Arbeitgeber verletzt Auskunftspflicht

Datenschutzgrundverordnung

Mit seinem Urteil vom 5. Mai 2022 (2 AZR 363/21) hat das Bundesarbeitsgericht den Anspruch einer Klägerin auf immateriellen Schadensersatz nach Artikel 82 Absatz 1 Datenschutzgrundverordnung bejaht, weil ihr Arbeitgeber wie folgt seiner Auskunftspflicht nicht nachgekommen ist.

Der Fall

Die Klägerin war bei der Beklagten als Hauswirtschafterin mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 45 Stunden pro Monat zu einem Bruttostundenentgelt von 10 Euro beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am 29. Februar 2020.

Einen Monat vorher machte die Klägerin gegenüber der Beklagten außergerichtlich mit Anwaltsschreiben einen Auskunftsanspruch nach Artikel 15 der Datenschutzgrundverordnung geltend – und zwar im Hinblick auf sämtliche bei der Beklagten gespeicherten Daten, insbesondere der Arbeitszeiterfassung. Die Klägerin setzte hierfür eine Frist bis zum 13. Februar 2020. Hierauf reagierte die Beklagte zunächst nicht.

Die Klägerin begehrte sodann im Wege einer Stufenklage

  • Auskunft über ihre geleistete Arbeitszeit im Zeitraum vom 1. März 2019 bis zum 30. Januar 2020,
  • eine eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit der Auskunft
  • und eine sich aus der Auskunft ergebende Nachzahlung von Vergütung.

Im August des Jahres übersandte die Beklagte der Klägerin die Stundenzettel und -nachweise für den fraglichen Zeitraum. Weitere Auskünfte erteilte die Beklagte aber nicht.

Daraufhin verlangte die Klägerin die Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten immateriellen Schadensersatz nach Artikel 82 Absatz 1 Datenschutzgrundverordnung, da die Beklagte dem Auskunftsbegehren nach Artikel 15 Datenschutzgrundverordnung nicht, beziehungsweise nicht vollständig, nachgekommen sei. Die Höhe des Schadensersatzes sollte mindestens 6.000 Euro betragen.

Angemessener Schadensersatz

Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.000 Euro zuerkannt. Mit der Revision verfolgte die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung eines höheren Schadensersatzes weiter.

Das Bundesarbeitsgericht lässt in seiner Entscheidung ausdrücklich dahingestellt, ob allein eine nicht vollständige Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach Artikel 15 Datenschutzgrundverordnung einen immateriellen Schaden gemäß Artikel 82 Datenschutzgrundverordnung begründen kann.

Über diese Frage musste das Bundesarbeitsgericht nicht entscheiden, da die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz keine Rechtsmittel eingelegt hatte.

Im Hinblick auf die Höhe des Schadenersatzanspruchs bestätigt das Bundesarbeitsgericht die Ermessensentscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm.

Artikel 82 Datenschutzgrundverordnung verlangt keinen qualifizierten Verstoß für einen Schadenersatzanspruch, also nicht das Überschreiten einer gewissen Erheblichkeitsschwelle.
§ 287 Zivilprozessordnung ist für den Schadensersatzanspruch nach Artikel 82 Datenschutzgrundverordnung anzuwenden. Im Rahmen eines weiten Ermessenspielraums hat das Gericht die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Zusammenfassend hat das Bundesarbeitsgericht die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts Hamm als ermessensfehlerfrei gewürdigt:

  • Eine Orientierung am Kriterienkatalog in Artikel 83 Absatz 2 Satz 2 Datenschutzgrundverordnung ist nicht ermessensfehlerhaft.
  • Die Auskunft nach Artikel 15 Datenschutzgrundverordnung wurde zwar bis zuletzt nicht erteilt. Die persönliche Betroffenheit der Klägerin war jedoch überschaubar, weil es ihr ersichtlich nicht um die übrigen personenbezogenen Daten ging, sondern maßgeblich um die Arbeitszeitaufzeichnungen.
  • Der Betrag von 1.000 Euro hat eine abschreckende Wirkung und erfüllt damit eine Präventionsfunktion, da der Betrag fühlbar ist und nicht nur symbolischen Charakter hat.
  • Artikel 82 verlangt keinen Bezug zur Höhe des geschuldeten Arbeitsentgelts.

Fazit

Obwohl das Bundesarbeitsgericht keine Entscheidung zu der Frage getroffen hat, ob eine nicht vollständige Erfüllung des Auskunftsanspruchs gemäß Datenschutzgrundverordnung einen immateriellen Schaden begründen kann, sollten Arbeitgeber im Falle von Auskunftsansprüchen entsprechend den gesetzlichen Regelungen in Artikel 12 der Datenschutzgrundverordnung rechtzeitig und umfassend Auskunft an die betroffene Person geben, um unnötige Kosten zu vermeiden.

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Judith Sommer, Heussen

Judith Sommer

Rechtsanwältin
HEUSSEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Judith Sommer ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei HEUSSEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

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