Die digitale Unternehmens­zugehörigkeit

Arbeitsrecht

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt es vor, dass ehemalige Arbeitnehmende in Karrierenetzwerken wie Xing oder Linkedin ihre Profildaten nicht aktualisieren – zum Beispiel aus reiner Nachlässigkeit oder bewusst, um mit der Vermittlung des Eindrucks eines weiterhin laufenden Arbeitsverhältnisses ihre Bewerbungschancen zu steigern. Den ehemaligen Arbeitgebern stellt sich dann häufig die Frage, ob eine rechtliche Handlungsmöglichkeit zur Verfügung steht, um die ausgeschiedenen Beschäftigten zur Aktualisierung des Profils anzuhalten. Der nachfolgende Beitrag soll diese praxisrelevante Frage beantworten und eine Handlungsempfehlung geben.

Heute hat die Eigenpräsentation in Karrierenetzwerken sowohl für Arbeitgeber als auch für Beschäftigte eine außerordentliche Bedeutung. Arbeitgeber können von Bewerbenden und potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten die selbstveröffentlichten Angaben zum beruflichen Werdegang sichten. Damit kann das Unternehmen auf einen digitalen Lebenslauf oder sogar auf eine digital veröffentlichte Bewerbungsmappe zurückgreifen und anhand dieser Informationen die Kompatibilität zur offenen Position prüfen. Beschäftigte nutzen die Karrierenetzwerke LinkedIn und Xing vor allem zur Eigenvermarktung und, um sich im besten Licht darzustellen. Karrierenetzwerke sind ein Sprungbrett für den nächsten Karriereschritt. Die Profile in diesen sozialen Netzwerken sind digitale Visitenkarten, die für das Vernetzen unerlässlich geworden sind. Und davon profitieren auch die Arbeitgeber.

Häufig ist jedoch zu beobachten, dass Arbeitnehmende ihr Mitarbeiterprofil nicht unmittelbar aktualisieren, zum Beispiel, wenn das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers durch Kündigung beendet oder nach Auslaufen einer Befristung nicht verlängert wird. Im Karrierenetzwerk suggerieren die ehemaligen Beschäftigten dann das Fortbestehen des Arbeitsvertrags. In der Regel ist das mit der Hoffnung verbunden, sich im anstehenden Bewerbungsprozess eine bessere Position zu verschaffen. Im Hinblick auf die Accounts im Karrierenetzwerk und auf die Angaben in den Profilen ist dabei Folgendes zu unterscheiden:

1. Account aus der rechtlichen Sphäre des Arbeitgebers

Es gibt Situationen, in denen ein Profil in einem Karrierenetzwerk der rechtlichen Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen ist. Das ist anzunehmen, wenn es sich um ein auf den Arbeitgeber lautendes Unternehmensprofil handelt. Außerdem ist das anzunehmen, wenn das Profil zwar auf den Namen des Beschäftigten lautet, aber dennoch vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wurde – vor allem, wenn die Kosten des Accounts vom Arbeitgeber getragen wurden oder die Zugehörigkeit zur Sphäre des Arbeitnehmers anderweitig vereinbart worden ist. Die Kundendaten aus dem Account und die Zugangsdaten zum Account stammen in diesem Fall aus der rechtlichen Sphäre des Arbeitgebers. Beschäftigte haben diese Daten bei Ende des Arbeitsvertrags an den Arbeitgeber herauszugeben. Das gilt unabhängig davon, ob dies gesondert vereinbart worden ist oder nicht. Ohne eine entsprechende Vereinbarung gelten die Grundsätze zur Herausgabe von zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln entsprechend § 667 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

2. Account aus der privaten Sphäre des Arbeitnehmers

Häufiger ist jedoch die Situation anzutreffen, dass das Profil eines Beschäftigten im Karrierenetzwerk der privaten Sphäre zuzuordnen ist. Wurde der Account im Karrierenetzwerk nicht auf eine betriebliche Veranlassung erstellt, scheidet ein Anspruch auf Herausgabe der Kunden- und Zugangsdaten aus. Es stellt sich dann nur die Frage, ob der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangen kann, dass das Ende der Arbeitsbeziehung auch im Profil im Karrierenetzwerk kenntlich gemacht wird.

Der Anspruch auf Berichtigung der Angaben im Karrierenetzwerk kann sich aus dem Rücksichtnahmegebot und der nachvertraglichen Treuepflicht gemäß § 241 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch ergeben. Das Rücksichtnahmegebot verpflichtet die Beschäftigten grundsätzlich dazu, alles zu unterlassen, was die Interessen und Rechtsgüter des Arbeitgebers beeinträchtigen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Rücksichtnahmegebot auch bei außerdienstlichem Verhalten zu beachten ist und selbst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gilt. Beim Rücksichtnahmegebot ist jedoch zu beachten, dass der Anspruch des Arbeitgebers nur besteht, wenn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Korrektur der digitalen Unternehmenszugehörigkeit überwiegt – im Vergleich zu den Interessen des Arbeitnehmenden.

Die Interessen, die auf der Beschäftigtenseite bestehen können, liegen auf der Hand: Durch das Hinauszögern der Aktualisierung kann der Eindruck des laufenden Arbeitsverhältnisses suggeriert werden, was in der Regel eine gestärkte Position im Bewerbungsgespräch und vor allem in den Gehaltsverhandlungen zur Folge hat. Es entsteht nicht der Eindruck, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer auf die neue Arbeitsstelle angewiesen ist.

Auf der Seite des Unternehmens besteht das Risiko, dass es durch die fortbestehende digitale Unternehmenszugehörigkeit weiterhin mit dem ehemaligen Mitarbeitenden und dessen Verhalten in Verbindung gebracht wird. Als vermeintlicher Repräsentant des Unternehmens können Arbeitnehmende durch negative und rechtswidrige Verhaltensweisen dem Ruf und Geschäft des Unternehmens schaden sowie durch Wettbewerbsverstöße sogar unmittelbaren wirtschaftlichen Schaden auslösen. Ist dem Arbeitgeber bekannt, dass ehemalige Beschäftigte nach ihrem Ausscheiden ihre digitale Unternehmenszugehörigkeit nicht richtig darstellen, kann das Nichteingreifen zudem den Rechtsschein für eine Vertretungsberechtigung erzeugen. Die Aspekte, die für die Arbeitgeberseite zu berücksichtigen sind, wiegen in der Regel schwerer, sodass die Interessen des Arbeitgebers nach Ende des Arbeitsverhältnisses häufig überwiegen.

Vertragliche Regelung oder Implementierung einer Social-Media-Richtlinie

Der Berichtigungsanspruch, der aus dem Rücksichtnahmegebot gemäß § 241 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch abgeleitet werden kann, hilft dem Arbeitgeber somit in der Regel weiter. Aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung sind aber auch Fallgestaltungen denkbar, in denen die Interessen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers dem Berichtigungsinteresse des Arbeitgebers überwiegen können.

Damit für die rechtliche Situation nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Klarheit besteht, ist es für Arbeitgeber ratsam, den Umgang mit der digitalen Unternehmenszugehörigkeit in privaten Karrierenetzwerkprofilen vertraglich auszugestalten. Die vertragliche Abrede sollte eine Verpflichtung des Arbeitnehmenden enthalten, die Angaben in Karrierenetzwerken stets aktuell und wahrheitsgemäß zu halten. Dabei sollte ferner eine Klarstellung erfolgen, dass die Verpflichtung auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses bestehen bleibt, und das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis unverzüglich in Karrierenetzwerken angegeben wird. Die vertragliche Abrede kann als Teil des Arbeitsvertrags vereinbart werden.

Darüber hinaus bietet sich die Implementierung einer Social-Media-Richtlinie an. Sie regelt die Nutzung von sozialen Netzwerken im Unternehmen umfassend und hält zudem Handlungsempfehlungen (sogenannte „Netiquette“) für die Mitarbeitenden bereit. Besteht ein Betriebsrat, ist dabei auch zu berücksichtigen, dass bei der Implementierung der Social-Media-Richtlinie ein Mitbestimmungsrecht besteht.

Fazit

Die Nutzung von Karrierenetzwerken ist heute Standard und bietet der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite Vorteile und Chancen. Um Streitigkeiten bei der Darstellung der digitalen Unternehmenszugehörigkeit nach dem Ausscheiden zu vermeiden, ist es sinnvoll, die Berichtigungspflicht ausdrücklich vertraglich zu regeln. Soll angedacht werden, dieses Thema im größeren Kontext klarzustellen, kann sogar die Implementierung einer Social-Media-Richtlinie angezeigt sein.

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Pascal Verma ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei nbs Partners 

Pascal Verma

Pascal Verma ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei nbs Partners in Hamburg. Seine Tätigkeits- und Beratungsschwerpunkte liegen im Arbeitsrecht und im Datenschutzrecht.

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