Elke Eller hat als Präsidentin des BPM ihre zweite Amtszeit angetreten. Mit uns hat sie über die Erneuerung des Verbandes und die Evolution der HR-Profession gesprochen.
Frau Dr. Eller, Ihre erste Amtszeit als Präsidentin des Bundesverbandes der Personalmanager liegt jetzt hinter Ihnen. Mit welchen Eindrücken blicken Sie auf diese zwei Jahre zurück?
Es waren sehr spannende Jahre, die mir viel Spaß und Freude gemacht haben. Auf der anderen Seite ist es aber auch eine sehr anstrengende Sache, nach einer vollgepackten Arbeitswoche am Samstag noch eine ehrenamtliche Tätigkeit auszuüben. Aber der Spaß, den wir im Präsidium haben, hat das kompensiert. Mit der Zeit sind wir immer mehr zu einem Team zusammengewachsen und konnten Aufgaben sowie Zuständigkeiten gut verteilen. Jetzt werden wir uns inhaltlich auf neue Themenbereiche fokussieren.
Das klingt nach einer ausgesprochen positiven Entwicklung. An welchen Stellen sehen Sie noch mehr Potenzial innerhalb der Verbandsarbeit?
Es braucht natürlich alles noch etwas Zeit und wir sind noch längst nicht dort, wo wir sein wollen. Die Richtung, die wir eingeschlagen haben, muss jetzt konkret ausgestaltet werden. Da ist zum einen die verbandspolitische Erneuerung. Als der BPM vor acht Jahren gegründet wurde, war er der Newcomer, der das Netzwerken innerhalb der HR-Szene aufgegleist hat. Mittlerweile ist das ein Wesensmerkmal des Verbandes: sich überall und jederzeit mit der HR-Community zu vernetzen. Hier müssen wir in Bewegung bleiben. Damit verbunden ist, und darum geht es auch auf dem Kongress, die ständige Entwicklung neuer Dialogformate, wie zum Beispiel die BPM-App für die Mitglieder. Wir übertragen den Kongress via Livestream, um weitere HRler und andere Fachbereiche zu erreichen. Wir wollen auch, dass Formate bei Youtube zu sehen sind, so dass wir im Netz als BPM erkennbar sind.
Gibt es einen dritten Punkt?
Ja. Als Drittes, und eigentlich müsste ich sagen, zuerst, geht es uns um eine inhaltliche Neupositionierung. Wir wollen eine sehr viel aktivere Rolle in der Diskussion um die neue digitale Arbeitswelt einnehmen. Wir haben den Anspruch Treiber und nicht Getriebene zu sein. Wir müssen uns selbst und damit unsere Profession weiterentwickeln, damit wir auch die Mitarbeiter weiterentwickeln können.
Welche konkreten Projekte konnten Sie in ihrer letzten Amtszeit umsetzen?
Wir haben einerseits einen intensiven Diskurs um das Thema Personalmanagement 4.0 geführt. Wir hatten hier ganz bewusst zu Beginn eine offene Arbeitsgruppe mit 300 Leuten ins Leben gerufen. Deren Ergebnisse haben wir dann immer mehr kondensiert und uns an dem Prozess vom Grünbuch- zum Weißbuch beteiligt. Unsere Stellungnahme ist dort aufgenommen worden.
Unser zweiter Schwerpunkt war und ist die Gendergerechtigkeit. Hier haben wir als Verband zusammen mit dem Familienministerium mehrere Veranstaltungen umgesetzt. Zum Beispiel gab es ein BPM-Forum zur Gleichstellung von Mann und Frau und zur Arbeitszeitfrage. Wir haben eigene Studien aufgesetzt, sowohl zur vollzeitnahen Teilzeit, als auch zu der Frage, wie Personaler heute mit dem Thema 4.0 umgehen. Studien, in deren Rahmen wir unsere Mitglieder befragt und die wir ihnen dann zur Verfügung gestellt haben.
Und Drittens haben wir den Dialog innerhalb des Verbandes deutlich ausgebaut und die Kommunikation auf der Bundesebene, also im Präsidium und Vorstand, als auch zu den Mitgliedern verbessert. So hat es zum Thema Personalmanagement 4.0 auch viele Veranstaltungen in den Regionen gegeben.
In Sachen Digitalisierung ist es wichtig, nicht nur die technische Seite im Blick zu haben, sondern das Thema auch in die Köpfe reinzubringen. Konnten Sie hier schon einen Fortschritt feststellen?
Wissen Sie, ich bin Optimistin. Und ich finde: Ja, es hat sich was getan. Das merkt man deutlich auf dem Kongress. Da ist nicht mehr diese Haltung, dass man nicht weiß, was da kommt. Dass man sich fragt, ob das jetzt alles unbedingt sein muss. Die Menschen hier sind offen für Neues und gehen das Thema an. Sie greifen die Impulse auf und fragen auch genauer nach. Sie wollen verstehen, was agile Prinzipien sind und sich die agilen Tools aneignen. Ja, man spürt diese Veränderung im Mindset. Ich habe es so empfunden, als ob die Diskussion um die Digitalisierung nun endgültig den Kinderschuhen entwachsen ist und ernsthaft sowie praxisnah geführt wird.
Sie sind gestern während der Mitgliederversammlung im Amt bestätig worden. Und auch das Präsidium kann in annähernd vormaliger Besetzung aber auch mit neuen Gesichtern die Arbeit fortführen. Wie bewerten Sie dieses Votum der Mitglieder?
Wir sind mit nahezu hundert Prozent wiedergewählt worden. Das war sensationell. Diese überwältigende Zustimmung fand ich toll. Mit so etwas rechnet man vorher ja nicht. Und dabei haben wir ganz bewusst auch einen Generationenwechsel im Präsidium herbeigeführt. Es sind vier Mitglieder ausgeschieden. Für die Nachbesetzung haben wir ganz klare Kriterien ausgewählt, was uns wichtig ist und welche Kompetenzen wir im Präsidium haben wollen. Wir haben zum Beispiel mit Friderike Schröder jetzt eine Frau dabei, die Personalerin in der Startup-Szene ist. Hier wollen wir ganz bewusst unsere Kontakte verstärken. Wir haben einerseits viele Kompetenzen, die die Personaler in den Startup-Unternehmen mitunter noch nicht haben, aber umgekehrt wollen wir auch von ihnen lernen. Wir haben mit Felicitas von Kyaw eine Frau dabei, die ihren Schwerpunkt auf Change hat. Über Change haben wir ja immer schon geredet, aber jetzt brauchen wir ihn ganz konkret. Und wir haben mit Dr. Bernd Blessin einen Kollegen dabei, der aus dem Verband kommt und der die Regionalgruppen sehr gut kennt. So können wir die Spitze und die Regionalgruppen näher zusammenzubringen und die Arbeit in den Regionalgruppen ausbauen. Zudem sorgen neue Mitglieder, wie auch unser Präsidiums-Neuzugang Dr.Thymian Bussemer, natürlich für frischen Wind. Die Stimmung war gestern Abend so gut, dass man gemerkt hat: Da ist ein echtes Team, das Spaß hat, zusammenzuarbeiten.
Welche Aufgaben wird sich dieses Team nun als nächstes vornehmen?
Ganz so, wie man es in einem Unternehmen auch macht, werden wir uns nach dem Kongress zusammensetzen und eine Strategiesitzung erstellen. Das wird nicht disruptiv werden. Wir haben ja mit unserer Arbeit in den letzten beiden Jahren gerade erst Fahrt aufgenommen. Wir werden kontinuierlich weiter am Berufsbild des HRlers von morgen arbeiten. Hier sind wir Partner eines konkreten Forschungsprojektes. Wir wollen das Berufsbild konzeptionell entwickeln und das so praktisch gestalten, dass es den Mitgliedern auch tatsächlich hilft.
Sie haben es bereits angesprochen. Basierend auf dem Forschungsprojekt Rethinking HR, an dem der BPM beteiligt ist, können Sie so etwas wie ein Profil ausmachen, welche Kompetenzen jetzt und in Zukunft für HRler immanent werden.
Eigentlich ist es aus meiner Sicht noch zu früh, schon über Kompetenzen zu sprechen. Erst einmal müssen wir uns einen Moment Zeit nehmen, den Mindset zu reflektieren. Wir tun jetzt gut daran, uns auf unsere eigenen Kompetenzen zu besinnen, nämlich dem Umgang mit den Menschen. Auf der anderen Seite sollten wir uns agile Prinzipien zu Eigen machen – also Transparenz, Mut, Offenheit, Commitment und dezentrale Verantwortlichkeit. Ich möchte verhindern, dass wir zu schnell weiter machen wie bisher und nur in ein anderes Fach greifen, um andere Tools aus dem Schrank zu holen. Erst einmal geht es darum, sich um die Mitarbeiter und deren Bedürfnisse, Talente und Fähigkeiten zu kümmern, sie weiterzuentwickeln und zu pflegen. Das wiederum hat massive Auswirkungen auf die Organisation, also welchen Rahmen wir uns für die Zusammenarbeit und Kommunikation geben. Der Kompetenzbedarf ergibt sich erst im zweiten Schritt.
Drängt die Zeit?
Ja.
Passend dazu hat der Kongress das Thema Evolution. Stehen wir vor so einem Evolutionssprung, der uns zwingt, uns zu verändern?
Hierauf gibt es ganz klar eine zweiteilige Antwort. Ja, und hier wiederhole ich mich, die Zeit drängt sehr. Technologischer Wandel vollzieht sich oft in Sprüngen. Und was wir gerade erleben, ist eine technologische Revolution. Aber menschliches Verhalten nimmt immer eine Entwicklung. Deshalb haben wir das Kongressthema „Evolution“ genannt. Wir können nicht einfach den Schalter umlegen, und es funktioniert. Und deswegen bin ich überzeugt davon, dass wir gerade eine Entwicklung durchleben. Es ist eine Rückbesinnung auf das, was HR eigentlich macht, was seine Kernaufgabe ist – nämlich die richtigen Teams zusammenzustellen und die richtigen Menschen mit den richtigen Fähigkeiten auf die richtigen Positionen zu bringen.
Sie sind auf dem Kongress immer stark eingebunden. Werden Sie trotzdem Gelegenheit haben, sich den einen oder anderen Vortrag anzuschauen? Was sind die Highlights, die Sie gerne noch mitnehmen würden?
Ich bin immer die beiden kompletten Tage hier, weil ich es spannend finde. Ich würde am liebsten noch viel mehr sehen, als ich es derzeit zeitlich schaffe. Ich fand die Auftakt-Keynote von Gunter Dueck sehr inspirierend. Da kommt jemand, der hält uns den Spiegel vor, der stellt uns infrage – das regt zum Nachdenken an. Heute Nachmittag freue ich mich auf die Keynote von Alisée de Tonnac aus Frankreich. Hier haben wir auch im Vorfeld viel darüber diskutiert, weil es mir ein Anliegen war und ist, dass wir auch Frauen als Speaker auf dem Kongress haben. Wir haben viele Personalerinnen, die an der Basis arbeiten, aber diejenigen, die oben auf der Bühne stehen, sind dann doch wieder die Männer. Diesbezüglich ist unser Programm in diesem Jahr sehr ausgewogen. Heute Morgen fand ich auch die Katarina Berg von Spotify sehr spannend. Sie sagt: „Digitale Transformation, was ist das? Wir sind digital. Digital sein, ist unsere DNA“. Diesen Gedanken fand ich besonders spannend. Wir sind inzwischen doch so fest in der Frage, was digitale Transformation ist. Wir brauchen da einfach wieder ein bisschen Leichtigkeit und Mut und Selbstvertrauen in das, was unsere DNA ausmacht.
Vielen Dank Frau Dr. Eller.
Gerne.