Nachgefragt bei … Michael Titze

Humorforscher

Zuletzt herzhaft gelacht habe ich …
in einer Lachyogagruppe, als wir das Löwenlachen praktizierten, bei dem mit heraushängender Zunge und gespreizten Fingern brüllend gelacht wird. Das Lachen, das im Lachyoga durch einfache Atem-, Dehn- und Pantomimeübungen geübt wird, hilft, eine sympathische Körpersprache zu trainieren. Wenn wir grimmig dreinschauen, halten wir die Menschen in unserem Umfeld unweigerlich auf Distanz. Sozial attraktiv ist nur die unbeschwerte Mimik.

Zur Forschung über therapeu­tischen Humor bin ich gekommen, als ich …
in meiner Tätigkeit als Psychotherapeut bemerkte, dass viele Personen, die Wirklichkeit zu ernst nehmen. Misserfolge, soziale Zurücksetzungen sowie Fehler auf der Arbeit werden als so gravierend empfunden, dass es zu Niedergeschlagenheit, Scham oder Angst führt. In dieser unheilvollen Verstrickung schafft ein Lachen Distanz. Indem Menschen lernen, ihre dunklen Gedanken auf die Schippe zu nehmen, ironisieren sie negatives Denken.

Das Lachen als ernst zu nehmenden Forschungsgegenstand zu etablieren, erforderte …
die Initiative von nonkonformistischen Menschen, die sich um ihre Reputation im Wissenschaftsbetrieb wenig scherten. Einer davon war William Finley Fry, der 1964 die physiologische Lachforschung, die Gelotologie, aus der Taufe hob. Von der Universität Stanford, an der er als Psychiater lehrte, erhielt er keinerlei Unterstützung. Er wurde als exzentrischer Spinner belächelt. Fry ließ sich nicht beirren und hatte sowohl als Gelotologe und als Humortherapeut weltweiten Erfolg.

Menschen, die viel lachen, haben Erfolg im Beruf, weil …
Lachen die psychosomatischen Lebensgeister weckt. Wenn wir unbeschwert lachen, schalten wir eine habituelle Selbstkritik aus, die ein soziales Zusammensein erschwert. Lachen verbindet Menschen zwanglos miteinander.

Lachen ist …
zunächst eine effiziente Körperertüchtigung, indem es die Atmung und den Blutkreislauf auf Touren bringt. Dadurch werden die Lungen durchlüftet und das Gehirn wird mit Sauerstoff versorgt. Gleichzeitig gerät das Zwerchfell in Schwingung, sodass Leber, Galle, Milz und der Magen-Darm-Trakt kräftig durchgeknetet werden. Lachen baut Stresshormone und Aggressionen ab und stärkt das Immunsystem.

In brenzligen Situationen ist ­Lachen wichtig, weil …
es eine Reaktion der emotionalen Entlastung ist. Dieses befreite Lachen setzt gerade dann ein, wenn wir merken, dass wir aus einer problematischen Lebenssituation in eine völlig unerwartete Richtung hineingekommen sind.

Eine Person, die mich zuverlässig zum Lachen bringt, ist …
der Komiker René Schweizer, der leider nicht mehr unter uns weilt. Er brillierte durch seine skurrilen Anfragen an Behörden.

Mein Lieblingswitz lautet:
Fragt eine Urologin: „Brennt es beim Wasserlassen?“ Antwortet die Patientin: „Nö, angezündet habe ich es noch nicht.“

Michael Titze ist promovierter ­Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Humor-Coach (HCDA). Er befasst sich seit vierzig Jahren mit den Auswirkungen des Lachens auf Körper und Geist und publizierte zu diesem Thema eine Reihe von Fachbüchern, zuletzt Wer zuletzt lacht … Die Kunst humorvoller Selbstbehauptung.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Humor. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Jeanne Wellnitz (c) Mirella Frangella Photography

Jeanne Wellnitz

Redakteurin
Quadriga
Jeanne Wellnitz ist Senior-Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion Wortwert. Zuvor war sie von Februar 2015 an für den Human Resources Manager tätig, zuletzt als interimistische leitende Redakteurin. Die gebürtige Berlinerin arbeitet zusätzlich als freie Rezensentin für das Büchermagazin und die Psychologie Heute und ist Autorin des Kompendiums „Gendersensible Sprache. Strategien zum fairen Formulieren“ (2020) und der Journalistenwerkstatt „Gendersensible Sprache. Faires Formulieren im Journalismus“ (2022). Sie hat Literatur- und Sprachwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und beim Magazin KOM volontiert.

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