Was kostet unbezahlter Urlaub?

Arbeitsrecht

Gerade unter den aktuellen Umständen der fortdauernden Corona-Pandemie hat das Thema „unbezahlter Urlaub“ Konjunktur – und gewinnt das bisher stiefmütterlich behandelte Begleit-Thema der Höhe des hiermit verbundenen Entgeltabzugs immer größere Bedeutung.

Die korrekte Höhe des Entgeltabzugs ermittele ich nachfolgend anhand dieser Beispiel-Parameter:

  • Vertragsarbeitszeit 40 Stunden pro Woche bei Fünf-Tage-Woche Montag-Freitag à acht Stunden Arbeitszeit
  • 30 Tage Erholungsurlaub pro Jahr
  • Stundenentgelt € 15
  • Monatsentgelt (bei durchschnittlich 4,348 Wochen pro Monat) damit € 2.608,80
  • Jahresentgelt bei angenommen 13 Monatsentgelten damit € 33.914,40

Und was kostet diese:n Mitarbeiter:in nun ein Tag unbezahlter Urlaub?

Auf den ersten Blick liegt es nahe, dass ein Tag unbezahlter Urlaub zu einem Entgeltabzug von [8h x € 15 =] € 120 führt.

Eine weitere, in der betrieblichen Praxis oft vorfindbare Lösung ist, das Monatsentgelt in diesem Fall um bei zum Beispiel 31 Kalendertagen um 1/31 zu kürzen, was in unserem Beispiel zu einem Entgeltabzug in Höhe von [€ 2.608,80 x 1/31 =] € 84,15 führt.

Wie ich nachfolgend zeige, sind beide Berechnungen falsch und beträgt der korrekt ermittelte Entgeltabzug für einen Tag unbezahlten Urlaub in unserem Beispiel € 169,57. Selbstverständlich steht es dem Arbeitgeber frei, einen geringeren Entgeltabzug vorzunehmen. Dies führt jedoch dazu, dass Vollzeitbeschäftigte, die unbezahlten Urlaub nehmen, gegenüber Teilzeitbeschäftigten mit einem jahresbezogen im Ergebnis gleich hohen (effektiven) Beschäftigungsgrad bevorzugt werden, weswegen dringend zu einem Entgeltabzug richtiger Höhe zu raten ist.

Doch nun zu den Berechnungen im Einzelnen, die hinsichtlich der Feiertage am Beispiel des Bundeslandes Berlin erfolgen:

  • Unter Berücksichtigung des Schaltjahrs alle vier Jahre fallen pro Kalenderjahr durchschnittlich [365,25 : 7 x 5 =] 260,89 Tage Montag-Freitag an, von denen in Berlin durchschnittlich 8,29 auf Feiertage fallen[1]; verbleiben durchschnittlich 252,6 bzw. bei den oben angenommenen 30 Tagen Erholungsurlaub durchschnittlich 222,6 planmäßige Arbeitstage pro Jahr.
  • Nimmt ein:e Mitarbeiter:in nun zum Beispiel zehn Tage unbezahlten Urlaub pro Jahr, arbeitet er:sie nur noch an durchschnittlich [212,6 : 222,6 x 100 =] 95,5% aller Arbeitstage, so dass sich sein:ihr Jahresentgelt um 4,5% bzw. 0,45% pro unbezahltem Urlaubstag vermindern müsste – vorliegend also um [€ 33.914,40 x 0,45% =] € 152,61.
  • Bei dieser Berechnung ist jedoch nicht berücksichtigt, dass bei unbezahltem Urlaub auch der Urlaubsanspruch entsprechend zu kürzen ist und die betreffenden Mitarbeiter:innen darüber hinaus dadurch einen weiteren Freizeit-Vorteil haben, dass sie ihre unbezahlten Urlaubstage nicht auf Wochenfeiertage legen können:
  • Nach der BAG-Formel aus 2019, in der von 260 Tagen Montag-Freitag pro Jahr ausgegangen wird, ist der Urlaubsanspruch von 30 Tagen bei den in unserem Beispiel 10 zusätzlichen unbezahlten Urlaubstagen pro Jahr auf [(260 – 10) : 260 x 30 =] 28,84 Tage zu reduzieren. Bleibt es dennoch – wie ich hier annehme – bei den 30 Tagen Urlaub pro Jahr, entspricht dies einem Freistellungs-Vorteil in Höhe von [30 – 28,84 =] 1,16 Tagen pro Jahr.
  • Dieselbe Formel zu Grunde gelegt, würden bei zufälliger Verteilung der zusätzlichen unbezahlten Urlaubstage auf alle Tage Montag-Freitag eines Jahres durchschnittlich [8,29 : 260 x 100 =] 3,19% von ihnen auf einen Wochenfeiertag fallen, so dass die betreffenden Mitarbeiter:innen bei weiterhin angenommen zehn Tagen unbezahltem Urlaub pro Jahr einen weiteren Freistellungs-Vorteil von durchschnittlich [10 x 3,19% =] 0,32 Tag pro Jahr haben.
  • Zum Ausgleich dieser Freistellungs-Vorteile müssen die Mitarbeiter:innen bei zehn Tagen unbezahltem Urlaub pro Jahr folglich statt planmäßig durchschnittlich 222,6 Tage pro Jahr durchschnittlich [222,6 + 1,16 + 0,32 =] 224,08 Tage pro Jahr arbeiten, was bei ihren tatsächlichen durchschnittlich 212,6 Arbeitstagen pro Jahr einem effektiven Beschäftigungsgrad von durchschnittlich [(212,6 : 224,08 x 100 =] 94,88% entspricht.
  • Diesen Wert schlage ich nun zu Gunsten der Mitarbeiterinnen geringfügig auf 95% aufzurunden vor.
  • Damit kostet jeder Tag unbezahlter Urlaub 0,5% des Jahresgrundentgelts, in unserem Beispiel also [€ 33.914,40 x 0,5% =] € 169,57.

Diese Formel kann bei Fünf-Tage-Woche und circa 30 Tagen Jahresurlaub immer und in ganz Deutschland angewendet werden. Wird durchschnittlich weniger als fünf Tage pro Woche gearbeitet, muss das Jahresentgelt zunächst auf die Fünf-Tage-Woche hochgerechnet werden. Ein Tag unbezahlter Urlaub führt dann wieder zu einem Entgeltabzug in Höhe von 0,5% des hochgerechneten Jahresentgelts.

Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet in Vier-Tage-Woche à acht Stunden zu ansonsten gleichen Konditionen wie oben angenommen, sodass sein Jahresentgelt [€ 33.914,40 x 80% =] € 27.131,52 beträgt. Ein Tag unbezahlter Urlaub kostet ihn [€ 27.131,52 : 4 x 5 x 0,5% =] € 169,57. Dass dieser Wert genau dem in unserem obigen Beispiel entspricht, ist auf die bis auf die Vier-Tage-Woche gleichen Konditionen zurückzuführen.


[1] Hier gibt es 4 unbewegliche und 6 bewegliche Feiertage pro Jahr. Die beweglichen Feiertage gehen in die obige Berechnung à 5/7 an, was der Wahrscheinlichkeit entspricht, dass sie auf MO-FR fallen.

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Dr. Andreas Hoff ist Inhaber der Dr. Hoff Arbeitszeitsysteme.. Er hat seit 1983 über 2.000 Arbeitszeit-Projekte aller Art persönlich begleitet – von Schichtsystemen über normale flexible Arbeitszeitsysteme und Vertrauensarbeitszeit bis hin zu Langzeitkonten.

Andreas Hoff

Andreas Hoff ist Berater für betriebliche Arbeitszeitsysteme. Der promovierte Volkswirt ­begleitet seit 40 Jahren Arbeitszeitprojekte aller Art persönlich – von Schichtsystemen über ­normale flexible Arbeitszeit­systeme und Vertrauensarbeitszeit bis hin zu Langzeitkonten.

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