedback auf Kununu & Co. fördern
Bisherige Erfahrungen innerhalb und außerhalb der HR-Kommunikation zeigen: Arbeitgeber, die regelmäßig aktiv Feedback fördern, verbessern damit ihr Abschneiden auf Arbeitgeberbewertungsplattformen. Dazu müssen Unternehmen ihre neutral formulierten Bewertungsaufrufe in verschiedene HR-Prozesse einbinden und für eine Aktivierung der „schweigenden Mehrheit“ sorgen.
9. Sichtbar auf kritisches Feedback antworten
„Game of Thrones ist nichts dagegen“, „der absolute Tiefpunkt in jeder Arbeitsbiographie“, kritische Mitarbeiterkommentare, die auf Arbeitgeberbewertungsplattformen veröffentlicht werden, verlangen HR-Verantwortlichen Einiges ab. Dennoch lohnt sich die Mühe, darauf zu antworten, denn hier gilt: Bewerber lesen mit. Wer souverän, wertschätzend, faktenorientiert und ohne Standardphrasen entgegnet, gibt für alle ein gutes Bild ab, die sich für das Unternehmen als Arbeitgeber interessieren.
10. Ressourcen schaffen, Ressourcen nutzen
Die Kampagne ist teuer und verschwindet nach wenigen Wochen wieder in der Versenkung. Facebook war es nicht, Instagram ist es nicht, TikTok wird es aller Voraussicht nach auch nicht. Auf den kommunikativen Dauersport und die wirklich relevanten Earned Media kommt es stattdessen heute an! Nutzen Sie die für Earned Media produzierten Inhalte und den hier entwickelten journalistischen Stil auch für Ihre Eigenmedien. Ihre Bewerber werden es Ihnen danken.
Lesen Sie hier den ersten Teil der Reihe vonManfred Böcker und Sascha Theisen: Warum Personaler die PR für sich entdecken sollten.