Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat in seinem jüngsten Urteil eine fristlose Verdachtskündigung bereits an der nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates gem. § 102 BetrVG scheitern lassen.
Der Sachverhalt
Die Klägerin war seit Jahren in einer Badeanstalt der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte mahnte sie in den Jahren 2009 bis 2011 dreimal ab. Im Februar 2011 wurde die Klägerin bei einem möglichen Diebstahl ertappt. Die Beklagte beabsichtigte deshalb, die fristlose Verdachtskündigung auszusprechen. Im Rahmen der vorherigen Anhörung des Betriebsrates gem. § 102 BetrVG gab die Beklagte dem Betriebsrat ein umfassendes Bild über die Indizien, die den Diebstahlsverdacht belegen sollten. Allerdings ließ sie jegliche Abmahnungen unerwähnt und gab auch keinerlei Informationen über eine erforderliche Interessenabwägung preis. Die Klägerin hatte mit ihrer Kündigungsschutzklage in beiden Instanzen Erfolg.
Die Entscheidung
Das LAG hat entschieden, dass die fristlose Verdachtskündigung wegen der nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates gem. § 102 BetrVG unwirksam ist. Dabei hat das LAG die Maßstäbe an die Betriebsratsanhörung hoch gesetzt. Es hat moniert, dass die Beklagte es anlässlich der Betriebsratsanhörung versäumt habe, den Betriebsrat über alle be- und entlastenden Umstände hinreichend zu informieren. Die Beklagte habe nicht solche Umstände dargelegt, aufgrund derer ihr die Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar erschien. Auch habe es die Beklagte unterlassen, den Betriebsrat über die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen Verlauf zu informieren.
Gerade bei einem langjährigen störungsfrei verlaufenden Arbeitsverhältnis, wie in diesem Fall, wäre aus Sicht des LAG zu prüfen gewesen, ob das hierdurch aufgebaute Vertrauen durch eine einmalige Verfehlung unwiederbringlich zerstört werden konnte. Das LAG stellte auch auf den Inhalt der Anhörung ab, die keine Angaben über Abmahnungen enthielt. Daher konnte sich die Beklagte nicht im Prozess darauf berufen, dass der Betriebsrat Kenntnis von den Abmahnungen hatte.
Hinweise für die Praxis
Die hohen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates bei einer Kündigungsmaßnahme werden immer wieder unterschätzt. Dieses Urteil des LAG Schleswig-Holstein zeigt deutlich, dass der Arbeitgeber die Anhörung des Betriebsrates genauso ausführlich wie die Darlegung der Kündigungsgründe in einer gerichtlichen Auseinandersetzung vorzunehmen hat. Auch sollten direkt Beweisangebote unterbreitet werden.