Einige werden hier Nein sagen. Das ist nachvollziehbar, wirft aber die Frage auf, ob wir Personaler mutig genug sind, neuen Lösungen Räume zu bieten. Wir wissen recht genau, dass die Disziplin HR für Außenstehende ein vielschichtiges und weites, bisweilen unscharfes Aufgabenfeld ist. Selten ist der volle Überblick vorhanden, wie vielseitig wir uns in Unternehmen, Organisationen und Behörden mit der Themenwelt Personal beschäftigen können – und mit welchen Herausforderungen wir uns auseinandersetzen müssen. Auch unter HR-Experten gibt es zahlreiche und durchaus kontroverse Auffassungen darüber, was HR zu leisten hat und wie wir an das Problemlösen herangehen sollten. Die eigens entwickelten Lösungen sind vielen da meist lieber, aber es gibt Umstände und Situationen, in denen Mut haben unabdingbar ist.
Denn: Der Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Arbeitswelt verspricht viel Disruption für unsere Profession. Wir stehen aktuell an einer Schwelle, an der sich die Chancen, die sich durch die Implementierung von KI in unseren Arbeitsprozessen ergeben, noch gar nicht vollumfänglich erfassen und präzise vorstellen lassen. Zu rasant entwickelt sich die Technologie weiter.
Innovationskultur und externe Taktgeber
Für Personaler ist es also höchste Zeit, dass wir das Rollenverständnis von HR weiter schärfen – und uns trauen, Neues zu probieren. Denn bisher kam das (Selbst-)Verständnis, dass HR auch Verantwortung für die Innovationsfähigkeit der Organisation trägt, häufig zu kurz. Über zielgerichtetes Recruiting hat HR naheliegend eine Stellschraube, um die Innovationsfähigkeit zu gewährleisten. Aber welche Werkzeuge stehen hier noch bereit?
Beim Stärken der eigenen Organisation hilft eine Innovationskultur dabei, das Unternehmen auf mögliche Unwägbarkeiten vorzubereiten und die Resilienz weiter auszubauen. Muss eine Innovationskultur erst noch geschaffen werden, ist es beinah unvermeidbar, dass es über kurz oder lang im Unternehmen knirscht. Hier liegt es an uns, um Verständnis zu werben und Geduld zu bitten. Das wiederum benötigt Ausdauer, Kraft, die richtigen Argumente und unter Umständen auch Hilfe von außen.
Und wenn Unterstützung von außen geholt wird, ist es wichtig, dass HR gemeinsam mit der Businessorganisation vorab identifiziert, an welchen Stellen es aktuell die größten Herausforderungen und Probleme gibt. Klar ist eines: Dieser Prozess braucht Zeit und eine gewisse Portion Mut. Denn dazu gehört, sich der eigenen Schwächen bewusst zu werden und diese auch zu benennen. Ohne klares Briefing gibt es keine passgenaue Lösung. Dass sich diese Ehrlichkeit und dieser Mut auszahlen, zeigen zahlreiche Beispiele aus der Geschichte des HR Start-up Awards.
Hier helfen Start-up-Lösungen
Sei es eine online buchbare Kinderbetreuung und Alltagsbegleitung als Company Benefit mit einem großen Netzwerk qualifizierter Nannys in ganz Deutschland ermöglichen. Oder ein Tool für die Personaleinsatzplanung aller Branchen, ob im Dienstleistungssektor oder im produzierenden Gewerbe, das die Möglichkeit bietet, flexibel und spontan auf die Bedürfnisse von Belegschaft und Kunden einzugehen. Einige Anbieter unterstützen mit ihrer Plattform Unternehmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement und darin, ein gesünderes und nachhaltigeres Arbeitsumfeld schaffen. Auch gibt es die Möglichkeit, mithilfe einer spezialisierten Plattform Workations oder Auslandsaufenthalte rechtskonform zu organisieren.
Jede Kooperation ist anders
Wer jetzt mit Tatendrang den Start-up-Markt sondieren will, dem sei eins gesagt: Die Zusammenarbeit mit Start-ups kann und wird je nach Organisationsform und Unternehmensgröße immer anders ablaufen. Meine Erfahrung zeigt mir, dass es wichtig ist, Verständnis für die gegenseitigen Bedürfnisse zu schaffen und zu einer gemeinsamen Sprache zu finden. Das fällt nicht immer leicht. Große Unternehmen brauchen oft länger für Entscheidungen – was wiederum Start-ups gehörig unter Druck setzt, da diese auf Einnahmen angewiesen sind.
Bei allen möglichen Schwierigkeiten sollten wir das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren. Wichtig ist deshalb die Kommunikation zu den Start-up-Partnern auf Augenhöhe und die Nachfrage, wie die Bedürfnisse des Start-ups integriert werden können: Ihr habt eine Lösung für ein Problem, das ich sonst nicht oder nur mit noch mehr Anstrengung lösen kann. Was könnt ihr dazu beitragen und wie ist eurer Problemlösungsansatz? Denn die operativen Stärken der eigenen HR-Organisation kennt schließlich niemand besser als wir selbst. Das bedeutet: Einerseits haben Personaler sehr gute Kenntnisse darüber, wo die eigene HR-Organisation noch verstärkt werden muss. Andererseits können sie auch sehr gut einschätzen, wo Angebote von Start-ups weiterhelfen könnten. Das setzt voraus, dass die eigenen Schwächen bekannt sind und auch nach außen kommuniziert werden können.
Mut zahlt sich aus
Extern Unterstützung suchen, kostet Überwindungskraft, erfordert es doch Mut, die eigenen Schwächen zuzugeben. Zusätzlich braucht es auch Mut, mit Newcomern zusammenzuarbeiten, Geduld zu haben, Wissen zu teilen – über die eigene Organisation, die Bedürfnisse und Herausforderungen. Wir Personaler sollten uns bewusstwerden, dass Start-ups anders ticken und nicht all unsere Anforderungen abdecken und erfüllen können. Das bedeutet auch, dass wir willens sein müssen, Kompromisse einzugehen und dem Produkt eine Chance zu geben, selbst wenn es die Bedürfnisse des Unternehmens nicht von Anfang an allesamt erfüllt.
Die noch gar nicht absehbaren technischen Fortschritte werden die Start-up-Szene der Zukunft nachhaltig beeinflussen. Wer schon erfolgreich mit Start-ups zusammengearbeitet hat, hat bereits die ersten Lernkurven erfolgreich gemeistert – und ist definitiv bereit für weitere innovative Lösungen, die Start-ups oftmals schneller und effizienter als die eigene Organisation entwickeln und umsetzen können. Also, mehr Mut!
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