KI in der Talentansprache

Start up, HR!

Unser Abenteuer begann mit einer ambitionierten Idee – einer KI, die auf Basis von Sprache die Motive von Personen auslesen konnte. Diese Technologie entwickelten wir weiter, um Stellenanzeigen zu verbessern und Bias auszugleichen. Heute, einige Jahre später, haben wir zusätzlich einen vollständig automatisierten Headhunting-Anspracheprozess integriert, der die HR-Branche transformiert.

Kommunikationslücke schließen

Unser Start-up wurde aus einer Motivation heraus gegründet, die über das Geschäfte machen hinausgeht. Wir erkannten eine deutliche Lücke in der Kommunikation zwischen Unternehmen und potenziellen Mitarbeitern, gekennzeichnet durch ineffektive Stellenanzeigen und verzerrte Recruiting-Praktiken. Diese Probleme manifestierten sich in einem Markt, der bis 2030 auf 942,3 Milliarden US-Dollar anwachsen soll. Das enorme Wachstum dieses Marktes unterstreicht die dringende Notwendigkeit für effizientere und fairere Recruiting-Praktiken durch KI.

Mit unserer ursprünglichen KI wollten wir diese Kommunikationslücken schließen, indem wir eine nuancierte Kommunikation ermöglichten. Dieses Engagement wurde im Jahr 2021 mit dem HR Start-up Award gekrönt, einem Meilenstein, der unsere Arbeit in der HR-Tech-Community bestätigte. Durch die Sichtbarkeit konnten wir neue Kunden und Kundinnen und einen neuen Investor für unser Start-up gewinnen.

Unsere Technologie zielt darauf ab, die oft vorherrschenden Vorurteile in der Talentakquise zu eliminieren und gleichzeitig die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und potenziellen Mitarbeitern zu verbessern.

Eine inklusive und zielgerechte Ansprache

Unsere technologische Entwicklung konzentrierte sich nicht nur auf vorhandene Large-Language-Modelle, wie GPT. Wir entwickelten einen spezialisierten Layer, der diese Modelle analysiert und optimiert. Dieser Layer wählt die Textvarianten aus, die am besten zu bestimmten Personen oder Gruppen passen, um die Kommunikation zu maximieren. Unsere KI-Technologie transformiert die Erstellung und Anpassung von Stellenanzeigen. Zum Beispiel analysiert unsere KI den bestehenden Text einer Anzeige, indem sie das durch Social-Media-Analysen generierte Profil der Zielgruppe mit der aktuellen Wirkung des Textes vergleicht. So erkennt der Ersteller der Anzeige, ob diese einen maskulinen und zu informellen Ton oder eine übermäßige Betonung auf Leistung und Status hat. Die KI bietet daraufhin spezifische Vorschläge zur Anpassung der Sprache an, um eine ausgewogenere und ansprechendere Ansprache zu gewährleisten, oder sie übernimmt das Umschreiben der Anzeige vollständig. Diese präzisen Anpassungen helfen dabei, eine inklusivere und zielgerichtetere Ansprache zu erreichen, was die Attraktivität der Anzeigen erhöht und zu höheren Bewerbungsraten führt. Wie effektiv die Stellenanzeigenoptimierung funktioniert, zeigt sich am Unternehmensbeispiel Europe Assistance. Dort wurde die Klickrate von 4,15 Prozent auf 6,63  Prozent gesteigert, ein beeindruckender Conversion Uplift von 59,75 Prozent.

In der Active-Sourcing-Automatisierung haben wir ähnliche Erfolge erzielt. Unsere Psychological AI wurde eingesetzt, um automatisiert potenzielle Kandidaten in der Versicherungsbranche zu kontaktieren. Dabei wurden 1.156 Personen angesprochen, von denen 392 reagierten. Das bedeutet, dass 44 Prozent der Kontaktierten Interesse an einem Gespräch hatten oder offen für einen Stellenwechsel waren.

Dabei nutzt unsere KI die in Stellenanzeigen angegebenen Informationen, um auf Plattformen wie Linkedin spezifische Suchen durchzuführen. Sie identifiziert potenzielle Kandidaten basierend auf einer Kombination relevanter Skills und zeigt die Effekte verschiedener Skill-Kombinationen auf die Suchergebnisse auf. Anschließend kann eine gezielte Kontaktliste erstellt werden, die Personen umfasst, die aktiv angesprochen werden sollen.

Der nächste Schritt involviert das Aufsetzen einer Multichannel-Kampagne, bei der Kandidaten und Kandidatinnen über mehrere Kanäle wie Linkedin und E-Mail kontaktiert werden können. Dabei erstellt unsere KI für jede Person ein individuelles Anschreiben und berücksichtigt dabei die spezifischen Motive des Empfängers. Durch diese technologischen Fortschritte erreichen Unternehmen eine höhere Response-Rate und eine gesteigerte Conversion-Rate, was die Talentakquisition erheblich optimiert und modernisiert.

Viel Aufklärungsarbeit nötig

Zu Beginn unserer Reise stießen wir oft auf Ablehnung seitens der HR-Abteilungen. KI war ein unerforschtes Feld, das Misstrauen und Skepsis weckte. Wir mussten viel Aufklärungsarbeit leisten und geduldig die Vorteile unserer Technologie vermitteln. Mit der Zeit und verbesserten Modellen hat sich das Blatt gewendet – heute ist der Einsatz von KI in HR-Abteilungen weit verbreitet und oft gefordert, auch wenn das Verständnis für ihre beste Anwendung manchmal noch fehlt.

Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Ära der Talentakquisition, in der KI eine zentrale Rolle spielt. Während wir glauben, dass der menschliche Faktor im Recruiting unersetzlich bleibt, insbesondere im Bereich des Talent-Closings, sehen wir großes Potenzial in der Nutzung von multimodalen Ansätzen. Die Kombination von personalisierten Texten, Videos und Bildern, um die Aufmerksamkeit von Kandidaten zu gewinnen, wird die Landschaft weiterhin prägen.

Die Frage, ob KI-Start-ups die Talent Attraction bald vollständig ersetzen können, bleibt spannend. Unsere Erfahrungen zeigen, dass, obwohl viele Prozesse automatisiert werden können, das persönliche Element in bestimmten Phasen des Recruiting-Prozesses unverzichtbar ist. Unsere Vision für die Zukunft ist klar: Wir möchten weiterhin die Branche mit innovativen Lösungen bereichern, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Qualität und Fairness im Recruiting verbessern. Der Weg zur heutigen Technologie war ein steiniger und anstrengender Weg, doch letzten Endes zahlt sich die Hartnäckigkeit in Erfolg aus. Gerade jetzt, wo wir einen neuen Iphone-Moment haben, gibt es unzählige neue Möglichkeiten für Start-ups Probleme auf eine neue Art zu lösen. Ich bin gespannt, was die Zukunft für uns bereithält.

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Simon Tschürtz

Simon Tschürtz ist Maschinenbauingenieur und Data Scientist. Er begann seine Karriere 2011 bei Audi im Bereich Prozess-Mining. Nach dem Erwerb eines weiteren Masterabschlusses in Data Science im Jahr 2016 gründete er „100 Worte“ (Psychological AI), ein Unternehmen, das KI nutzt, um effektive Kommunikation im Marketing und Recruiting durch psychologisches Targeting zu gestalten. Sein Ansatz verbindet Psychologie und Technologie, um optimale Ergebnisse in Marketing und HR zu erzielen.

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