Praktikum: Mindestlohnanspruch durch Unterbrechung?

Arbeitsrecht

Auch wenn ein Praktikum durch eine Unterbrechung länger als drei Monate dauert, entsteht nicht zwangsläufig ein Anspruch auf Mindestlohn.

Grundsatz

Solange die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten wird, haben Praktikanten, die das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten, keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.Das gilt auch dann, wenn das Praktikum aufgrund einer Unterbrechung länger als drei Monate gedauert hat (BAG, Urteil vom 30. Januar 2019 -5 AZR 556/17).

Problemfall: Unterbrochenes Praktikum

Geklagt hatte eine Praktikantin, die bei der Beklagten, die eine Reitanlage betreibt, unentgeltlich ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung als Pferdewirtin absolvierte. Das Praktikum bei der Beklagten begann Anfang Oktober 2015 und endete Ende Januar 2016. Während des Praktikums war die Klägerin wegen Urlaubs, Krankheit und einer Unterbrechung auf eigenen Wunsch auf der Reitanlage nicht anwesend.

Praktikantin fordert Mindestlohn

Die Praktikantin forderte die Zahlung des Mindestlohns. Sie trug vor, dass die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten überschritten worden sei. Ihre Tätigkeit sei daher mit dem Mindestlohn in Höhe von (damals) EUR 8,50 (brutto) pro Stunde zu vergüten.

BAG spricht sich gegen den Mindestlohn aus

Laut dem BAG, sind Praktikumsunterbrechungen innerhalb der drei Monate möglich, wenn Praktikanten hierfür persönliche Gründe haben und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhängen. Im vorliegenden Fall sei das Praktikum wegen Zeiten der Krankheit sowie auf eigenen Wunsch der Klägerin für nur wenige Tage unterbrochen und im Anschluss an die Unterbrechungen jeweils unverändert fortgesetzt worden. Die Höchstdauer von drei Monaten sei somit nicht überschritten worden. Ein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn bestehe daher nicht.

Fristenkontrolle bei Praktikanten

Der Arbeitgeber sollte das Praktikumsziel immer vertraglich festlegen, um einen Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn zu verhindern. Unternehmen sollten sich für Praktikumszeiten klare Fristen –und ggf. entsprechende Vorfristen –notieren, damit sie das Praktikumsende klar „im Blick behalten“.

Dokumentation

Es empfiehlt sich zudem, jede Praktikumsunterbrechung schriftlich festzuhalten, um ggf. später nachweisen zu können, dass die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wurde. Andernfalls können erhebliche Nachzahlungen drohen.

Unsere Newsletter

Abonnieren Sie die HR-Presseschau, die Personalszene oder den HRM Arbeitsmarkt und erfahren Sie als Erstes alles über die neusten HR-Themen und den HR-Arbeitsmarkt.
Newsletter abonnnieren
Alexander Schlicht, Foto: Privat

Alexander Schlicht

Osborne Clarke
Alexander Schlicht ist Rechtsanwalt bei Osborne Clarke.

Weitere Artikel