Wie die Trennung von Arbeitszeit und Freizeit gelingt

Arbeitsrecht

Die Arbeitswelt wird für viele Arbeitnehmende auch nach der Pandemie hybrid sein, womit für sie die räumliche Trennung zwischen Arbeits- und Privatbereich zumindest teilweise aufgehoben wird. Vor diesem Hintergrund sollte jedoch aus meiner Sicht die zeitliche Trennung zwischen diesen Sphären forciert werden: weil ohne eine solche Grenzziehung

  • die Gefahr besteht, dass die stets (und beim immer stärker spürbaren Arbeitskräftemangel erst recht) endlose und natürlich am besten immer sofort zu erledigende Arbeit das gesamte Leben bestimmt – siehe die vielen Untersuchungen zu Homeoffice-Arbeit, die als Negativum „Entgrenzung“ herausgearbeitet haben;
  • sowohl Arbeitsproduktivität als auch Lebenszufriedenheit leiden. In seinem letzten Buch „Mogelpackung Work-Life-Blending“ (Weinheim 2018) zitiert Christian Scholz dazu die Arbeitswelt-Bloggerin Jessica Stillmann, die nach Sichtung interner Umfrage-Daten der Firma Google empfiehlt: „Wenn man die Zufriedenheit im Leben maximieren möchte, (sollte man) alle Gurus ignorieren, die einem erzählen, die Work-Life-Balance aufzugeben und stattdessen die Wände zwischen Privatleben und Arbeitsleben einzureißen“ (Seite 128ff.).

Zur Unterstützung der zeitlichen Trennung bei mobiler Arbeit empfehle ich die Nutzung der folgenden fünf Werkzeuge:

Separater Arbeitsplatz im Homeoffice

Das hilft, einen Restbestand an räumlicher Trennung aufrechtzuerhalten, der zugleich die zeitliche Trennung erleichtert, aber auch schon aus Datenschutz-Gründen unverzichtbar ist. Gibt es kein separates Arbeitszimmer, tut es notfalls auch ein abschließbares Arbeitsmöbel.

Kein Einsatz privater Geräte (insbesondere Handys) für betriebliche Zwecke

Praktisch bedeutet dies zunächst, dass allen Mitarbeitenden, die mobil arbeiten dürfen, von ihrem Arbeitgeber ein Diensthandy sowie die weiteren zur Aufgabenerledigung erforderlichen mobilen Geräte (zum Beispiel Laptop) zur ausschließlich dienstlichen Nutzung (!) zur Verfügung gestellt werden – was jedoch aktuell bei höchstens einem Drittel dieser Beschäftigten geschieht. Für den Arbeitgeber ist dies nicht nur kostengünstig, sondern auch aus Gründen von Datenschutz und IT-Sicherheit unverzichtbar. Außerdem können Smartphones außer für die direkte Kommunikation auch sehr gut zum Beispiel für Arbeitszeiterfassung (siehe hierzu weiter unten), Abrechnungen, betriebliche Chats, Krankmeldungen und so weiter genutzt werden.

Wichtig sind Diensthandys aber vor allem als Voraussetzung für das folgende, besonders wichtige Werkzeug.

Erreichbarkeit grundsätzlich höchstens innerhalb der Arbeitszeit

Die zentrale betriebliche Regel hierzu ist, dass Diensthandys und sonstige betriebliche Arbeitsgeräte außerhalb der Arbeitszeit abzustellen sind – außer die beschäftigte Person hat ausnahmsweise Rufbereitschaft (die in aller Regel zu vergüten ist) oder ist in einer so verantwortlichen Position, dass von ihr Erreichbarkeit auch außerhalb der Arbeitszeit erwartet werden kann. Nur eine so starke Regel stellt sicher, dass die bei Beschäftigten sehr verbreitete Vorstellung, ihr Arbeitgeber erwarte Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit, konterkariert wird.

Aber auch innerhalb ihrer Arbeitszeit sollten Beschäftigte nicht immer erreichbar sein müssen. Das gibt ihnen die Möglichkeit zu konzentriertem Arbeiten auch zu „normalen“ Zeiten und vermindert zugleich den Druck, hierzu im Rahmen mobilen Arbeitens in kommunikationsschwache Zeiten wie den frühen Morgen, den Abend und das Wochenende auszuweichen. Dies kann durch Absprachen im Einzelfall erreicht werden, besonders elegant aber durch Einführung dauerhafter teambezogener Servicezeiten, innerhalb derer den Kunden die Erbringung der zeitkritischen Leistungen garantiert wird, ohne dass dazu eine bestimmte Person verfügbar sein müsste.

Minutengenaue Selbsterfassung von Beginn, Ende und Dauer der Tagesarbeitszeit

Dies geht in den meisten Bereichen über die derzeit geltenden gesetzlichen Vorschriften hinaus und erfüllt bereits die aufgrund EuGH-Rechtsprechung zu erwartenden künftigen Anforderungen. Ich empfehle es auch und gerade bei Vertrauensarbeitszeit, die dadurch ja nicht verhindert wird, weil diese Erfassungen nicht notwendig die Führung eines Arbeitszeitkontos nach sich ziehen. Vielmehr dienen sie zunächst und vor allem dazu, die Einhaltung der gesetzlichen Mindeststandards sicherzustellen, die nur in Not- und Ausnahmefällen nicht gelten: der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden, der Mindestruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen von elf Stunden und des Arbeitsverbots an Sonn- und Feiertagen.

In diesem Zusammenhang muss dann natürlich vorab geklärt werden, was unter „Arbeitszeit“ zu verstehen ist – insbesondere in Bezug auf Arbeitsunterbrechungen (Plaudern in der Kaffeeküche, Rauchen, Nutzen des privaten Smartphones und so weiter) und auf Reisezeiten ohne Arbeitsleistung.

13-Stunden-Arbeitszeitrahmen

Abschließend noch zu einem besonders nützlichen Werkzeug: zur Festlegung eines 13-stündigen Arbeitszeitrahmens (zum Beispiel von sieben bis 20 Uhr) an den Werktagen Montag bis Freitag, der nur in Absprache mit der Führungskraft überschritten werden darf. Dies schränkt die individuellen Spielräume bei der Gestaltung der Arbeitszeit zwar deutlich ein, ist jedoch ein unübertroffenes Hilfsmittel zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Dadurch ist es nämlich nicht mehr so leicht, mehr als zehn Stunden am Tag und 48 Stunden pro Woche – das im Durchschnitt einzuhaltende gesetzliche Maximum – zu arbeiten, wird die Ruhezeit von mindestens elf Stunden automatisch eingehalten und eine hohe Hürde für die Arbeit an Sonn- und Feiertagsarbeit geschaffen. Zudem gewährleistet das Modell ausreichend viel Regenerationszeit (zum Beispiel für den so wichtigen Schlaf) und Soziales: Immerhin wird dadurch ja mehr als 60 Prozent der Kalenderzeit der Nutzung durch Arbeit grundsätzlich entzogen. Und last but not least ist dadurch zu Zeiten zu arbeiten, in denen auch die Kolleginnen und Kunden tätig sind, was Kooperation und Kundenorientierung fördern sollte.

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Dr. Andreas Hoff ist Inhaber der Dr. Hoff Arbeitszeitsysteme.. Er hat seit 1983 über 2.000 Arbeitszeit-Projekte aller Art persönlich begleitet – von Schichtsystemen über normale flexible Arbeitszeitsysteme und Vertrauensarbeitszeit bis hin zu Langzeitkonten.

Andreas Hoff

Andreas Hoff ist Berater für betriebliche Arbeitszeitsysteme. Der promovierte Volkswirt ­begleitet seit 40 Jahren Arbeitszeitprojekte aller Art persönlich – von Schichtsystemen über ­normale flexible Arbeitszeit­systeme und Vertrauensarbeitszeit bis hin zu Langzeitkonten.

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