Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter künftig erfassen. Wir haben die Reaktionen auf das gestern gefällte EuGH-Urteil zusammengefasst.
Berlins Arbeits- und Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) begrüßte die Entscheidung. „Das ist ein bedeutsames Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Arbeitnehmerrechten: Die gesamte geleistete tägliche Arbeitszeit soll künftig systematisch und verbindlich erfasst werden. Das ist gut. Damit werden Überstunden und Ruhezeiten ersichtlicher. Wichtig ist dies vor allem, um den Arbeitsschutz einzuhalten und gute Arbeit zu fördern“, sagte Breitenbach der Berliner Morgenpost.
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Auch die TAZ sieht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs positiv. „Bislang müssen in Deutschland nur Überstunden erfasst werden. Das ist weltfremd. Denn wer listet denn Mehrarbeit auf, wenn die reguläre Arbeit gar nicht erfasst wird? Vielen Menschen ist gar nicht gewusst, wie viel sie ohne Bezahlung arbeiten – weil sie das eben nicht festhalten.“, sagt Wirtschaftsredakteurin Anja Krüger in einem Kommentar zum Thema.
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Wie soll man Arbeitszeit und Freizeit sinnvoll auseinanderdividieren, fragt dagegen die ZEIT. „Solange Angestellte nur daran gemessen werden, welchen Mehrwert sie einem Unternehmen bringen, solange nützt auch das erzwungene Minutenprotokoll nur theoretisch. Solange ist es zusätzlicher Druck für jene, die Angst haben, aussortiert zu werden – wenn nach acht Stunden nicht das erwartete, oft unausgesprochene, Ergebnis unterm Strich steht.“
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Auch die Reaktionen im Netz fallen gemischt aus. Während manche das Urteil mit Blick auf die enormen Überstunden begrüßen, fürchten andere das Ende von neuen Arbeitsmodellen und Vereinbarkeitslösungen. T3N gibt einen Überblick über die wichtigsten Antworten.
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Wie der SPIEGEL berichtet, reagieren Sprecher der deutschen Arbeitgeber empört auf das Urteil. Die Entscheidung wirke wie aus der Zeit gefallen. Und: „Auf die Anforderungen der Arbeitswelt 4.0 kann man nicht mit einer Arbeitszeiterfassung 1.0 reagieren.“, so die Einschätzung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) am Dienstag.
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Auf HUMANRESOURCESMANAGER sieht die Arbeitsrechtsanwältin Isabel Meyer-Michaelis vorerst keinen akuten Handlungsbedarf für Unternehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese zunächst abwarten können, bis der Deutsche Bundestag ein entsprechendes Umsetzungsgesetz verabschiedet hat. Dennoch, das Urteil bedeutet das Aus für die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit, so Meyer-Michaelis.
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„Viele Arbeitnehmer werden sich kontrolliert fühlen“, sagte Arbeitsrechtsexperte Peter Wedde dem DEUTSCHLANDFUNK. Eine minutiöse Überwachung der Arbeitnehmer sei allerdings durchaus problematisch. Denn der Arbeitgeber dringt dadurch auch in die Privatsphäre des Arbeitnehmers vor. Die Messung von Arbeitszeiten müsse daher im Einklang mit den allgemeinen Persönlichkeitsrechten stehen. Das Urteil gibt laut Wedde den Auftakt zu einer spannenden Debatte rund um den Datenschutz.
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