Aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird auf der Zielgeraden dieser Legislaturperiode eine weitere, die Flexibilität von Arbeitsverträgen limitierende Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht, nämlich eine Einschränkung beim Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen; diese ist bereits im Koalitionsvertrag vereinbart worden und war Voraussetzung für die SPD, erneut in eine Große Koalition mit den Unionsparteien einzutreten.
Nach dem vorliegenden Referentenentwurf (Stand: 14. April 2021) soll die Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung beschnitten werden:
- Die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist künftig für die Dauer von 18 Monaten statt bislang zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist eine einmalige statt einer dreimaligen Verlängerung möglich.
- Die sachgrundlose Befristung bleibt zur Begrenzung von Befristungsketten weiterhin auf Neueinstellungen beschränkt.
- Die bislang im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG ) vorgesehene Öffnungsklausel, durch Tarifverträge von der zulässigen Befristungsdauer und der Anzahl der möglichen Verlängerungen abzuweichen, wird begrenzt auf maximal 54 Monate bei einer höchstens dreimaligen Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses.
- Arbeitgeber, die in der Regel mehr als 75 Mitarbeitende beschäftigen, dürfen maximal 2,5 Prozent ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sachgrundlos befristen (unternehmensbezogene Betrachtung). Die Quote soll sich nach dem Gesetzesentwurf auf die Anzahl der Mitarbeitenden am ersten Kalendertag des vorangegangenen Quartals vor der vereinbarten Arbeitsaufnahme bestimmen. Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer sollen nach der Gesetzesbegründung bei der Bestimmung der Quote mitzählen, wenn ihr Einsatz auf einem in der Regel vorhandenen Personalbedarf beruht.
- Es wird zudem ein gesetzliche Zitiergebot für Befristungen ohne sachlichen Grund eingeführt. Es ist in der schriftlichen Befristungsabrede anzugeben, welche Rechtsgrundlage für die (sachgrundlose) Befristung angeführt wird. Wird dagegen verstoßen, kommt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande. Darüber hinaus ist ausgeschlossen, dass sich der Arbeitgeber nicht (auch nicht hilfsweise) auf eine Sachgrundbefristung berufen kann, wenn deren Voraussetzungen vorliegen, dieser sich im Arbeitsvertrag aber auf eine sachgrundlose Befristung festgelegt hat.
- In einer Übergangsregelung wird bestimmt, dass sachgrundlos vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossene Arbeitsverträge nach dem Inkrafttreten nur einmalig bis zu einer Gesamtdauer von maximal 18 Monaten verlängert werden können.
Daneben sollen Kettenbefristungen, die weniger in der Privatwirtschaft, sondern im öffentlichen Dienst in der Praxis weit verbreitet sind, im TzBfG weiter begrenzt werden:
- Die Befristung eines Arbeitsvertrages mit Vorliegen eines sachlichen Grundes ist nicht zulässig, wenn die Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber eine Höchstdauer von fünf Jahren überschreitet. Dies gilt nicht für die Sachgründe nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 (Eigenart der Arbeitsleistung) und Nr. 7 (gerichtlicher Vergleich). Auf die Höchstdauer sind auch Zeiten anzurechnen, in denen die Arbeitnehmerin demselben Arbeitgeber als Zeitarbeitnehmerin überlassen war. Zeiten befristeter Arbeitsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber und Zeiten vorheriger Überlassungen der Arbeitnehmerin als Zeitarbeitnehmerin an denselben Arbeitgeber werden auf die Höchstdauer angerechnet, wenn zwischen den befristeten Arbeitsverhältnissen beziehungsweise Überlassungen jeweils nicht mehr als drei Jahre liegen. Nach Ablauf von drei Jahren ist die Befristung eines Arbeitsvertrages mit Vorliegen eines sachlichen Grundes wieder zulässig.
- Ausnahmen von der Höchstdauer gelten für Vereinbarungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter anderem mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze.
Es bleibt abzuwarten, ob es sich bei dem Gesetzesentwurf nur um ein politisches beziehungsweise wahlkampftaktisches Manöver handelt. In der Union regt sich Widerstand, so dass abzuwarten bleibt, wie es mit dem Gesetzesvorhaben weitergehen wird. Dieser ist insbesondere mit Blick auf die erheblichen Belastungen der Wirtschaft durch die Coronakrise mehr als nachvollziehbar.
Sollten Befristungen bei einem Arbeitgeber – wie nach dem Gesetzesentwurf des BMAS vorgesehen – weiter beschränkt werden, dürfte es „Ausweichtendenzen“ geben, nämlich dass Unternehmen versuchen, sich die von einem befristeten Arbeitsverhältnis ausgehende Flexibilität anderweitig zu verschaffen, nämlich insbesondere durch den Einsatz von Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern. Personaldienstleister können variabel die gewünschten personellen Kapazitäten – auch befristet – liefern, sind aber ihrerseits dann an die gesetzlichen Restriktionen bei der Ausgestaltung der Arbeitsverträge mit den letztlich an die Kunden zu überlassenden Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer gebunden.